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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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jetzt keiner mehr. Nobbi von den Glorreichen Vier hat bestimmt schon Feierabend.«
    Sabrina lächelte. »Ich will ja auch gar nicht zu ihm.«
     
    Lukas fuhr einen dieser absolut nutzlosen Geländewagen, die außer einem immensen Kraftstoffverbrauch in Sabrinas Augen nichts hatten, was ihre Anschaffung außerhalb von tropischen Regenwäldern und versteppten Savannen gerechtfertigt hätte. Sie wischte die beschlagene Seitenscheibe frei. Es war schon stockdunkel, als sie die Stadtmauer erreicht hatten. Vor dem großen Hafentor waren sie rechts abgebogen in ein Gewerbegebiet. Lieblose Supermärkte, ein Gartencenter und mehrere Imbissbuden hatten sich um einen großen Parkplatz geschart. Dahinter lagen, vergessen und fast aufgegeben, einige flache Mietskasernen.
    »Hier?«, fragte Lukas und stellte den Motor ab.
    »Das hat Willy jedenfalls gesagt.«
    Lukas nickte und stieg aus. Er ging auf die andere Seite des Wagens und öffnete Sabrina die Tür. »Dann mal los.«
    Als Erstes steuerten sie auf den Würstchengrill zu. Doch der Mann an der Friteuse konnte mit dem Namen Günni nicht viel anfangen. Das Gartencenter und die Supermärkte ließen sie aus. Zu anonym, hier kannte niemand seine Kunden
beim Namen. Als ihnen eine ältere Frau mit schweren Einkaufstüten entgegenkam, sprach Lukas sie an.
    »Günni?«, fragte die Dame. »Nein, nie gehört.«
    Kopfschüttelnd ging sie weiter. Sabrina stapfte wütend mit dem Fuß auf. »So wird das nichts. Den finden wir nie!«
    »He, he.« Lukas berührte ihren Arm. »Ganz ruhig. Wir klingeln jetzt einfach mal. Okay?«
    Sabrina nickte. Als sie weitergingen, ließ Lukas seine Hand auf ihrer Schulter liegen. Schwer war sie und warm, selbst durch den Stoff von Sabrinas Jacke hindurch. Irgendwie beruhigend und erwachsen.
    Der erste Hauseingang war zugestellt mit Fahrrädern und Kinderwagen. Die Namensschilder waren kaum zu entziffern. Lukas drückte einen Knopf nach dem anderen. Es dauerte nicht lange, bis sich jemand meldete. Auch in diesem Haus war ein Günni nicht bekannt. Aber das hatte nicht viel zu bedeuten. Anders als in Leutesdorf schienen die Menschen hier nicht viel voneinander zu wissen. Lukas zog sie weiter zum nächsten Eingang. Ein junges Paar kam ihnen entgegen.
    »Entschuldigung, kennen Sie einen Günther?«
    Die Frau sah ihren Freund fragend an. Dann hob sie die Schultern.
    »Günni«, sagte Sabrina. »So ein richtiger Bär. Er hat mal im Hafen gearbeitet.«
    »Ach so, der!« Der Mann deutete mit dem Zeigefinger auf ein erleuchtetes Fenster im ersten Stock. »Da oben.«
    Die beiden zogen weiter. Lukas suchte das Klingelbrett ab.
    »Günther Rogge. Das muss er sein.«
    Günni hatte wohl nicht mit Besuch gerechnet. Er stand wie der vergessene Bauklotz eines Riesen im Türrahmen und schaute Sabrina verdutzt an, als sie das enge Treppenhaus nach oben gestiegen war.
    »Guten Abend. Erkennen Sie mich noch? Das ist übrigens Lukas Kreutzfelder.«
    »Guten Abend.« Lukas stellte sich neben sie.
    In diesem Moment war Sabrina sehr erleichtert, dass sie
ihn eingeweiht hatte. So ganz allein hätte sie sich wohl nicht hergetraut.
    »Keine Ahnung«, antwortete Günni. »Den da kenn ich nicht.«
    Er trug einen dicken Pullover und weite, ausgeblichene Jeans. Und er sah nicht so aus, als ob er an diesem Tag bereits die »Sonne« gesehen hätte. Mit dem Fuß schob er zwei Paar Schuhe zusammen, die nachlässig vor der Tür lagen. Er bekam wohl nicht oft unangemeldet Besuch, deshalb sah auch der Flur aus wie Kraut und Rüben. Zwei Einkaufstaschen mit leeren Pfandflaschen, Anglerstiefel für eine Frau oder ein Kind, so klein waren sie, und abgetretene Turnschuhe, in denen man Kahn fahren konnte.
    »Ich bin eine Freundin von Amelie Bogner. Sie erinnern sich?«
    »Na klar«, knurrte Günni. Er runzelte die Augenbrauen, was seinem Gesicht den Ausdruck eines zerknautschten Pappkartons verlieh. »Und was wollen Sie von mir?«
    »Ich möchte gerne mal mit Berti reden.« Sabrina versuchte, an Günnis breiter Gestalt vorbei einen Blick in die Wohnung zu werfen. Doch es gelang ihr nicht.
    »Der ist nicht hier.«
    »Wissen Sie, wo er sein könnte?«
    »Hab ihn schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Das sagt Willy auch.«
    »Tja. Tut mir leid.«
    Er wollte die Tür schließen, aber Lukas stellte schnell seinen Fuß in den Rahmen. »Haben Sie im Sommer ein Schiff gesehen?«, fragte er.
    »Meine Güte. Ich sehe viele Schiffe. Das ist nicht weit vom Hafen hier. Was soll das?«
    »An dem Tag, an dem Amelie

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