Lilith Parker
Paradies zu sein.
Strychnin deutete auf die Leiter. »Deswegen möchte ich nicht auf dieses wacklige Ding klettern. Wenn ich mir nur vorstelle, dort oben zu stehen, drehen sich mir all meine Mägen um.«
»Du kannst dich gerne immaterialisieren und wir treffen uns auf der anderen Seite.«
»Das geht leider nicht, Eure Ladyschaft. Nightfallcastle ist mit einem Dämonenabwehrzauber ausgestattet und mir ist es nicht möglich, dort drüben zu materialisieren. Raus geht es, aber rein leider nicht.« Er hob seinen Zeigefinger. »Aber keine Sorge, ich habe mir eine Lösung einfallen lassen. Wenn Ihr die Freundlichkeit hättet, mich über die Mauer zu werfen?«
»Wie bitte?«, schnaubte Matt. »Wir sollen dich werfen? Ich könnte mir vorstellen, dass die Landung auf der anderen Seite selbst für dich recht schmerzhaft sein wird.«
»Ich bin bestens vorbereitet.« Strychnin zog den ReiÃverschluss seiner Jacke herunter und beförderte ein dickes Kissen zutage. Nun wusste Lilith auch, warum ihr höfischer Terminator heute so fett aussah. »Ich bin rundherum ausgepolstert. AuÃerdem sind es bis zum Dach des Schuppens nur ein oder zwei Meter, meine Landung wird somit nicht allzu tief ausfallen«, fügte er zuversichtlich hinzu.
»Bist du sicher, dass du das willst?«
Strychnin nickte eifrig. »Ich möchte Euch unbedingt in Eurem Plan unterstützen, Hoheit.«
»Also gut, Matt, hilfst du mir?«
Sie nahmen ihn in ihre Mitte und positionierten sich an einer günstigen Abwurfstelle, während der kleine Dämon wie ein Kleinkind zwischen ihnen über dem Boden baumelte. »Eins ⦠zwei ⦠und drei!«
Mit vollem Schwung beförderten sie Strychnin in die Höhe, der mit flatternden Ohrhaaren und einem heroischen Gesichtsausdruck davonschoss.
»Oh, oh! Das wird knapp«, bemerkte Matt.
Der Dämon klatschte wie ein Pfannkuchen an die Mauer, blieb dort eine Sekunde lang kleben und fiel dann rückwärts zu Boden, direkt vor Liliths FüÃe.
»Das war zu tief, Eure Ladyschaft«, murmelte er schlapp.
»Alles in Ordnung?«
Er stand schwankend auf und spuckte ein paar blutige Zähne auf den Boden. »Alles bestens, Hoheit. Soweit ich abschätzen kann, sind es nur ein paar gebrochene Knochen und ein Riss der inneren Giftdrüse. In ein paar Minuten bin ich wieder fit.«
»Sollen wir es noch einmal probieren?«, fragte Matt hilfsbereit. »Vielleicht haben Lilith und ich im Dämonenwerfen dazugelernt.«
»Nein danke.« Strychnin winkte ab. »Ich glaube, ich nehme doch mit der Leiter vorlieb, junger Herr. Gerade habe ich gelernt, dass die Höhe gar nicht mein Problem ist, nur das Fallen ist recht schmerzhaft.«
»Wir sollten so langsam loslegen, Leute!«, drängelte Emma.
Sie machten sich daran, die Leiter hochzuklettern, und mit klopfendem Herzen erreichte Lilith den zerstörten Zinnenkranz. Genau wie Strychnin gesagt hatte, grenzte das Dach eines Schuppens an die Mauer und nach einem beherzten Sprung befand sich Lilith zum ersten Mal auf dem Besitz ihrer Vorfahren. Sie ging zu Emma hinüber, die auf einem verfallenen Weg stand und den weitläufigen, jedoch völlig verwilderten Burghof musterte. Gestrüpp, Büsche und mit Dornen besetzte Sträucher hatten sich überall ausgebreitet und schienen die Burgherrschaft übernommen zu haben. Etwas, das aussah wie schwarzblättriger Efeu, hatte sich mit seinen Fangarmen über die Gartenskulpturen geschlungen, sie eingewickelt wie Spinnen ihre Opfer, sodass nicht einmal ihr Umriss erkennen lieÃ, was die Kunstwerke einst dargestellt hatten. Zwischen dem Schnee lugten Büschel toten Grases hervor, ohne eine Spur von Grün, verblasst und seelenlos.
Lilith legte den Kopf in den Nacken und blickte an der Fassade hinauf, die sich als riesenhafter Schatten über ihnen erhob. Die Spitze des Turms bohrte sich wie ein Schwert in die Schneewolken hinein. Darunter erstreckte sich das Haupthaus, dem sich ein Wirrwarr weiterer Nebengebäude mit kleinen Türmchen, spitzgiebligen Dächern, SchieÃscharten und überdachten Balustraden anschloss. Wahrscheinlich war die Burg im Laufe der Jahrhunderte erweitert worden, zu einer Zeit, als die Gebäude noch erfüllt waren vom Lachen seiner Einwohner und zahlreichen Gäste.Lilith erschauderte, als sie die steinernen Gargoyles entdeckte, die auf den
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