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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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passt. Aber Leinenwäsche? Tischdecken, Servietten, so etwas?«
    »Nun ...« Sie richtete ihre Gedanken aufs Geschäft. »Ich möchte natürlich ein paar Muster sehen. Aber da das Produkt hier in unserem Bundesland produziert wird, würde es schon zu meinem Angebot passen. Wir müssen natürlich über Kosten, Lieferbedingungen, Qualität und Stil reden. Ich verkaufe Einzigartiges und will zeigen, wie beeindruckend unterschiedlich Künstler und Handwerker in South Carolina sind.«
    Schweigend trank sie einen Schluck Wein und dachte nach. »Schadstofffreies Leinen«, murmelte sie. »Vom Feld über den Laden auf den Tisch, und alles hier in Georgetown County. Das könnte reizvoll sein.«
    »Gut.« Cade hob sein Glas und stieß mit ihr an. »Wir finden schon einen Weg, damit es für uns beide funktioniert. Damit alles funktioniert«, fügte er hinzu.
    Der Abend endete sehr viel schöner, als er begonnen hatte. Der Vollmond stand am Himmel, und Tory fühlte sich angenehm beschwipst. Sie hatte gar nicht vorgehabt, Alkohol zu trinken, was sie sowieso selten tat, aber es war so nett gewesen, am Wasser zu sitzen und dabei Wein zu trinken ...
    Und so hatte sie zwei Gläser statt nur einem getrunken, und jetzt war sie angenehm müde. Das Auto fuhr ruhig und schnell dahin, und der Wind, der ihr übers Gesicht strich, roch nach dem nahen Sommer.
    Tory dachte an Geißblatt und üppig blühende Rosen, den Geruch von Teer, der in der Sonne schmolz, und das träge Summen der Bienen, die um die Magnolienbäume herumschwirrten.
    Hoffentlich wurde es jetzt ein wenig kühler; wo die Sonne untergegangen war. Wenn nicht endlich ein Auto vorbeikam, das sie anhalten konnte, müsste sie zu Fuß an diesen gottverdammten Strand laufen. Natürlich war Marcie schuld, die Schlampe.
    Hatte sie einfach abgehängt, damit sie es mit diesem Arschloch Tim treiben konnte. Nun, Marcie konnte ihr gestohlen bleiben, sie würde eben nach Myrtle Beach trampen und sich dort eine schöne Zeit machen.
    Sie brauchte nur endlich jemanden, der anhielt. Na komm schon, Schätzchen, halt an! Ja! Endlich!
    Tory fuhr im Sitz hoch und rang nach Luft wie ein Schwimmer, der zu lange getaucht war.
    »Sie ist in das Auto gestiegen! Sie hat ihren Rucksack auf den Rücksitz geworfen und ist in das Auto gestiegen!«
    »Tory?« Cade fuhr an den Straßenrand und packte sie an den Schultern. »Ist schon in Ordnung. Du bist kurz eingeschlafen.«
    »Nein.« Verzweifelt setzte sie sich gegen ihn zur Wehr und zerrte an ihrem Sicherheitsgurt. Ihr Herz klopfte heftig. »Nein!« Sie riss die Tür auf, sprang hinaus und begann, am Straßenrand entlangzulaufen. »Sie trampt an den Strand. Sie ist hier bei ihm eingestiegen, irgendwo dahinten.«
    »Warte. Bleib stehen.« Cade holte sie ein und zog sie an sich. »Liebling, du zitterst ja!«
    »Er hat sie mitgenommen.« Bilder und Formen stiegen in ihrem Kopf auf, und in ihrer Kehle brannte es. »Er hat sie mitgenommen, ist von der Straße abgebogen und mit ihr in den Wald gefahren. Und er hat sie mit irgendetwas geschlagen. Sie kann nicht sehen, was es ist, sie fühlt nur den Schmerz, und sie ist ganz benommen. Was geschieht mit ihr? Was ist los? Sie wehrt sich gegen ihn, aber er zerrt sie aus dem Wagen.«
    »Wer?«
    Tory schüttelte den Kopf, versuchte, wieder zu sich zu kommen, den Schmerz, das Entsetzen loszuwerden. »Hier entlang. Genau hier entlang.«
    »In Ordnung.« Ihre Augen waren riesig, blicklos, und ihre Haut fühlte sich feucht an. »Willst du ein bisschen hier entlanggehen?«
    »Ich muss. Lass mich in Ruhe.«
    »Nein.« Fest schlang er einen Arm um sie. »Das werde ich nicht tun. Wir gehen zusammen. Ich bin hier. Du kannst mich neben dir spüren.«
    »Ich will das nicht. Ich will es nicht.« Trotzdem begann sie zu gehen. Sie öffnete sich, achtete nicht auf ihren instinktiven Selbstschutz. Als die Bilder deutlicher wurden, wehrte sie sich nicht.
    Am Himmel blinkten blendend hell die Sterne. Hitze umschloss sie wie eine Faust.
    »Sie wollte zum Strand, und keiner nahm sie mit. Sie war wütend auf ihre Freundin. Eine Freundin namens Marcie. Eigentlich hatten sie zusammen fahren und dort das Wochenende verbringen wollen. Und jetzt will sie trampen. Bei Gott, sie lässt sich doch von der blöden Kuh nicht das Wochenende verderben! Er kommt vorbei, und sie freut sich. Sie ist müde und durstig, und er sagt, er fährt bis nach Myrtle Beach. Mit dem Auto ist man in weniger als einer Stunde da.«
    Tory blieb stehen und hob eine Hand.

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