Liliane Susewind - So springt man nicht mit Pferden um
zusammen auf dem Trainingsplatz üben.«
Lilli warf einen Blick auf den Platz, auf dem Egobert noch vor kurzem Storm gequält hatte. Doch dann vertrieb sie den Gedanken. Das war vorbei. »Ich … würde furchtbar gern«, sagte sie zaghaft und schaute fragend ihre Mutter an.
Frau Susewind schnaufte nur.
»Wir würden natürlich auf Lilli aufpassen«, versicherte Annabell. »Und sie übt immer nur so viel, wie sie möchte.«
»Dann würde ich sagen, dass dem Ganzen nichts im Wege steht«, erklärte Lillis Oma. Lillis Mutter warf ihr einen bösen Blick zu, entgegnete aber nichts.
Lilli jubelte. »Merlin!«, rief sie. »Wir dürfen zusammen auf dem Platz springen!«
»Was?« Merlins Ohren zuckten zurück. »Das ist ja …« Der Schimmel konnte kaum glauben, was er da hörte. »Wir springen da drüben über die richtigen Hindernisse? Wir beide? Da drüben? Jetzt? Oder gleich? Besser jetzt gleich!«
Lilli strahlte. »Merlin möchte am liebsten sofort anfangen«, übersetzte sie für Annabell und Slavika.
»Okay! Warum nicht«, erwiderten die beiden.
Lilli gluckste begeistert und sprintete los, um Zaumzeug und Sattel zu holen. Jesahja half ihr dabei.
Wenig später waren Merlin und Lilli startklar. Leichtfüßig trug der Schimmel Lilli zum Trainingsplatz, der unterhalb der Koppel lag, auf der Storm graste. Die Jansens und Lillis Familie folgten ihnen. Annabell ging neben Merlin her und erklärte Lilli, worauf sie beim Springreiten achten musste. Lilli hörte aufmerksam zu, bis sie den Trainingsplatz erreichten.
Kaum betrat Merlin den Parcours, ging ein Beben durch seinen Körper, und der Schimmel spannte sämtliche Muskeln an. »Da bin ich wieder«, schnaubte er beinahe andächtig und begann zu traben. Lilli ließ Merlin freie Hand, denn der Schimmel wusste sehr viel besser als sie, wie man sich auf einem Springparcours verhält. Sie konzentrierte sich einzig und allein darauf, mit seinen Bewegungen zu verschmelzen.
Das erste Hindernis kam näher. Merlin schnaubte: »Jetzt geht’s los!«, und gleich darauf flogen Lilli und er schon über die Stangen. Sobald sie wieder aufsetzten, wieherte er: »Juhu-u-u! Das war gut, was? Gar nicht übel. Das stimmt!«
Da erklang Beifall. Lilli blickte sich um. Annabell, Slavika, Tom, Wolke, Jesahja und Lillis Familie standen am Rande des Platzes und applaudierten. Slavika schüttelte gerade den Kopf und sagte zu Lillis Vater: »Unglaublich! Sind Sie sicher, dass Ihre Tochter das noch nie gemacht hat? Sie reitet wie ein Profi!«
Herr Susewind grinste stolz von einem Ohr zum anderen.
Lilli ritt weiter. Merlin wusste sehr genau, was er zu tun hatte. Konzentriert nahm er ein Hindernis nach dem anderen, und jedes Mal, wenn er über eines hinweggesprungen war, wieherte er übermütig und freute sich wie verrückt. Seine Begeisterung war ansteckend, und auch Lilli verfiel nach jedem Sprung in Jubelschreie und Freudenausrufe – was zur Folge hatte, dass der Parcours schon nach kurzer Zeit mit Hunderten von Blümchen übersät war.
Als Lilli zwischen zwei Sprüngen einen kurzen Blick zu Jesahja hinüberwarf, machte er ihr ein Zeichen und bedeutete ihr, zur Koppel zu schauen. Lilli folgte seiner Aufforderung und sah, was Jesahja meinte: Storm stand stocksteif auf der Weide und starrte zu ihr und Merlin herüber. Lillis Finger krampften sich erschrocken um die Zügel. Der Hengst sah aus wie vom Donner gerührt! War es für ihn schlimm, jemanden auf dem Platz zu sehen? Erinnerte ihn das an die Qualen, die er hier hatte erleiden müssen?
»Merlin!«, rief Lilli und stoppte den Schimmel. »Lass uns für heute aufhören.«
»Was?«, beschwerte sich Merlin. »Aber es ist doch gerade so spaßherrlich!«
Lilli erklärte ihm, dass es für heute genug sei, und Merlin fügte sich rasch. »Aber morgen springen wir wieder, ja?«, fragte er und tänzelte aufgeregt auf der Stelle.
»Ja, das machen wir«, versprach Lilli.
Sobald Lilli abstieg, lobte Annabell: »Das war phantastisch!« Auch Slavika schien sehr beeindruckt von Lillis Talent und begann gerade, sie ebenfalls zu loben, da unterbrach Lilli sie. »Ich muss kurz mit Storm sprechen.« Und schon lief Lilli zu Storms Weide.
Der Hengst stellte wachsam die Ohren auf, als sie sich ihm näherte. »Storm …«, sagte Lilli mit weicher Stimme.
Der Hengst warf den Kopf zurück und blickte irritiert zu Merlin hinüber. »Er springt gern.« Storm klang, als könne er nicht fassen, was er soeben gehört und gesehen hatte.
»Ja, Merlin liebt
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