Lilientraeume
meine Arme und …«
Interessiert zog Beckett seine Brauen hoch. »Ich meinte den Kuss aus eurer Kinderzeit.«
»Oh.«
»Macht nichts. Erzähl ruhig weiter.« Ryder war mit einem Mal ganz Ohr. »Du hast also das kleine rothaarige Energiebündel geküsst?«
»Wie gesagt, es passierte irgendwie ganz automatisch.«
»Macht man schließlich immer so, wenn eine Frau einen anrempelt.« Ryder feixte.
»Du kannst mich mal.«
»Muss ein echter Wahnsinns-Zufalls-Kuss gewesen sein«, hieb Beckett in die gleiche Kerbe. »Wenn ich bloß dran denke, wie du aussahst, als du mich endlich ins Zimmer gelassen hast.«
»Zum letzten Mal, ich war es nicht, der die Tür zugesperrt hat. Das war sie.«
»Unser Energiebündel?«
»Nein, nicht Avery. Elizabeth. Und dann hat sie gelacht.«
»Avery?«
»Nein!« Owen stapfte zwischen den Kistenstapeln hin und her wie ein gereizter Stier. »Elizabeth. Nachdem Avery verschwunden war, hat sie gelacht.«
»Warum ist Avery denn so plötzlich verschwunden? War sie sauer?«, fragte Beckett.
»Nein. Das heißt, ich weiß es nicht. Sie war irgendwie komisch. Keine Ahnung, warum. Wer will das bei Frauen schon wissen?«
»Da hat er nicht unrecht«, pflichtete ihm Ryder bei und schob die Daumen in die Taschen seiner Jeans. »Aber zurück zu unserem eigentlichen Thema. Hat sie dich zurückgeküsst? Das solltest selbst du gemerkt haben.«
»Ja, hat sie.«
»So ganz richtig? Erklär dich etwas genauer, wenn’s geht.«
»Meine Güte, Ry.«
»Du bist nicht der Einzige in der Familie, der detailversessen ist«, Ryder nickte Beckett zu. »Es war scheint’s eindeutig ein richtig erwachsener Kuss.«
»Hab ich das bestritten? Nein, und jetzt Schluss damit. Dann hat Beck gegen die Tür gehämmert, und mit einem Mal war alles aus und vorbei. Sie hat gesagt, sie will nicht, dass es seltsam zwischen uns wird – null Idee, was sie damit gemeint hat. Jedenfalls ist sie danach gleich weg.«
»Du bist ein Idiot.« Ryder schüttelte mitleidig den Kopf. »Trotz deiner unbestrittenen Intelligenz. Du bist schlau, Beckett ist nett, und ich bin attraktiv. Und jetzt stellst du dich plötzlich derart dämlich an. Du hast es total vermasselt, Mann.«
»Inwiefern bitte hab ich mich dämlich angestellt?«
Beckett hob die Hand. »Das kann ich dir sagen. Du küsst eine Frau, bis dir die Augen im Kopf nach hinten rollen, und ihr scheint es ebenfalls zu gefallen … Und am Ende stehst du da wie ein Holzklotz, als sie herauszufinden versucht, was das zu bedeuten hat. Du bist wirklich ein Idiot.«
»Ich dachte, sie wollte es vielleicht doch nicht wirklich …«
»Da gibt eine seit Jahrhunderten tote Frau deiner Exfreundin einen so kräftigen Schubs, dass sie geradewegs in deine Arme fällt, schließt noch die Tür für euch ab, und du verstehst diesen Wink des Schicksals nicht. Allerdings ist die Geschichte in der Tat ziemlich seltsam.«
»Ry, hör auf damit. Sie ist keine Exfreundin. Höchstens eine Sandkastenliebe, wenn du so willst.«
Ryder legte kumpelhaft die Hand auf Owens Schulter. »Vielleicht denkt sie anders darüber. Und wenn du nicht willst, dass das Ganze noch seltsamer wird, solltest du mit ihr darüber reden.«
»Mit einem hat Avery eindeutig recht«, meinte Beckett. »Unser Geist begünstigt romantische Gefühle. Ich hab Clare ebenfalls zum ersten Mal in diesem Haus geküsst – und irgendwie kam es mir vor, als sei das Lizzys Werk gewesen. Oder zumindest zum Teil.«
»Vielleicht solltest du mal mit ihr sprechen, damit sie diese Kuppelei in Zukunft lässt.«
»Wie naiv bist du eigentlich? Einer Frau aus Fleisch und Blut Vorschriften zu machen ist schon so gut wie unmöglich – bei einem weiblichen Geist kämpfst du vermutlich vollends auf verlorenem Posten. Nein, halt dich lieber an Avery und rede mit ihr, genau wie Ry gesagt hat. Und zwar möglichst schnell.«
Er hatte gar nicht wirklich vor, ihr aus dem Weg zu gehen. Was im Übrigen in diesen letzten Wochen vor der Eröffnung des BoonsBoro Inn gar nicht möglich gewesen wäre. Sie begegneten sich praktisch ständig. Entweder weil Avery im Hotel vorbeischaute oder half oder weil er zum Essen ins Vesta ging.
Allerdings trafen sie sich absichtsvoll immer unter Bedingungen, die kein Gespräch erlaubten. Meist war ein halbes Dutzend anderer Leute in der Nähe, oder alle paar Minuten kam jemand mit einer Frage daher. Deshalb tat Owen einfach so, als sei nichts geschehen. Verhielt sich keinen Deut anders als früher. Und da Avery sich ähnlich
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