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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sich zurück, schürzte die Lippen und dachte nach. »Die Oma mütterlicherseits meiner Frau unterhält sich ständig mit toten Verwandten. Na ja, ich will nicht sagen, ob das stimmt oder nicht, ich verstehe nichts davon. Aber in meinem Beruf kommt es auf Fakten an, Miz Bodeen.«
    »Fakt ist, dass ich wusste, was mit Hope passiert war, und wo Sie sie finden konnten. Der Mann, der sie umgebracht hat, weiß das. Chief Täte hat mir nicht geglaubt. Er dachte, ich sei mit ihr da draußen gewesen und wäre weggelaufen, weil ich Angst bekam. Und hätte sie allein gelassen. Oder ich hätte sie gefunden, als sie schon tot war, und wäre einfach nach Hause gegangen und hätte mich bis zum Morgen versteckt.«
    Carl D. blickte Tory freundlich an. Er hatte selbst zwei Töchter. »Sie waren damals doch noch ein kleines Kind.«
    »Aber jetzt bin ich erwachsen. Und ich sage Ihnen, dass der Mann, der Hope Lavelle getötet hat, heute Nacht hier war. Er hat auch andere umgebracht, zumindest eine andere. Ein junges Mädchen, das er als Anhalterin nach Myrtle Beach mitgenommen hat. Und er hat schon wieder jemanden im Auge. Aber nicht mich. Ich bin nicht diejenige, die er will.«
    »Sie können mir all das erzählen, aber nicht sagen, wer er ist?«
    »Nein, das kann ich nicht. Ich kann Ihnen nur sagen, was er ist. Ein Soziopath, der glaubt, er habe das Recht, so zu handeln. Er braucht die Erregung und die Macht. Ein Frauenhasser, der glaubt, Frauen seien dazu da, um von Männern benutzt zu werden. Ein Serienmörder, der nicht die Absicht hat, aufzuhören oder sich aufhalten zu lassen. Er ist achtzehn Jahre lang damit durchgekommen«, sagte sie ruhig. »Warum sollte er jetzt aufhören?«
     
    »Das habe ich wohl nicht sehr gut gemacht.«
    Cade schloss die Hintertür und setzte sich wieder an den Tisch. Er war mit Carl D. noch einmal ums Haus und zum Sumpf gegangen. Aber sie hatten nichts gefunden, weder frische Fußspuren noch abgerissene Stofffetzen an den Ästen.
    »Du hast ihm gesagt, was du weißt.«
    »Er glaubt mir nicht.«
    »Das ist egal, solange er seine Arbeit tut.«
    »So wie sie vor achtzehn Jahren ihre Arbeit getan haben?«
    Einen Moment lang sagte Cade nichts. Die Erinnerung an jenen Morgen tat immer noch weh. »Wem willst du die Schuld geben, Tory? Den Polizisten oder dir?«
    »Beiden. Niemand hat mir geglaubt, und ich konnte mich nicht verständlich machen. Ich hatte Angst. Ich wusste ja, ich würde bestraft werden, und je mehr ich sagte, desto schlimmer würde die Bestrafung ausfallen.
    Schließlich habe ich alles darangesetzt, mich selbst zu retten.«
    »Haben wir das nicht alle getan?« Er stand auf und trat an den Herd, um sich einen Kaffee einzuschenken. »Ich wusste damals, dass sie vorhatte, sich abends aus dem Haus zu schleichen. Ich habe nichts gesagt - damals nicht, und auch nicht am nächsten Tag. Nie habe ich erwähnt, dass ich ihr verstecktes Fahrrad gesehen hatte. An jenem Abend dachte ich, das muss so sein. Man petzt nicht, wenn man dadurch nichts gewinnt. Was war denn schon dabei, wenn sie für ein paar Stunden mit dem Fahrrad wegfahren wollte?«
    Er drehte sich wieder zu Tory um. »Als wir sie am nächsten Tag fanden, sagte ich nichts. Das war reiner Selbstschutz. Sie hätten mir die Schuld gegeben, so wie ich mir selber die Schuld gab. Nach einer Weile kam es dann sowieso nicht mehr darauf an. Uns allen fehlte ein Stück, und wir konnten nie wieder heil werden. Aber immer wieder muss ich an jenen Abend denken und spiele in meinem Kopf alles noch einmal durch. Nur sage ich dabei meinem Vater, dass Hope ihr Fahrrad versteckt hat, und er schließt es weg und hält ihr eine Strafpredigt. Und am nächsten Morgen wacht sie sicher in ihrem Bett auf.«
    »Es tut mir Leid.«
    »O Tory. Mir auch. Es hat mir achtzehn Jahre lang Leid getan. Und die ganze Zeit über musste ich zusehen, wie die Schwester, die mir geblieben ist, alles tat, um ihr Leben zu ruinieren. Ich merkte, wie mein Vater sich von uns zurückzog, als könne er es nicht mehr ertragen, mit uns zusammen zu sein. Und wie meine Mutter immer verbitterter und rechthaberischer wurde. Und das alles nur, weil mir meine eigenen Angelegenheiten wichtiger gewesen waren, als dafür zu sorgen, dass Hope in ihrem Bett blieb.«
    »Cade, dann wäre es eine andere Nacht gewesen.«
    »Eine solche Nacht hätte es nicht mehr gegeben. Ich kann es nicht anders erklären, Tory. Und du auch nicht.«
    »Ich kann ihn finden. Früher oder später werde ich ihn finden.« Oder er

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