Lilienzucht (German Edition)
übrigens vermutet, dass deine Hemmschwellen noch wesentlich höher sind. Bei englischen Ladys muss man diesbezüglich auf einiges gefasst sein.“ Er lacht leise und Josie muss unwillkürlich einstimmen, ... es ist ziemlich offensichtlich, an wen beide dabei denken.
Eine Weile genießen sie schweigend das Essen und Victor beobachtet belustigt, wie es in Josies Hirn anfängt zu arbeiten. Geduldig wartet er, bis sie schließlich seinen Blick sucht und ihn ein wenig schüchtern anlächelt, die Neugier jedoch unübersehbar in den schokoladenbraunen Augen.
„Hm“, überlegt sie laut und zieht die Stirn ein klein wenig kraus, „eigentlich hätte ich auch selbst drauf kommen können, dass Jeffrey und Mary...“
„Warum?“, unterbricht Victor interessiert.
Josies Wangen verfärben sich wieder einmal rosa. „Na ja, du hast doch darauf bestanden, dass Jeffrey einen genauen Blick auf meinen Rücken werfen kann.“
Victor versteht immer noch nicht. „Ja, und?“, hakt er nach.
„Nun“, erklärt sie, „Mary hat erwähnt, dass ihr Freund sie ständig zu überreden versucht, sich ein Tattoo stechen zu lassen und dass sie sich nicht traut. Eigentlich hätte ich zwei und zwei zusammenzählen können...“ Verlegen und beinahe flüsternd fügt sie hinzu: „Wenn ich denn noch genügend Denkkapazität übrig gehabt hätte...“
„Ach so.“ Victor muss plötzlich grinsen. „Nun, Mary ist im Grunde eine Frau, die so schnell nichts aus dem Konzept bringt und wenn man es genau nimmt, kann sie auch eine ganze Menge wegstecken, bezüglich Schmerzen meine ich, ... aber wenn es um Nadeln geht, dann löst sich der ganze Mut, den sie normalerweise an den Tag legt, plötzlich in Luft auf. Du hättest sie bei der letzten Tetanus-Spritze erleben sollen.“
„Oh!“, macht Josie überrascht. „Na ja, jeder hat halt seine Schwachstellen... Abgesehen davon finde ich allerdings, dass es durchaus für Jeffrey spricht, dass er mit ihr zusammen ist.“
„Mag sein“, meint Victor und grinst noch ein wenig breiter, „aber er hat sage und schreibe sechs Jahre gebraucht, bis er endlich was mit ihr angefangen hat ... und ich weiß nicht, ob sie heute tatsächlich zusammen wären, wenn ich zum Schluss nicht ein klein wenig nachgeholfen hätte. Der gute Jeffrey hält nämlich rein gar nichts von Affären am Arbeitsplatz.“
„Na ja, grundsätzlich ist das ja keine gänzlich verkehrte Einstellung.“, findet Josie, doch Victor winkt leise brummend ab.
„Aber heutzutage völlig übertrieben.“, findet er. „Außerdem war – jedenfalls für mich – von Anfang an vollkommen offensichtlich, dass Mary zu 100% in sein Beuteschema passt ... und das nicht nur äußerlich. Allerdings gebe ich zu, dass es natürlich eine ganze Weile gedauert hat, bis er sie gut genug kannte, um das beurteilen zu können. Er ist ja nicht unbedingt ein kommunikativer Typ.“
Als der Rolls Royce am Abend schließlich vor Josies Haus steht und sie sich für heute voneinander verabschieden, weiß sie eine ganze Menge mehr über den wortkargen Butler und sein Verhältnis zu Victor, auch wenn ihr mehr als bewusst ist, dass Victor mit Absicht einige Details im Dunklen hat liegen lassen. Josie ist jedoch dankbar für Victors Offenheit und fragt nicht weiter nach; sie geht einfach davon aus, dass sie diese Dinge früher oder später noch erfahren wird.
Stattdessen schießt ihr plötzlich eine andere ungeklärte Frage durch den Kopf.
„Wann sollte ich eigentlich morgen spätestens aufstehen?“, möchte sie wissen.
Victor hat wieder dieses verschmitzte Grinsen im Gesicht. „Du brauchst den Wecker nicht stellen.“, meint er. „Schlaf in Ruhe aus, ich wecke dich schon, wenn es nötig sein sollte.“
Einen Moment sieht Josie ihn noch fragend an, dann zuckt sie resignierend die Schultern, wohl wissend, dass sie keine präziseren Angaben aus ihm herausbekommen wird.
„Na gut, bis morgen dann.“, sagt sie und wendet sich zum Gehen.
„Ja, bis morgen“, gibt Victor mit einem nun sehr warmen Lächeln zurück, „schlaf gut.“
Josie ist bereits an der Wagentür und wundert sich für den Bruchteil einer Sekunde, warum Jeffrey die Tür noch nicht öffnet, doch da hält Victor sie noch einmal zurück.
Josie dreht sich ihm wieder zu und fragt sich unwillkürlich, ob das eine Macke von ihm ist, ihr im letzten Moment noch wichtige Details zu offenbaren ... und dass es sie eigentlich langsam nicht mehr überraschen sollte. Fragend schaut sie ihn an.
„Bevor
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