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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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darüber verlieren, dass du in Holland warst und schon ein bisschen länger unterwegs bist. Du lügst und ich schnüffle. Damit wären wir wohl quitt.
    Er fuhr er sich wieder durch die Haare, die ihm verwegen in die Stirn fielen. »Wart ihr gestern schon mal hier?«
    »Nein«, antworteten Amelie und Sabrina wie aus einem Mund.
    »Ich dachte, ich hätte was gehört. Ist eine merkwürdige Ecke, nicht?«
    »Wieso?«, fragte Amelie.
    Kilian schwieg einen Moment. »So still«, antwortete er schließlich. »Still und dunkel.«
    Alle lauschten auf die Geräusche, die leicht gedämpft zu ihnen in die Küche drangen. Da gluckste Wasser unter dem Kiel, Vögel schrien, ein Fisch schnalzte in die Luft und fiel mit einem Platschen wieder zurück.
    »Du hast recht«, antwortete Amelie schließlich. »Es ist fast so, als ob sich die Natur erinnerte an das, was hier einmal passiert ist.«
    Kilian sah sie an, doch Amelie wartete ab, ob er etwas darauf erwidern wollte. Die Stille wurde mit einem Mal bedrückend. Niemand sagte ein Wort. Es war stickig unter Deck,
und Sabrina glaubte wieder, den Blumenduft zu riechen. Ihr wurde die Kehle eng.
    »Ich muss«, sagte sie.
    Amelie zog ihre Augenbrauen eine Winzigkeit zusammen. Das hieß wohl, dass sie gerne noch geblieben wäre und sich ärgerte, jetzt schon aufbrechen zu müssen.
    »Wie lange bleibst du noch hier?«, fragte Amelie. »Vielleicht kommen wir noch mal wieder.«
    »Bis morgen. Morgen früh.«
    »Schade.« Ihre Freundin spielte wieder mit ihren Haarspitzen. »Dann adieu, geheimnisvoller Fremder. Glück auf dem Weg. Grüß das Meer von mir, das ferne, dessen Rauschen die Träume meiner Sehnsucht begleitet …« Amelie hatte neben den gesammelten Werken amerikanischer Gegenwartsliteratur auch eine Menge Schund in ihrem Bücherregal stehen. »Du fährst doch zum Meer?«
    Kilian räusperte sich verlegen. »Vielleicht. Ich weiß es noch nicht. Ist ein weiter Weg bis dahin, schätze ich.«
    »Er wird weiter mit jedem Tag, den man wartet.«
    »Ja«, antwortete er. »Klar. Deshalb ist morgen für mich Aufbruch. Wenn ihr wollt, kommt heute Abend zum Essen. Nichts Besonderes. Den Fisch, den ich heute gefangen habe, über der Tonne gebraten. Habt ihr Lust? So um acht, halb neun?«
    »Klar!« Amelie strahlte.
    Sabrina nickte. Aber sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich in diese Einladung mit eingeschlossen war. Sie hatte das Gefühl, die beiden würden sich viel besser verstehen, wenn sie nicht mit dabei wäre.
    Kilian stieg ihnen voraus, wartete oben und half ihnen, aus der Luke an Deck zu klettern. Wieder spürte Sabrina seinen Griff und merkte, wie sie rot wurde. Es war wie verhext. Während Amelie lachte und plauderte und Kilian sie mit einem kleinen Lächeln beobachtete, stand sie steif wie ein Brett in der Gegend herum und hatte feuchte Hände. Und ließ sich außerdem noch von diesem geheimnisvollen Fremden
dabei erwischen, wie sie hinter seinem Rücken sein Schiff inspizierte. Du musst noch viel lernen, dachte sie. Und war heilfroh, als sie endlich wieder Land unter den Füßen hatte.
    »Bis heute Abend«, rief Kilian ihnen zu, als sie das Ufer erreichten.
    Amelie hob die Hand und winkte. »Bis heute Abend! Ich freue mich!«
    Den ganzen Weg zurück pfiff und summte Amelie vor sich hin. Als sie den Maschendrahtzaun erreichten, blieb sie erstaunt stehen. Jemand hatte den Draht wieder zurechtgebogen.
    Sabrina sah sich um, als ob dieser Jemand sie beobachtete oder sich gleich aus den Büschen auf sie stürzen würde. »Der Ranger war hier.«
    Amelie sah hinein in das Dickicht, durch das sie soeben gekommen waren. »Der Ranger? Dann müsste er … Dann hätte er doch … Nee. Dann wäre er auch beim Schiff gewesen.«
    Sie bückte sich und bog den Zaun wieder so weit nach oben, dass sie darunter durchkriechen konnten. Schweigend liefen sie das letzte Stück bis zu Krippe 8. Lukas war verschwunden.
    »Gott sei dank.«
    Amelie klopfte sich die letzten Schmutzreste von der Hose und zog ihre nassen, mit roter Erde verschmierten Schuhe aus. Dann legten sie sich wieder auf die Badetücher und starrten durch den Zweigvorhang hinunter zur Badebucht. Amelie hatte einen leicht abwesenden Glanz in den Augen, Sabrina hingegen fühlte sich gar nicht wohl in ihrer Haut.
    »Gehst du heute Abend hin?«, fragte sie.
    »Aber klar doch. Fisch und Ravioli. Meine Lieblingskombi.« Sie lachte leise und spielte verträumt mit ihren Haarspitzen. »Und du?«
    »Ich weiß nicht. Noch mal da rein? Irgendjemand

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