Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
Vom Netzwerk:
bisschen übertrieben wirkte.
    Sabrina brachte sie noch bis ans Hoftor. »Danke«, sagte sie.
    Beate zuckte verlegen mit den Schultern. »Wofür? Hat Spaß gemacht. Wenn ihr wieder mal Hilfe braucht, sagt Bescheid. Das ist ja eine Höllenarbeit.«
    »Wem sagst du das!« Sabrina seufzte. »Meinst du, es hat Sinn, noch einmal mit deinem Großvater zu reden?«
    »Damit er dir wieder zwei Stunden lang Vorträge über Recht, Ordnung und Sauberkeit hält? Nein. Mehr als das, was ich dir erzählt habe, wirst du von ihm nicht erfahren. Und zumindest in seinem Fall weiß ich, warum er nicht zur Polizei gegangen ist. Er ist fast blind.«
    »Das kann doch nicht sein. Wie …«
    »Wie er dann trotzdem seine stundenlangen Führungen machen kann? Weil er jeden Stein und jede Stufe kennt. Und auf weite Entfernung geht es wohl noch. Deshalb glaube ich ihm auch. Er hat das Schiff von Kilian gesehen. Aber er war lange genug Richter, um zu wissen, was seine Zeugenaussage letzten Endes wert wäre. Und er wird den Teufel tun, sich zu outen. Tut mir leid.«
    Sabrina schluckte. Einen Schritt vor, zwei Schritte zurück. Es war einfach zum Verrücktwerden.
    »Aber diese Hafensache …«, fuhr Beate fort. »An der würde ich dranbleiben. Vielleicht hat es da mal einen Vorfall gegeben. Könnte sein, dass er sich auch daran noch erinnert.«
    »Dann sollte ich vielleicht doch noch mal …«
    »Nein. Weißt du was? Lass mich das machen. Ich werde mich mal umhören. Er sieht übrigens nett aus, dieser Lukas. Mach’s gut! Bis Montag.«
    Sie ging. Zum ersten Mal fiel Sabrina auf, dass sie ganz leicht hinkte.
     
    Es war weit nach Mitternacht. Sabrina lag im Bett und konnte nicht schlafen. Zu viele Gedanken schwebten in ihrem Kopf herum. Lose Fäden, die sich nicht miteinander verknüpfen
ließen. Kilian, dachte sie. Wo bist du? Welche Geheimnisse schleppst du mit dir herum? Was ist passiert am toten Fluss ? Was war mit dir und Amelie? Was war mit dir und mir …
    Sein Blick, der sie wie ein Pfeil durchbohrt hatte, der Klang seiner Stimme, als er ihren Namen sprach – er hat nicht dich gemeint, flüsterte die Vernunft ihr zu. – Und wenn doch?, fragte der Zweifel, wenn doch? Dann wärst du auf das Schiff gegangen, und dann wärst du vielleicht tot …
    Von unten hörte sie leise die sonore Stimme eines Nachrichtensprechers. Franziska war wohl wieder vorm Fernseher eingeschlafen. Mit einem Seufzen stand Sabrina auf und ging leise die Treppe hinunter. Ihre Mutter lag auf der Couch, sie trug immer noch den Arbeitsoverall. Vorsichtig griff Sabrina zur Fernbedienung und schaltete den Apparat aus. Dann nahm sie eine Decke und breitete sie sanft über die Schlafende. Franziska drehte sich mit einem Murmeln auf die andere Seite, wachte aber nicht auf. Ob sie von Michael Gerber träumte? Ob er immer noch bei Salinger auf sie wartete? Sabrina stellte sich vor, wie es wohl wäre, wenn nicht sie, sondern ein anderer nachts ins Wohnzimmer ginge, um nach ihrer Mutter zu sehen und sie zuzudecken. Wahrscheinlich läge sie dann gar nicht hier, dachte sie. Sondern drüben, und es wäre vielleicht gar nicht schlecht, wenn da wer wäre, der sich um sie kümmern würde.
    Sabrina löschte das Licht und ging wieder nach oben. Die Schrecksekunde am Berg fiel ihr wieder ein und die deprimierenden Neuigkeiten, dass Dobersteins Jüngster wohl nie wieder Wein tragen würde. Sie war erstaunt, wie traurig sie der Gedanke machte. Manchmal musste man Dinge wohl erst verlieren, um sie zu mögen.
    Amelie. Wieder sah sie das Gesicht der Freundin so deutlich vor sich, als wäre sie mit ihr im Zimmer. Was sie wohl davon halten würde, dass sie sich mit Lukas getroffen hatte? Nett, hatte Beate gesagt. Und sie hatte geglaubt, Sabrina bei einem Date erwischt zu haben.

    Ein Date mit Lukas. Ohne es zu wollen, musste Sabrina grinsen. Amelie hätte sich vermutlich halb totgelacht darüber. Aber warum eigentlich? Was war so schlimm daran, einfach nur nett zu sein? Zumindest löste er keine Fluchtimpulse bei Sabrina aus. Sie stellte sich vor, wie es wohl wäre, in seinen Armen zu liegen. Angenehm, wahrscheinlich. Sicher und geborgen. Lukas war ein Mann, der Frauen die Türen aufhielt und ihnen aus dem Mantel half. Der sich bei ihnen unterhakte, ohne zu zögern die Rechnung übernahm und der sich Sorgen um sie machte. Aber … reichte das?
    Sabrina knipste ihre Nachttischlampe an und kniff die Augen zusammen. Als das Licht nicht mehr blendete, zog sie die Schublade auf und holte Amelies

Weitere Kostenlose Bücher