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Lilienzucht (German Edition)

Lilienzucht (German Edition)

Titel: Lilienzucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Röbke
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gibt sie leise zu. „Bei mir würde er offene Türen einrennen. Aber ich weiß nicht, wie viel ich in seine Handlungen hineininterpretieren darf; ich kann nicht sagen, ob er tatsächlich mehr will...“ Ein tiefer Seufzer entrinnt ihrer Kehle. „Manchmal kommt er mir vor wie ein Buch mit sieben Siegeln.“
    Mary lächelt plötzlich sanft. „Ach, Mylady, es reicht mir schon, wenn Sie ihn nicht einfach abblitzen lassen.“
    Josie senkt verlegen den Kopf. „Als ob ich das könnte!“, sagt sie leise. „Ausgerechnet ich.“
    „Wie dem auch sei, wir sollten allmählich weiter machen“, wechselt Mary abrupt das Thema, „sonst kommen wir doch noch in Teufels Küche.“ Noch einmal senkt sie die Stimme zu einem Flüstern. „Wir können ein anderes Mal darüber diskutieren.“
     
    Als sie endlich fertig sind, ist Josie so entspannt, dass es schon an Müdigkeit grenzt; allerdings hindern die Zehn-Zentimeter-Absätze an den schwarzen Schuhen, die sie mittlerweile trägt, sie daran, sich dem trägen Wohlgefühl hinzugeben, denn jede Unachtsamkeit hätte unweigerlich einen Sturz zur Folge. Leise seufzend betrachtet sie sich im Spiegel und lässt das große, dunkelrote Seidentuch, das Mary ihr als einziges Kleidungsstück umgebunden und im Nacken geknotet hat, sachte um ihren Körper wehen. Eigentlich wirkt es auf den ersten Blick nicht unbedingt sexy, zumal es ihre Figur nur sehr zart erahnen lässt, doch darunter fühlt Josie sich nackter als in dem freizügigsten Kostüm.
    „Bereit?“, fragt Mary leise.
    Josie muss sich räuspern. „Ähm, ja.“, meint sie und begibt sich bereits zu der geheimen Tür, als ihr plötzlich siedendheiß ihr Halsband einfällt.
    „Oh, halt!“, ruft sie und stolpert eilig zum Bett zurück, um das Kästchen, in dem es sich befindet, in beide Hände zu nehmen. Erleichtert atmet sie auf. „In Ordnung“, sagt sie, „ jetzt bin ich soweit.“
     
    Behutsam, aber ohne ein einziges Wort zu sprechen, führt Mary sie nun durch den Geheimgang zum Spielzimmer, sodass nur die klappernden Absätze und ihr hallendes Echo auf dem harten Boden zu hören sind. Alle Trägheit ist auf einen Schlag aus Josies Körper verschwunden. Stattdessen hüpft ihr Herz aufgeregt in ihrem Brustkorb auf und nieder ... und sie fragt sich ernsthaft, ob es Angst oder Vorfreude ist... Oder gar eine höchst eigenartige Mischung aus beidem?
    Es ist Jeffrey, der auf Marys Klopfen hin die schwere Tür öffnet und sie hinein lässt. Lord Croydon sitzt, nur mit einer Lederhose bekleidet, auf seinem Thron und winkt Josie zu sich heran. Mit einer kleinen Geste bedeutet er ihr, auf dem Kissen zu seinen Füßen Platz zu nehmen. Josie lässt sich nicht zwei Mal bitten. Ein wenig hilflos schaut sie zu ihm hoch, denn aufgrund des Schatzkästchens in ihren Händen, kann sie die Arme nicht hinterm Rücken verschränken.
    Victor lächelt ihr kurz zu und winkt dann Mary heran.
    „Gib Mary die Kiste!“, sagt er, als das Mädchen nah genug ist.
    Josie tut ungehend wie ihr geheißen und nimmt gleich darauf die Arme wie beim letzten Mal hinter den Rücken. Victor lächelt wohlwollend.
    Behutsam öffnet er das Kästchen und nimmt das lederne Halsband heraus, um es Josie anzulegen. Augenblicklich fängt ihr Herz an zu rasen.
    Victor streicht ihr mit einer Hand beruhigend übers Haar, während er mit der anderen die Kiste wieder schließt und sich dann an Mary wendet.
    „Bring das bitte wieder in das Zimmer der Jungfer!“
    „Ja, Mylord.“, gibt Mary eilig zurück. „Sonst noch etwas, Mylord?“
    „Nein“, antwortet Victor ruhig. „das war alles. Du und Jeffrey, ihr könnt wieder an eure Arbeit gehen.“
    „Sehr wohl, Mylord.“, kommt es beinahe synchron von den Beiden und sie entfernen sich ebenso schnell wie leise aus dem Raum.
     
    Für einen langen Moment ist es so still im Spielzimmer, dass man jedes noch so kleine Atemgeräusch hören kann und Josie schluckt schwer an ihrem eigenen, plötzlich entsetzlich zähflüssigen Speichel.
    Victor erhebt sich kommentarlos und dreht sich erst zu ihr herum, als er von dem Podest herunter ist. Lächelnd schaut er Josie an, die ihm ein wenig hilflos hinterher blickt.
    „Gib mir deine Hände und komm!“, fordert er sanft.
    Langsam führt er sie in die Mitte des Raumes und schließt sie dort zärtlich in seine Arme. Josie atmet unwillkürlich auf.
    Victor kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Er schnippt mit den Fingern und plötzlich ertönt Musik aus verborgenen Lautsprechern.

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