Lilien im Sommerwind
überhaupt nichts. Jeden Morgen das Gleiche wie am Tag zuvor, und der ganze Tag liegt wie ein Nichts vor mir.«
Lilah schrubbte weiter die Küchentheke. Eigentlich putzte sie schon seit über einer Stunde in der Küche, aber sie hatte gewusst, dass Faith hereinkommen würde, und auf sie gewartet.
»Wahrscheinlich verlangst du nach irgendeiner Tätigkeit.« Sie warf Faith einen Blick aus arglosen braunen Augen zu. Dieser Blick hatte einige Übung erfordert, da Lilah normalerweise recht tückisch sein konnte.
Aber sie kannte ihr Ziel. Sie hatte sich um Miss Faith gekümmert, seit das Mädchen zur Welt gekommen war - schreiend und mit geballten Fäustchen, erinnerte sich Lilah voller Zuneigung. Lilah gehörte seit ihrem zwanzigsten Lebensjahr zum Haushalt der Lavelles. Damals war sie zum Putzen eingestellt worden, weil Mrs. Lavelle mit Cade schwanger war.
In jenen Zeiten war ihr Haar noch schwarz gewesen, und nicht graugesträhnt wie jetzt. Ihre Hüften waren eine Spur schmaler gewesen, aber sie hatte sich nicht gehen lassen. Sie war jetzt, so sah sie es gern, eine reife Frau.
Ihre Haut war so dunkel wie der Zucker, den sie an Halloween immer zu Karamell schmolz, um damit Äpfel zu überziehen. Sie betonte sie gern mit einem leuchtend roten Lippenstift, den sie immer in ihrer Schürzentasche mit sich herumtrug.
Lilah hatte nie geheiratet. Nicht, dass sie keine Gelegenheit dazu gehabt hätte. Lilah Jackson hatte früher viele Verehrer gehabt. Und sie genoss es immer noch, mit einem gut aussehenden Mann auszugehen.
Aber einen heiraten? Na, das war etwas ganz anderes.
Es war ihr lieber, alles blieb so, wie es war, und das bedeutete, dass sie ab und zu von einem Mann abgeholt wurde, der mit ihr ausging. Wenn er ein zweites Mal mit ihr ausgehen wollte, dann tat er gut daran, ihr Schokolade oder Blumen mitzubringen und ihr wie ein Gentleman die Tür aufzuhalten.
Wenn man dagegen einen Mann heiratete, musste man sein Leben lang hinter ihm her räumen. Er furzte und kratzte sich und Gott weiß was, während man im Schweiße seines Angesichts dafür sorgen musste, dass das Geld reichte, um Leib und Seele zusammenzuhalten und damit man sich auch noch ein paar hübsche Sachen kaufen konnte.
Nein, so besaß sie ein schönes Haus - denn Beaux Reves gehörte ihr genauso gut wie allen anderen. Sie hatte drei Kinder großgezogen und sich zu Tode gegrämt über das verlorene Kind. Zudem besaß sie, so wie sie es sah, alle Vorteile männlicher Gesellschaft, ohne dabei irgendein Problem zu haben.
Ein bisschen Kuscheln ab und zu verschmähte sie natürlich nicht. Wenn der Herr nicht gewollt hätte, dass Seine Kinder miteinander kuschelten, dann hätte Er ihnen nicht das Bedürfnis danach eingepflanzt.
Auch Miss Faith steckte voller Bedürfnisse und wusste noch nicht, wie sie sie erfüllen sollte, ohne sich selbst Kummer zu bereiten, sinnierte Lilah. Das Mädchen steckte nämlich voller Probleme. Die meisten hatte sie sich selbst zuzuschreiben. Manche Hühnchen brauchten einfach länger, um sich auf dem Hof zurechtzufinden.
»Vielleicht solltest du einfach einen schönen Ausflug machen«, schlug Lilah vor.
»Wohin denn?« Faith trank gelangweilt einen Schluck von ihrem Kaffee. »Es sieht doch überall gleich aus.«
Lilah zog ihren Lippenstift heraus und nutzte die spiegelnde Chromoberfläche des Toasters, um sich die Lippen nachzuziehen. »Ich weiß immer, was mich aufheitert, wenn ich deprimiert bin. Ich gehe dann einkaufen.«
»Das werde ich wahrscheinlich auch tun.« Seufzend überlegte Faith, ob sie nach Charleston fahren sollte. »Ich habe sowieso nichts Besseres vor.«
»Na, das ist doch gut. Geh einkaufen und muntere dich auf. Hier ist die Liste.«
Blinzelnd betrachtete Faith die Einkaufsliste, die Lilah vor ihr hin und her schwenkte. »Lebensmittel? Ich wollte keine Lebensmittel einkaufen!«
»Du hast doch selbst gesagt, dass du nichts Besseres zu tun hast. Und achte darauf, dass die Tomaten reif sind, hörst du? Und hol das Putzmittel, das ich aufgeschrieben habe. Die Werbung im Fernsehen hat mich zum Lachen gebracht, da sollte ich es zumindest mal ausprobieren.«
Lilah wandte sich wieder zum Spülbecken, um ihren Putzlappen auszuwaschen. Der Mund des Mädchens stand offen, und Lilah musste ein Kichern unterdrücken. »Und dann fährst du noch bei der Drogerie vorbei und holst mir mein Oil of Olaz, aber nicht das in der Flasche, sondern das im Topf. Und Schaumbad. Das mit Milch und Honig. Auf dem Heimweg kannst
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