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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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wenigsten hatten ein Auge dafür. Alle strömten weiter in die herrschaftlichen, hohen Räume dahinter, in denen die besten Winzer der Region ihr Angebot aufgebaut hatten.
    Lukas stellte sich auf die Zehenspitzen, um den Stand seines Vaters zu entdecken. »Da!« Er deutete auf einen der größten und, wie Sabrina zugeben musste, schönsten im Saal.
    Auf alten Weinfässern brannten Kerzen und Kreutzfelder hatte sich eine nostalgische grüne Schürze umgebunden und schenkte gerade den ersten, jungen Wein des Jahres aus. Der leckere Geruch von Bratäpfeln und Flammkuchen stieg
Sabrina in die Nase. Ihr Magen knurrte, und sie war froh, dass Lukas, ohne viel zu fragen, einfach ein ganzes Weinfass für seine Gäste reservierte und wenig später mit einem riesigen Holzbrett voll von hauchdünnen, knusprigen Köstlichkeiten zurückkam, die gemeinsam mit Speck, saurer Sahne und Käse genau das waren, in das Sabrina sich in diesem Moment hätte hineinlegen können.
    »Danke!«, rief sie.
    Lukas strahlte. »Ich hol noch einen Wein. Wie viele sind wir? Vier? Bin gleich wieder da.«
    Beate drückte ihrem Großvater ein Stück Flammkuchen in die Hand und schaute Lukas hinterher. »Das ist ja endlich mal ein Kavalier, du scheues Reh.«
    Bestürzt sah Sabrina an sich herab und bemerkte, dass sie immer noch für jeden sichtbar das Lebkuchenherz um den Hals trug. Sie nahm es ab und legte es neben ihren Rucksack. In der Hoffnung, es einfach zu vergessen, wenn sie wieder gehen würde.
    Der Richter biss ein Stück von seiner Portion ab und sagte: »Er hat mal einen fast ersäuft.«
    Erst wusste Sabrina gar nicht, von wem er sprach. Beate, die auch gerade in ihren Flammkuchen beißen wollte, blieb der Mund offen stehen.
    »Weil der was mit seinem Mädchen hatte. Später hieß es, es wär ein Spiel gewesen. Aber er hat ihn fast ersäuft.« Mit tiefer Befriedigung biss der Richter wieder zu und kaute mit vollen Backen.
    Beate ließ ihr Stück sinken. »Lukas? Du meinst Lukas?«
    »Den Bengel vom Kreutzfelder meine ich. Damals hatte ich noch bessere Augen als heute. Hab es vom Alten Krahnen aus gesehen. Wie sie rausgeschwommen sind und er ihn untergetaucht hat. Das war kein Spiel. Ich hab’s genau gesehen.« Mit Zeige- und Mittelfinger deutete er auf seine Augen.
    »Was haben Sie gesehen?« Lukas war zurückgekehrt und stellte eine Flasche Wein und vier Gläser auf das Fass.

    »Wie du den Jungen damals fast umgebracht hast.«
    Mit Genuss schob sich der Richter den letzten Bissen in den Mund. Egal, wie gruselig die Geschichten waren, die er erzählte, den Appetit verdarben sie ihm offenbar nicht.
    »Ich hab ihn rausgezogen«, konterte Lukas ruhig und goss dem alten Herrn zuerst ein. »Ich war damals bei der Wasserwacht einer von den Rettungsschwimmern.«
    Der Richter tastete nach dem Glas. Beates Hand fuhr vor, schnell hatte sie es ergriffen und ihm gereicht. Niemandem außer Sabrina wäre aufgefallen, dass der Richter danebengezielt hätte.
    »Ja ja«, sagte er und kostete einen Schluck. »Das ist wie mit den Weinstöcken. Ein einziger schlechter verdirbt den ganzen Jahrgang.«
    »Und?« Lukas wartete mit einem amüsierten Lächeln, was der Richter nach dem ersten Schluck zu sagen hatte.
    »Gut. Ganz hervorragend. Das mit dem Wein habt ihr wenigstens im Griff.«
    Lukas nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. »Wenn ich Sie einen Moment mit den reizenden Damen allein lassen darf? Mein Vater braucht meine Hilfe.«
    Tatsächlich standen die Leute mittlerweile Schlange und drängelten sich um die Weinfässer, um noch einen Platz zu finden, an dem sie ihr Glas abstellen konnten. Lukas verabschiedete sich mit einem hastigen Nicken. Der Richter drehte sich um und tat so, als ob er das Geschiebe und Gewimmel um sich herum betrachten würde.
    »Sorry«, flüsterte Beate. »Aber wenn man sein ganzes Leben mit Verbrechern zu tun hatte, wird man vielleicht so.«
    »Oder mit Unschuldigen.«
    »Ja.« Beate schaute betrübt in ihr Weinglas. Sie hatte genau wie Sabrina kaum etwas getrunken. »Wobei ich glaube, dass es wohl doch mehr schwarze Schäfchen waren. Aber natürlich kann er nicht einfach deinen Freund beleidigen.«
    »Er ist nicht mein Freund. Nicht so.« Sabrina sah sich nach Lukas um. Er stand hinter der Theke und trug jetzt auch eine
dieser grünen Schürzen. »Aber ich glaube, er wäre es gerne. Obwohl ich nicht genau weiß, warum.«
    »Na sag mal, ihr beide seid doch sozusagen die Grand Crus von Leutesdorf.«
    »Und das macht aus uns

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