Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
»Was ist los, Lilith? Du machst ein Gesicht, als ob jemand gestorben wäre.«
»Die Dämonen sind durch das Schattenportal gekommen«, flüsterte sie mit erstickter Stimme. »Sie haben einen Weg gefunden, nach Bonesdale zu gelangen. Wenigstens konnten sich alle Bewohner rechtzeitig in Nightfallcastle in Sicherheit bringen.«
Schlagartig wurde Matt bleich. »Was? Aber … das ist doch nicht möglich«, stammelte er ungläubig. Dann packte er sie ungewohnt heftig an den Schultern. »Was ist mit meiner Mutter? Hast du nach ihr gefragt? Haben sie daran gedacht, meine Mutter zu holen?«
Lilith schluckte schwer und wusste nicht, was sie ihm antworten sollte. An Matts Mutter hatte sie bisher keinen Gedanken verschwendet, dabei war Eleanor als Außenstehende, die von der Welt der Untoten keine Ahnung hatte, in noch größerer Gefahr als alle anderen.
»Emma hat sich bestimmt um sie gekümmert«, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. »Außerdem meinte sie, dass alle unverletzt seien.«
Doch Matt war nicht mehr zu bremsen. »Ja, alle von euch! Aber meine Mutter haben sie wahrscheinlich einfach in ihrem Haus zurückgelassen, oder? Weil es euch wichtiger ist, euch an euer verdammtes Verschwiegenheitsabkommen zu halten!«
Noch nie hatte sie Matt derart aufgebracht erlebt. »Ich verstehe, dass du um deine Mutter besorgt bist, aber ich muss dich daran erinnern, dass ich das Abkommen selbst übertreten habe, als ich dich eingeweiht habe«, widersprach sie empört. »Mir würde es nie in den Sinn kommen, deine Mutter nur wegen dieser Vorschriften einer Gefahr auszusetzen. Ich gebe zu, ich habe vergessen, Emma am Telefon nach ihr zu fragen, aber unser Gespräch war kurz und ich stand nach dieser Nachricht etwas unter Schock.«
Matt stieß die Luft aus, sah zu Boden und nickte dann. »Du hast recht«, lenkte er ein. »Es tut mir leid, dich trifft keine Schuld! Aber mich schon, denn es ist meine Aufgabe, auf sie aufzupassen. Meine Mutter hat keine Ahnung, in was für einem gefährlichen Dorf wir leben, und ausgerechnet jetzt, wo es ernst wird, bin ich nicht für sie da.« Er warf einen flehentlichen Blick auf das Portal. »Warum öffnet es sich denn nicht endlich?«
»Unsere Seite ist betriebsbereit«, informierte ihn Eva, die gerade geschäftig an ihnen vorüberlief. »Sobald Bonesdale sein Portal aktiviert, wird der Strudel erscheinen. Hoffen wir, dass es bis dahin weiterhin so ruhig bleibt. Bisher konnten meine Leute keinen einzigen Vanator sichten.«
Lilith betete, dass Emma, Regius und Mildred schon in der Nähe des Portals waren und es ungehindert öffnen konnten.
»Lilith? André will dich sehen.« Rebekkas Stimme klang so panisch, dass Matt und Lilith alarmiert aufhorchten und sofort zu ihr eilten.
Vadim schwebte neben seinem Sohn und selbst im Halbschatten konnte Lilith seinen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck ausmachen.
»Mein Junge, mein armer Junge …«
Mittlerweile konnte Lilith bei André das Todesmal deutlich erkennen.
Rebekka kniete neben ihm auf dem Boden und klammerte sich so fest an seine Hand, als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen. »Du musst noch ein bisschen durchhalten, bitte!«
Er atmete so angestrengt, als läge ihm ein schweres Gewicht auf der Brust. »Ich hätte nicht gedacht, dass mir überhaupt so viel Zeit bleibt«, stieß er keuchend hervor. »Beim letzten Thronanwärter hat es von der Erwärmung des Amuletts bis zur Pulverisierung nur wenige Augenblicke gedauert, allerdings hat das Amulett ihm auch drei Tage mehr gewährt als mir.« Er sah auf den Anhänger, der mittlerweile wie ein Feuerball glühte. »In einem Punkt hat Nikolai recht: Dieses Ding ist Schrott!«
»Nein, ich lasse nicht zu, dass du stirbst!« Rebekka schüttelte störrisch den Kopf.
André hob mühsam die Hand und streichelte über ihre tränennasse Wange. »Es tut mir so leid, Bekky! Deswegen wollte ich abwarten, bis das Amulett die Entscheidung getroffen hat. Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass du mir deinen ersten Kuss schenkst.«
Obwohl Lilith sich ihm zuliebe zusammenreißen wollte, traten auch ihr die Tränen in die Augen. Seit sie Nikolais und Belials Gespräch belauscht und sich das Amulett um Andrés Hals erwärmt hatte, wusste sie zwar, dass er in Lebensgefahr schwebte, doch erst in diesem Moment wurde ihr klar, dass André tatsächlich sterben würde. Es gab keine Rettung mehr, das war kein Spiel, in dem die Guten immer siegten. Matt zog sie an sich und streichelte tröstend über ihren
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