Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
ihre Erleichterung nicht lange: Durch die Heckscheibe sah sie, wie ihnen der Vanator in einem grauen, mit Rostflecken übersäten Fiat folgte, und er war anscheinend nicht gewillt, sich abhängen zu lassen.
»Und was machen wir jetzt?« Insgeheim ertappte sie sich bei der Frage, wie schnell man wohl das transportable Portal aus dem Kofferraum holen und aufbauen könnte. Anscheinend waren Mildreds Befürchtungen und ihre Angst um Liliths Leben doch nicht so absurd gewesen.
»Wir versuchen, ihn abzuschütteln und dann direkt vor unseren Höhleneingang zu fahren«, erklärte André, während er immer wieder in den Rückspiegel sah. »Da man uns dabei beobachten könnte, gehen wir so ein Risiko nur im Notfall ein, aber …«
»Heute ist ein Notfall!«, beendete Rebekka entschlossen seinen Satz.
Er drückte aufs Gas und fuhr in halsbrecherischem Tempo die gewundene Straße hinauf. Matt starrte besorgt aus dem Fenster, da neben ihm ein tiefer Abgrund klaffte.
»Was machst du denn?«, rief Lilith.
André war gerade um eine scharfe Kurve gebogen und schien die Kontrolle über das Auto zu verlieren, denn er steuerte direkt auf eine Baumgruppe zu, die die Straße säumte.
»Pass auf!«, brüllte Matt.
Doch André riss weder das Lenkrad herum, noch machte er Anstalten, abzubremsen. War er verrückt geworden? In wenigen Sekunden würden sie auf die Bäume prallen und bei ihrer Geschwindigkeit wäre dies ihr sicherer Tod! Lilith kniff die Augen zusammen, ihre magischen Sinne schlugen Alarm. Irgendetwas stimmte hier nicht …
»Die Bäume sind eine Illusion!«, erklärte André knapp. »Dort ist in Wahrheit eine Haltebucht. Wenn alles gut geht und der magische Schild stabil bleibt, kann uns Malo nicht entdecken.«
Tatsächlich tauchte ihr Wagen wie von Zauberhand in die Baumreihen ein, ohne abgebremst zu werden.
»Irre!«, flüsterte Matt.
André stellte den Motor ab und alle hielten gespannt den Atem an. Wenige Sekunden später sauste der graue Fiat an ihnen vorbei, der Vanator warf nicht einmal einen Blick in ihre Richtung.
André grinste zufrieden. »Den Nocturi sei Dank! Letzten Winter haben eure Magier, die Scrope uns geschickt hat, einige von diesen Notfallverstecken rund um Chavaleen angebracht. Trotzdem sollten wir uns beeilen, von hier wegzukommen, wahrscheinlich bemerkt Malo bald, dass wir nicht mehr vor ihm sind.«
Er wendete und fuhr die Straße in rasantem Tempo bergabwärts. Was ihn jedoch nicht hinderte, währenddessen ein Funkgerät aus dem Handschuhfach herauszukramen und einige Anweisungen durchzugeben.
»Wir hätten als Gastgeschenk einen Gutschein für ein Fahrsicherheitstraining mitbringen sollen«, raunte Matt ihr in sarkastischem Ton zu.
Endlich im Tal angekommen, bogen sie in einen Waldweg ab, der einen verwilderten und wenig genutzten Eindruck machte. Sie holperten durch Schlaglöcher und kämpften sich durch immer dichter werdendes Gestrüpp, bis es schließlich kein Weiterkommen mehr gab.
»Ab hier müssen wir zu Fuß gehen«, verkündete André und stieg aus.
Lilith war überrascht, wie kühl es im Inneren des Waldes war, und sie strich sich fröstelnd über die Gänsehaut auf ihren Armen. In der Nähe hörte sie das Rauschen eines Flusses, doch ansonsten war es merkwürdig still, nicht einmal ein Vogel zwitscherte in den Baumkronen über ihnen. Umso erschrockener war sie, als plötzlich neben ihr eine junge Frau aus dem Schatten eines Baumes auftauchte. Ihre weizenblonden Haare waren zu einem praktischen Pferdeschwanz zusammengebunden, sie trug enge dunkelgrüne Kleidung und am Gürtel ihrer Hose steckte ein großes Messer.
»Alles in Ordnung, Eva?«, fragte André sie, während er ihr die Autoschlüssel übergab.
»Heute scheinen besonders viele von ihnen unterwegs zu sein, erst vor fünf Minuten kam eine ihrer Patrouillen vorbei«, informierte sie ihn. In einer schwungvollen Bewegung setzte sie sich in den Wagen und warf ihnen einen aufmunternden Blick zu. »Also seid lieber vorsichtig!«
»Du kennst mich doch, Eva!«
»Eben, genau deswegen habe ich es nochmals erwähnt«, meinte die junge Frau augenzwinkernd und fuhr rückwärts davon. Lilith sah ihr sehnsüchtig hinterher: Mit dem Geländewagen verschwand auch ihre einzige Fluchtmöglichkeit. Nun standen sie in einem fremden Land mitten im tiefsten Wald und waren jeder Gefahr schutzlos ausgeliefert.
André sah in die Runde. »Wir müssen zum Fluss, dort beginnt der gefährlichste Teil, weil wir keine Deckung haben. Aber
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