Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
und die Idee, André nach Bonesdale zu bringen, konnte vielleicht seine Rettung bedeuten.
André und Rebekka fochten einen stummen Kampf mit den Augen aus, doch schließlich gab er sich geschlagen.
»Okay, ich werde mit euch nach draußen kommen, dort müssen wir dann den schnellsten Weg nach Bonesdale nehmen. Der ist eigentlich gefährlich, aber unter den gegebenen Umständen gibt es wohl keinen ungefährlichen Weg.«
Er zog sein Funkgerät aus der Tasche und kontaktierte eine gewisse Eva. Lilith glaubte sich daran zu erinnern, dass so die Frau hieß, der sie bei ihrer Ankunft im Wald begegnet waren. Er gab ihr die Anweisung, oben beim Lift auf sie zu warten und jemanden damit zu beauftragen, das alte Portal zu öffnen.
»Das alte Portal?«, hakte die Frauenstimme aus dem knackenden Lautsprecher nach.
»Ja!«, bestätigte André. »Es ist dringend.«
Er steckte das Gerät wieder ein. »Keine Sorge, das war eine sichere Verbindung, die nur der Amulettträger im Notfall benutzen darf. Nikolai sollte davon nichts mitbekommen haben. Los, beeilen wir uns!«
Matt und Rebekka stützten André zu beiden Seiten, damit sie schneller vorankamen, und Lilith klemmte sich Strychnin unter den Arm.
»Das ist demütigend, Eure Ladyschaft«, beschwerte er sich zappelnd. »Ich will nicht von meiner Herrin durch die Gegend geschleppt werden!«
»Dann musst du dir längere Beine besorgen oder einen kleineren Bauch«, ächzte Lilith, während sie die Gänge und Stollen entlanghetzten. Ihr Körper war nach wie vor geschwächt und noch nicht bereit für solche Anstrengungen.
Sie kamen an den Wohnhöhlen vorbei, vor denen sich nach dem Alarmsignal die besorgten Einwohner mit ihren Familien versammelt hatten, tuschelnd beieinanderstanden und ihnen erstaunte Blicke zuwarfen. Wahrscheinlich wirkte es nicht gerade beruhigend auf sie, ihren derzeitigen Anführer, offensichtlich krank und von den Gästen aus Bonesdale gestützt, in Richtung Ausgang laufen zu sehen. Da half es auch nicht, dass André ihnen immer wieder zurief: »Alles in Ordnung, macht euch keine Sorgen, es ist nur eine Übung!«
An seiner ungesunden Gesichtsfarbe und den Haaren, die ihm auf der feuchten Stirn klebten, erkannte man leider sofort, dass dies nicht nur Teil einer harmlosen Katastrophenübung war. Als sie endlich das Tor erreichten, waren die Flügel schon geschlossen und die Wächter gerade dabei, es von innen zu verrammeln.
»Stopp!«, rief André. »Wartet einen Augenblick. Wir müssen dringend nach draußen, lasst uns durch!«
Die Wächter warfen sich unschlüssige Blicke zu, doch nur einer von ihnen wagte es, dem zukünftigen Amulettträger zu widersprechen: »Aber laut Vorschrift müssen wir …«
»Ich kenne die Vorschriften sehr gut, denn ich bin hier der Anführer!«, bluffte André ihn an. Trotz seiner Schmerzen stand er völlig aufrecht da und funkelte den Wächter mit herrischer Miene an. »Deswegen weiß ich auch, dass meine Anweisungen trotz des Alarms oberste Priorität haben. Und ich befehle euch hiermit, das Tor für uns zu öffnen!«
Der Wächter kratzte sich zweifelnd am Kopf. »Ich bin mir relativ sicher, Herr, dass wir bei Alarmstufe Gelb niemanden mehr passieren lassen dürfen, nicht einmal …«
»Wird’s bald!«, brüllte André ihn an, dann wandte er sich an Rebekka. »Hast du etwas zu schreiben dabei? Ich möchte mir den Namen und die Dienstnummer dieses inkompetenten Tortrolls in Uniform notieren.«
»Ich schätze, wir können eine Ausnahme machen«, beeilte sich der Wächter ihm zu versichern. »Auf, Männer!«
Alle liefen gleichzeitig los und lösten die notwendigen Mechanismen aus, sodass sich einer der Torflügel innerhalb weniger Sekunden einen Spaltbreit öffnete. Sie schlüpften hindurch und das Tor fiel hinter ihnen donnernd ins Schloss.
»Ein guter Mann!«, lobte André den widerspenstigen Wächter. Die Anstrengung seines gerade absolvierten Auftritts stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben und er stützte sich wieder schwer auf Matts und Rebekkas Schultern. »Er kannte als Einziger die Vorschriften.«
»Er hatte recht mit seinem Einwand?«, entfuhr es Lilith überrascht. André hatte so überzeugend gewirkt, dass sogar sie ihm geglaubt hatte.
»Irgendwie musste ich euch doch aus Chavaleen herausbekommen, oder?«
»Das ist mein Junge!«, kommentierte Vadim stolz.
Sie fuhren mit dem Lift nach oben, wo Eva, die das Außenteam der Wächter leitete, sie schon erwartete. Tatsächlich handelte es sich um die
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