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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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was auf die Reihe gekriegt.« Willy starrte wieder in sein Bier. Er wollte wohl nicht daran erinnert werden, dass Bertis, Günnis und seine Karriere wohl ziemlich ähnlich verlaufen waren. »Was willste denn von denen? Sind doch kein Umgang für dich.«
    Sabrina stellte sich noch etwas näher neben Willy. Sie wollte nicht, dass der Wirt etwas von ihrer Unterhaltung mitbekam. »Habt ihr vom Hafen mitgekriegt, wenn ein Schiff am toten Fluss vor Anker gegangen ist?«
    Wieder umklammerte seine Hand das Glas, als ob er daran Halt suchen würde. »Nö.«
    »Komm schon. Mir kannst du es doch sagen. Es ist eh schon so lange her. Gab es welche, die schwarze Liegeplätze vermietet haben?«
    »Schwarze Liegeplätze? Was ist denn das?« Das Erstaunen in Willys Gesicht war zu groß, um echt zu sein.
    »Früher, bevor die Werth Naturschutzgebiet wurde, war sie ein illegaler Hafen. Erinnerst du dich noch an den Mord vor acht Jahren?«
    Willy schluckte. »Klar. Jeder erinnert sich dran. War eine furchtbare Sache.«
    »Als Amelie starb, lag da auch ein Schiff.«
    Willys einzige Reaktion war, das lauwarme Bier in einem Zug hinunterzukippen.

    »Der Schiffer muss gewusst haben, dass man da für einige Zeit nicht entdeckt wird. Woher?«
    Willy tat so, als ob ihn plötzlich ein brennendes Interesse an den Begegnungen der 2. Bundesliga gepackt hätte.
    »Willy, was ist damals passiert?«
    Er schlug mit der Faust auf den Tresen. Sabrina zuckte zusammen. Gläser klirrten. Alle drehten die Köpfe zu ihnen um.
    Der Wirt, der mit verschränkten Armen an der Wand gelehnt hatte, kam auf sie zu. »Kein Ärger, mein Lieber. Verstehen wir uns?«
    Willy atmete scharf ein. »Noch ein Bier.«
    »Hast du Geld?«
    Willy schwieg.
    »Ich«, sagte Sabrina. »Ich zahle.«
    »Den ganzen Deckel? Er lässt schon seit zwei Wochen anschreiben. Immer ab der Monatsmitte.«
    »Ich übernehme das. Kein Problem.«
    Der Wirt zog eine Schublade auf und beschäftigte sich mit einem Stapel zerknitterter Zettel.
    »Bier hilft da nicht«, sagte Sabrina leise. »Die Polizei auch nicht. Das Einzige, womit du irgendetwas wieder gutmachen kannst, ist jetzt die Wahrheit zu sagen.«
    »Was zum Teufel sollte ich wieder gutmachen?«
    Dass Amelie nie ein Zuhause hatte. Dass jeder Ort auf der Welt ein schönerer Ort war als das Waldviertel. Dass sie zu oft an der »Sonne« vorbeigehen musste, wo du betrunken am Tresen gestanden hast. Dass du deine Frau alleine lässt in ihrem Fernsehsessel, wo sie sich eine Welt zusammenträumt, die nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hat. Dass ihr Amelie nichts, aber auch gar nichts geben konntet, was sie gehalten hätte. Sabrina war so wütend, dass sie Willy nur noch anstarren konnte.
    Als ob der spürte, welche Gedanken sich hinter ihrer Stirn zusammenballten, sank er plötzlich in sich zusammen. »Berti hat sich immer an der Werth rumgetrieben und hat da geangelt.
Er war es, der die Schiffer angesprochen hat und auch das Geld kassiert hat. Das haben wir uns geteilt.«
    »Wer?«
    »Ich, Günni, Berti und Nobbi.«
    Fast hätte Sabrina laut aufgelacht. Erwachsene Männer, die sich gegenseitig anredeten, als ob sie noch mit ihren Spielzeuglastern im Sandkasten spielen würden. »Nobbi, also Norbert. Wer ist das?«
    »Der Hafenmeister. Aber von mir hast du das nicht. Nach der Sache da am toten Fluss war eh Ende. Berti hat es am schlimmsten erwischt. Hat ihn alles ziemlich mitgenommen, die Sache mit dem Mädchen damals.«
    Etwas Eisiges fasste Sabrina ans Herz. »Berti … wie heißt er weiter?«
    »Wennigstedt. Aber lass es bleiben. Der macht dir sowieso nicht auf.«
    Herbert W., der die Tote gefunden hat.
    Sie musste mit ihm reden. Jetzt. Sofort. Er wusste von der Sehnsucht , er hatte die Zusammenhänge schon viel früher geahnt als sie. Und er hatte sie gewarnt. Die Sehnsucht kann ein Fluch sein. In diesem Moment wusste Sabrina endlich, was er damit gemeint hatte.
    Ungeduldig suchte sie in ihrer Hosentasche nach Kleingeld. »Was macht das?«
    »Moment.«
    Der Wirt rechnete und rechnete.
    Sabrina wandte sich noch einmal an Willy. »Ging das so weiter, das mit den illegalen Liegeplätzen?«
    »Nein. Das war dann vorbei. Außerdem passt ja heute der Ranger auf, dass keiner seinem Unkraut auch nur ein Hälmchen krümmt.«
    »Vierundvierzichdreißich«, brummte der Wirt.
    Sabrina schluckte. Das war kein Kleingeld, das waren Scheine. Aber einen Rückzieher konnte sie jetzt auch nicht mehr machen. Damit war sie so gut wie pleite. Sie holte ihr

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