Lilien im Sommerwind
wird mich finden, dachte sie. Er hat mich schon gefunden.
»Ich habe nicht die Absicht, noch einmal tatenlos zuzusehen, wie jemand sich in Gefahr begibt, den ich liebe.« Cade stellte seine Kaffeetasse ab. »Du musst jetzt ein paar Sachen zusammenpacken und zu deinem Onkel und deiner Tante ziehen.«
»Das will ich nicht. Ich muss hier bleiben. Ich kann es dir nicht erklären, ich kann nur sagen, dass ich hier bleiben muss. Wenn ich mich irre, gibt es kein Risiko, und wenn ich Recht habe, spielt es sowieso keine Rolle, wo ich bin.«
Cade beschloss, nicht seine Zeit damit zu verschwenden, sich mit ihr herumzustreifen. Er würde einfach nach einem Weg suchen, um alles so zu arrangieren, wie er es für das Beste hielt.
»Dann packe ich eben.«
»Wie bitte?«
»Ich werde viel Zeit hier verbringen, und da ist es praktischer, wenn ich das, was ich brauche, gleich bei der Hand habe. Sieh mich nicht so überrascht an! Eine Nacht zusammen im Bett macht aus uns noch kein Liebespaar. Aber genau das werden wir sein«, sagte er und zog sie vom Stuhl hoch.«
»Du hältst zu vieles für selbstverständlich, Cade.«
»Das glaube ich nicht.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie zärtlich. »Ich finde, dass ich gar nichts für selbstverständlich halte. Vor allem nicht dich. Lass uns einfach sagen, dass du manche Dinge spürst, Tory. Dinge, die du weißt, ohne dass du sie erklären kannst. Genauso geht es mir auch. Bei dir hatte ich so ein Gefühl, und ich werde mich an deine Fersen heften, bis ich es erklären kann.«
»Anziehung und Sex sind nicht besonders rätselhaft, Cade.«
»Doch, wenn dir noch bestimmte Puzzleteile fehlen. Lass mich einfach hier bleiben, Tory. So leicht wirst du mich nicht wieder los.«
»Das ist clever. Du kannst einen gleichzeitig wütend machen und trösten.« Sie löste sich von ihm. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich dich hier bleiben lasse. Du tust einfach, was dir gefällt.«
Er machte sich gar nicht erst die Mühe, das zu leugnen. »Willst du mich hinauswerfen?«
»Sieht nicht so aus.«
»Gut, dann brauchen wir uns nicht zu streiten. Und da wir schon einmal aufgestanden und angezogen sind, könnten wir doch eigentlich auch Geschäfte besprechen.«
»Geschäfte?«
»Ich habe Leinenmuster im Pickup. Ich hole sie herein, und dann verhandeln wir.«
Tory blickte zur Uhr. Es war noch nicht einmal sieben. »Warum nicht? Aber dieses Mal kochst du Kaffee.«
Faith wartete bis halb elf, dann konnte sie sicher sein, dass ihre Mutter und Lilah zur Kirche gegangen waren. Margaret hatte es schon lange aufgegeben, Faith zum Besuch des Sonntagsgottesdienstes überreden zu wollen, aber Lilah war dickköpfig, wenn es um Gott ging und hielt sich für seinen wachhabenden Offizier auf Erden. Sie jagte die Truppen unter Androhung ewiger Verdammnis aus dem Bett und in die Kirche.
Daher versteckte sich Faith wohlweislich, wenn sie sonntagsmorgens zu Hause war. Nur gelegentlich zog sie sich ein züchtiges Kleidchen an und ließ sich von Lilah zur Kirche schleppen.
Heute Morgen jedoch war Faith nicht in der Stimmung, auf einer harten Bank zu sitzen und der Predigt zu lauschen. Sie wollte sich schmollend vor eine Schüssel Schokoladeneiscreme setzen und darüber nachdenken, dass alle Männer Bastarde waren.
Wenn sie überlegte, welche Mühe sie sich für Wade Mooney gegeben hatte, wurde ihr übel. Sie hatte sich mit parfümierter Bodylotion eingecremt, hatte sich ihre gewagteste Unterwäsche angezogen und hätte nichts dagegen gehabt, wenn er sie ihr vom Leib gerissen hätte. Sie hatte meterhohe Stöckelschuhe getragen und sich in ein schwarzes Kleid gezwängt, das förmlich nach Sünde schrie.
Und dann hatte sie den Weinkeller um zwei Flaschen erleichtert, die mehr gekostet hatten als ihre gesamte College-Ausbildung. Wenn Cade das herausfand, würde er ihr bei lebendigem Leib die Haut abziehen.
Doch als sie auf Hochglanz poliert und duftend bei Wade angekommen war, war er nicht zu Hause gewesen.
Bastard.
Noch schlimmer - sie hatte auf ihn gewartet. Sie hatte sein Schlafzimmer aufgeräumt wie eine kleine Hausfrau, hatte Kerzen angezündet und Musik aufgelegt. Und fast wäre sie eingeschlafen.
Sie hatte bis ein Uhr morgens gewartet. Wenn er zu diesem Zeitpunkt zur Tür hereingekommen wäre, dann hätte sie ihn mit einem Tritt in den Hintern wieder die Treppe hinuntergeschickt.
Es war seine Schuld, dass sie halb betrunken von dem Wein gewesen war. Seine Schuld, dass sie beim
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