Lilien im Sommerwind
sich zu bringen, bevor sie schließlich nach Progress fuhr. Die Liste der Künstler und Handwerker, die sie besuchen wollte, lag sauber getippt in ihrer neuen Aktentasche. Hinter jedem Namen stand eine Wegbeschreibung, und das bedeutete unzählige Nebenstraßen. Zeitraubend, aber notwendig.
Sie hatte bereits mit einigen Künstlern aus dem Süden die Vereinbarung getroffen, ihre Werke in dem Laden, den sie in der Market Street eröffnen wollte, auszustellen und zu verkaufen, aber sie brauchte noch mehr. Klein anzufangen bedeutete nicht unbedingt, schlecht anzufangen.
Die Anfangskosten, die Ausrüstung und eine annehmbare Wohnung würden beinahe all ihre Ersparnisse verschlingen. Tory wollte, dass es sich lohnte, und sie wollte noch mehr.
Wenn alles so lief, wie sie es geplant hatte, würde sie in einer Woche mit der Einrichtung des Ladens anfangen. Ende Mai würde sie eröffnen. Und dann musste man weitersehen.
Mit dem Übrigen würde sie fertig werden, wenn es auf sie zukam. Und wenn die Zeit gekommen war, würde sie die lange, schattige Straße nach Beaux Reves fahren und den Lavelles entgegentreten.
Sie würde Hope entgegentreten.
Am Ende der Woche war Tory erschöpft, um einige hundert Dollar ärmer wegen eines kaputten Kühlers und wollte ihre Reise am liebsten beenden. Der Einbau des neuen Kühlers bedeutete, dass sie erst am folgenden Morgen in Florence ankommen würde und sich auf eine Nacht in einem drittklassigen Motel abseits der Route 9 einrichten musste.
Das Zimmer stank nach abgestandenem Rauch, und sein Komfort erschöpfte sich in einem Stück Seife und Videofilmen, die den sexuellen Appetit der Stundenkundschaft anregen sollten, die das Etablissement vor dem Ruin bewahrte.
Auf dem Teppich waren Flecken, über deren Ursprung Tory sich lieber keine Gedanken machen wollte.
Sie hatte für die eine Nacht bar bezahlt, weil ihr die Vorstellung nicht gefiel, dem schmuddeligen Angestellten, der wie der Gin roch, den er clever in einer Kaffeetasse versteckte, ihre Kreditkarte in die Hand zu drücken.
Das Zimmer war genauso wenig verlockend wie die Aussicht, sich eine weitere Stunde hinter das Lenkrad zu klemmen, aber sie hatte keine Wahl. Tory trug den einzigen, wackeligen Stuhl zur Tür und klemmte ihn unter die Klinke. Er bot wahrscheinlich genauso wenig Sicherheit wie die dünne, rostige Kette, aber beides zusammen vermittelte ihr zumindest die Illusion, dass niemand hereinkommen konnte.
Sie wusste, dass es ein Fehler war, zuzulassen, dass sie sich derart verausgabte. Ihre Widerstandskraft ließ dann für gewöhnlich nach. Aber alles hatte sich gegen sie verschworen. Der Töpfer in Greenville hatte sich als aufbrausend und schwierig herausgestellt. Wenn er nicht so brillant gewesen wäre, hätte Tory sein Atelier schon nach zwanzig Minuten wieder verlassen, statt zwei Stunden lang auf ihn einzureden, ihn zu loben und zu besänftigen.
Die Autoreparatur hatte weitere vier Stunden gedauert. Der Wagen war abgeschleppt worden, und Tory hatte auf dem Schrottplatz um einen gebrauchten Kühler gefeilscht und den Mechaniker überredet, ihn sofort einzubauen.
Nun musste sie zugeben, dass sie aus eigener Dummheit in diesem Motel gelandet war. Sie hätte einfach ein Zimmer in Greenville nehmen oder an einem der achtbaren Rasthäuser an der Autobahn halten können.
Nur eine Nacht, rief sie sich ins Gedächtnis, während sie misstrauisch die schmierige grüne Überdecke auf dem Bett beäugte. Es gab hier bestimmt Ungeziefer.
Tory beschloss, darüber hinwegzusehen.
Nur ein paar Stunden Schlaf, und dann war sie auf dem Weg nach Florence, wo ihre Großmutter das Gästezimmer sicher schon vorbereitet hatte - saubere Bettwäsche, ein heißes Bad ...
Ohne die Schuhe auszuziehen, legte sie sich auf den Überwurf und schloss die Augen.
Körper, die sich bewegten, schweißbedeckt.
Baby, ja, Baby. Zeig's mir! Fester!
Eine weinende Frau, die der Schmerz durchströmte wie glühende Lava.
O Gott, Gott, was soll ich nur tun? Wo kann ich hingehen? Überallhin, nur nicht zurück. Bitte, lass ihn mich nicht finden.
Gedankenfetzen und tastende Hände, Erregung und Schuldgefühle.
Und wenn ich jetzt schwanger werde? Meine Mutter bringt mich um. Ob es wohl wehtut? Liebt er mich wirklich?
Bilder, Gedanken und Stimmen überfluteten sie.
Lasst mich in Ruhe, verlangte sie. Lasst mich einfach in Ruhe. Mit geschlossenen Augen stellte Tory sich eine dicke, hohe, weiße Wand vor. Sie baute sie Stein für Stein auf, bis
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