Lilienzucht (German Edition)
meint Victor am anderen Ende der Leitung lapidar, „genau genommen in keinem Fall, aber wir lassen das jetzt mal beiseite. Heute geht es um etwas anderes. Justin hat mich nämlich vorhin angerufen, weil er dich nicht erreichen konnte.“
„Justin?!“, fragt Josie verständnislos in den Hörer und überlegt kurz. „Oh, kann sein, es gab Probleme mit dem Kopierer, wahrscheinlich hab ich bei dem Lärm das Handy nicht gehört...“
„Dann solltest du dir angewöhnen, nach solchen Vorkommnissen kurz zu kontrollieren, ob Nachrichten eingegangen sind.“, schlägt Victor ernst vor, lässt sie jedoch nicht weiter zu Wort kommen. „Justin musste Eleonora ins Krankenhaus fahren, ihre Fruchtblase ist geplatzt.“
„Oh!“, macht Josie und schnappt aufgeregt nach Luft. Ihr Puls schnellt plötzlich in die Höhe, während ihre Gedanken Purzelbäume schlagen. „Wo bringt er sie hin?“, hakt sie schließlich nach. „Soll ich gleich nachkommen?“
Victor kichert leise in den Hörer. „Beruhig dich erst mal, Kleines. Weder Mutter noch Kinder sind in Gefahr und es wird sicher noch dauern, bis die Kleinen auf der Welt sind. – Justin hat sie ins St. Mary’s gebracht, sie ist dort in den besten Händen. Mach dir also keine Sorgen. Justin hat gesagt, er ruft dich an, sobald die Kinder da sind. – Aber mach dir keine Hoffnungen, aller Erfahrung nach wird das nicht vor morgen Früh der Fall sein.“
„Meinst du?“, wirft Josie skeptisch ein.
„Ja, das tue ich.“, gibt Victor ruhig zurück. „Mach dir keine Gedanken; du könntest sowieso nichts tun. Das Einzige wäre vielleicht, Justin später am Abend noch eine aufmunternde SMS zu schreiben; der Gute wird heute Nacht sicher kein Auge zu tun.“
„Na gut, wenn du meinst... Vielen Dank für den Anruf.“
„Gern geschehen, meine Liebe. Wir sprechen später noch miteinander, bis dann.“, sagt Victor noch, dann legt er auf.
Josie kann gerade noch ein „Bis dann“ in den Hörer hauchen, bevor sie es Tuten hört, dann lässt sie das Telefon mit einem ziemlich perplexen Gesichtsausdruck sinken.
„Alles in Ordnung?“, holt Flora sie aus ihren Gedanken, urplötzlich wie aus dem Nichts erschienen und offensichtlich vor Neugier beinahe platzend.
„Ja, ja“, antwortet Josie ein wenig abwesend, „ich denke schon. Meine Schwägerin scheint gerade ihre Zwillinge zu bekommen.“
„Oh, herzlichen Glückwunsch, dann wirst du ja Tante.“, meint Flora fröhlich.
„Ja... stimmt.“, gibt Josie zurück, während sich langsam ein Lächeln in ihrem Gesicht ausbreitet.
Etwas mehr als 24 Stunden später beendet Josie erneut ein Gespräch auf ihrem Handy, diesmal ist das Lächeln in ihrem Gesicht sogar noch breiter.
„Und?“ fragt Flora Carter neugierig, während sie sich grinsend vor der Empfangstheke aufbaut. „War das jetzt der heiß ersehnte Anruf?“
„Ja.“, antwortet Josie fröhlich. „Die Zwillinge sind gerade per Kaiserschnitt geholt worden. Mutter und Kindern geht es prächtig, nur der Vater scheint ein wenig überfordert.“
„Soll vorkommen.“, meint Flora zwinkernd. „Bestell deiner Schwägerin alles Gute, wenn du hin fährst. – Willst du eigentlich heute früher gehen?“
Josie schaut ihre Kollegin einen Moment lang ungläubig an, dann schüttelt sie den Kopf. „Das wird nicht nötig sein. Es dauert ohnehin noch, bis ich die drei besuchen darf. Ich denke, es reicht, wenn ich heute Abend hinfahre.“
„Wie du meinst.“ Flora zwinkert ihr noch einmal zu. „Aber ich will Montag einen ausführlichen Bericht, hörst du?“
„Aye, Madam!“, salutiert Josie scherzhaft und lacht.
„Das will ich auch meinen.“, lacht Flora zurück und begibt sich eilig wieder in ihr Vorzimmer, wo das Telefon gerade Amok zu laufen scheint.
Sie schließt gerade die Bürotür hinter sich, da klingelt Josies Handy erneut.
Einen Augenblick wundert sie sich über die unbekannte Nummer auf dem Display, doch dann nimmt sie ab, darauf gefasst, dass es vielleicht aus der Klinik sein könnte.
„Mountsimmons?“
„Guten Tag, Mylady.“, meldet sich eine vertraute Stimme. „Und herzlichen Glückwunsch zu ihren Zwillings-Nichten.“
„Danke, Mary“, antwortet Josie verdutzt, „dir auch einen schönen Tag. Aber wie kommt es, dass du meine Nummer hast? Ist etwas passiert?“
„Nein, keine Sorge, Mylady.“, lacht Mary. „Es ist alles in Ordnung. Lord Croydon hat mich nur gebeten, Bescheid zu geben, dass er Sie nach der Arbeit abholen wird, um mit Ihnen
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