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Lilienblut

Lilienblut

Titel: Lilienblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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automatisch ein Paar?«
    Beate zog die Nase kraus. »Es gibt auch weniger gute Gründe, aus denen so was passiert. Gefühle zum Beispiel. Was ist damit?«
    Sabrina nahm eine liegen gebliebene Flammkuchenkruste vom Brett. Sie zerbrach sie in zwei Hälften, krümelte etwas damit herum und schob sich dann ein stecknadelkopfgroßes Stück in den Mund. »Weiß nicht«, murmelte sie.
    Beate hob die Augenbrauen. »Also ehrlich, ich hab nicht so viel Erfahrung in diesen Sachen. Aber egal ob im Fernsehen oder in Büchern, es geht doch immer um das berühmte Herzflattern. Das soll man angeblich spüren können. Ungefähr da, wo vor fünf Minuten noch dein Lebkuchendings hing. Wo ist es eigentlich?« Gespielt aufgeregt suchte sie über und unter dem Fass. »Ah! Na so was! Hier ist es ja. Nicht, dass du das schöne Teil noch vergisst.« Sie legte das scheue Reh direkt vor Sabrinas Nase.
    »Nein, wie süß!«
    Franziskas Wuschelkopf tauchte aus der Menge auf. Sie griff nach dem Herz und las laut vor, was darauf geschrieben stand. Sabrina wäre am liebsten im Erdboden versunken. »Von wem hast du das denn?«
    »Von mir.«
    Lukas kämpfte sich wieder zu ihnen durch, räumte leere Gläser von den Tischen und drückte Sabrina, ehe sie sich versah, einen Kuss auf die Wange. »Ich finde, das passt zu ihr.«
    »Ja.« Franziska legte das Herz wieder zurück. »Genau den Eindruck hatte ich während der Lese auch.«
    »Mama!«
    Langsam wurde Sabrina alles zu viel. Am liebsten wäre sie hinausgestürmt. Erst machte der Richter Andeutungen, die offenbar genauso an den Haaren herbeigezogen waren wie
alles andere, was er von sich gab. Dann blamierte sie dieses dämliche Zuckergussding bis auf die Knochen, und letzten Endes amüsierten sich auch noch ihre Mutter und Lukas gemeinsam auf ihre Kosten.
    Während Franziska Doberstein Beate und ihren Großvater begrüßte, rückte Sabrina ein paar Schritte von der Gruppe weg. Mit einem Mal fühlte sie sich verloren und allein. Amelie hätte sich niemals so ein Teil um den Hals hängen lassen. Völlig unvorstellbar! Amelie hätte gelacht und geflirtet und vermutlich sämtliche echten und gebackenen Herzen im Umkreis von zweihundert Metern gebrochen.
    »Komm, wir gehen ein paar Schritte.«
    Michael Gerber stand plötzlich neben ihr. Ohne auf die anderen zu achten, ging er voraus, und Sabrina folgte ihm.
    Draußen an der frischen Luft zog er den Reißverschluss seiner Daunenjacke zu und bot Sabrina seinen Arm an. »Ich kann verstehen, dass es manchmal schwer ist, wenn die anderen sich amüsieren«, sagte er. »Dann tut es gut, zu laufen und alles wieder zurechtzurücken.«
    Sie nickte und ging neben ihm her. Lachende Menschen kamen ihnen entgegen. Geschickt wich er ihnen immer wieder aus, bis sie an den Rand des Weihnachtsmarktes kamen, wo ein kleiner Wald aus geschlagenen Tannen darauf wartete, Stück für Stück in die Wohnzimmer zu verschwinden. Neben einem Ölfass, in dem glühende Scheite eine wohlige Wärme verbreiteten, stand eine Holzbank. Darauf setzten sie sich.
    »Deine Mutter hat mir gesagt, dass du stiller geworden bist.«
    Sabrina schwieg. Ihr war das nicht aufgefallen, also konnte sie auch nichts dazu sagen.
    »Hast du denn seit damals, als es passiert ist, mal mit jemandem gesprochen?«
    »Nein. Also ja. Mit der Polizei. Was passiert ist an dem Tag.«
    »Und sonst?«
    Sabrina schüttelte den Kopf.

    »Ich glaube, du kannst nicht abschließen, solange du nicht weißt, was deiner Freundin passiert ist. Ein halbes Jahr ist das jetzt her. Was ist, wenn sie es nie herausfinden?«
    Sabrina zuckte mit den Schultern.
    »Irgendwann musst du Abschied nehmen. Erst dann kannst du das Neue wieder in dein Leben lassen. Abschied nehmen bedeutet nicht, jemanden zu vergessen. Ganz im Gegenteil. Wenn man akzeptiert, dass ein geliebter Mensch nie mehr wiederkommt, dann schmerzt es sehr. So sehr, dass man es manchmal kaum ertragen kann. Aber eines Tages wird es besser.«
    Sabrina sah auf das Ölfass. Jemand hatte Löcher in die Seiten gebohrt, damit besser Luft an die Flammen kam. Sie konnte die Glut aufstieben sehen, als eines der Scheite zerbrach und nach unten kollerte.
    »Eines Tages wirst du an Amelie denken können wie an eine Freundin, die verreist ist. Du musst nicht mit mir darüber reden. Aber vielleicht gibt es ja etwas, das du gerne loswerden möchtest. Du kannst mir alles sagen. Egal, wie verrückt es klingt. Psychologen sind in dieser Hinsicht einiges gewohnt. Und sehr verschwiegen.«
    Er sah

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