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Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)

Titel: Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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benommen nach hinten taumelte. Der Chor der Dämonen stieß, erzürnt über Grigores Drohung, hysterische Schreie aus und sie riefen Lilith in ohrenbetäubender Lautstärke zu: Töte ihn! Töte ihn!
    Für einen Moment war sie versucht, ihrem Wunsch zu folgen. Es hätte alles so viel einfacher gemacht: Die Vanator wären ihres starken Anführers beraubt, die Vampire vorerst in Sicherheit und die Nocturi brauchten sich nicht zu sorgen, dass die Vanator ab sofort Jagd auf sie machten. Lilith bekam die Gelegenheit, durch eine einzige Tat viele Leben zu retten. Leben, die es wert waren, sie zu beschützen. Sie musste dafür lediglich eine von Hass zerfressene Seele auslöschen.
    Doch dann erinnerte sie sich ihrer eigenen Worte …
    »Und ich würde niemals jemanden töten, auch nicht für eine scheinbar gute Sache«, wiederholte sie leise. »Denn als Todesfee weiß ich, dass das Kostbarste, was ein Wesen besitzt, das Leben ist.«
    »Grigore?«, rief der misstrauisch gewordene Vanator. Er hatte sich schon überraschend weit nach vorne gekämpft und musste nur noch drei oder vier Reihen überwinden. Auch hinter ihm schien Bewegung in die Männer zu kommen, offenbar ließ die Benommenheit schneller nach, als Lilith sich erhofft hatte.
    »Halte sie auf, Petre!«, brüllte Grigore. »Mach einen deiner Distanzschüsse und knall diesen langhaarigen Teufel ab!«
    Lilith zögerte nicht länger, drehte sich um, sprang in das Wasserbecken und tauchte in die Tiefe.
    Schon nach wenigen Zügen erkannte Lilith, dass Vadims Plan zwei elementare Schwachpunkte besaß: Das Wasser war derart kalt, dass es ihre Glieder lähmte, und das Licht aus dem Höhlenraum reichte nur wenige Meter in die Tiefe. Wie sollte Lilith einen Durchgang im Fels finden, wenn sie nicht einmal die Hand vor Augen sehen konnte? Leider konnte Vadim sie nicht führen, da luftige Geistwesen wie er das kühle Nass angeblich grundsätzlich mieden.
    Sie strampelte auf der Stelle und fuhr mit den Fingern die scharfkantige Felswand ab. Luftblasen strichen an ihrer Nase und Stirn vorbei an die Wasseroberfläche und sie fragte sich, wie weit Petres Kugeln sich wohl durch das Wasser graben konnten. Hastig tastete sie sich an der Steinwand nach unten, der Druck auf ihren Ohren verstärkte sich. Mit schlagenden Fußbewegungen versuchte sie ihren Körper daran zu hindern, nach oben zu treiben. Wie lange konnte sie wohl noch die Luft anhalten? Vielleicht eine Minute? Ein brennender Schmerz fuhr in ihre vor Kälte fast tauben Finger – sie musste sich die Haut am spitzen Gestein aufgerissen und sich einen tiefen Schnitt eingefangen haben. Aber Lilith konnte nicht einfach aufgeben, sie war unter Wasser gefangen. Wenn sie den Durchgang nach Chavaleen nicht fand, blieb ihr lediglich die Wahl zwischen dem Tod durch die Vanator oder dem Tod durch Ertrinken …
    Sie zog das Amulett unter ihrem T-Shirt hervor, aber im Wasser reichte der schwache Schein nur dafür aus, die Finsternis direkt vor ihrem Gesicht zu vertreiben. Unwillkürlich kamen die Erinnerungen an den Teufelstopf zurück, wie sie damals in die Tiefe des Weihers abgetaucht war und sich ihre Lungen mit eisigem Wasser gefüllt hatten. Liliths Herzschlag beschleunigte sich noch einmal und ihre Angst wurde so übermächtig, dass sie am liebsten sofort aufgetaucht wäre, völlig gleichgültig, ob die Vanator sie dort mit gezückten Waffen erwarteten.
    Bleib ruhig!, ermahnte sie sich selbst. Was hatte Mildred während der Unterrichtsstunden immer wie ein Mantra wiederholt?
    »Das Wasser ist nicht dein Feind«, rief sie Lilith stets über die Wellen hinweg zu. »Du musst es nicht schlagen und treten! Lass dich von der Strömung treiben!«
    Genau, die Strömung! Lilith fiel ein, dass Vadim von der Strömung eines unterirdischen Flusses gesprochen hatte. Obwohl ihre Instinkte heftig dagegen protestierten, zwang sie sich, ihre hektischen Schwimmbewegungen einzustellen und sich einen Moment lang ruhig im Wasser treiben zu lassen. Spürte sie nicht einen leichten Zug an ihrem linken Bein? Sie tastete sich in diese Richtung weiter und tatsächlich wurde der Sog immer stärker. Schließlich entdeckte sie ein Stück unter sich einen Lichtschimmer. Hatte Vadim ihr bei der Ausarbeitung ihres Plans nicht erzählt, dass sich auf der anderen Seite ein Anlegesteg befand, der durch seine schöne Beleuchtung ein beliebter Treffpunkt für Liebespaare war? Aufgeregt glitt sie auf den Lichtschimmer zu und stieß auf einen Durchgang im Felsgestein.

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