Lilith - Wunschlos gluecklich
heute etwas zu wünschen und ich werde heute bestimmt nicht verschwinden, also lass uns doch einfach noch ein wenig Spaß haben.«
»Überraschung?«, erkundigte sie sich und er nickte. Ihr Lächeln war für ihn wie immer entwaffnend.
Als sein Fingerschnippen verklungen war, hatten sie innerhalb von nur einer Sekunde über achttausend Kilometer hinter sich gebracht.
»Das … das ist jetzt nicht dein Ernst«, stammelte Lilith und staunte. Sie legte den Kopf in den Nacken und blickte zur Spitze des Eiffelturms hinauf.
»Doch, wieso denn nicht?« Er lächelte. Glücklich, dass ihm die Überraschung wohl gelungen war.
Ihr Mund stand immer noch offen, als er sie Richtung Eingang mit sich zog. Und obwohl er sie mit diesem Kurztrip überrumpelt hatte, vergaß Lilith nicht, sich unauffällig zwischen all den Menschen zu bewegen. Niemand ahnte, dass sie nicht allein war, sie quasi einen unsichtbaren Begleiter an ihrer Seite hatte.
Luc konnte es mittlerweile fast nicht abwarten zu sehen, wie sie reagierte, wenn sie die Tragweite der Überraschung begriff. Er wusste schon jetzt, dass es falsch war, aber er suchte unerlaubterweise erneut nach etwas Besonderem, mit dem er sie ihrer Traurigkeit entreißen konnte. Und es gab nur noch eine Möglichkeit, seinen materialisierten Körper zu toppen.
Luc hielt kurz inne und sie lief auf ihn auf. »Lilith?« Sie sah ihm verzückt in die Augen. »Ich kann das Ganze nicht lange durchziehen. Sie wissen es – schon jetzt. Uns bleiben sechs Stunden, danach muss alles wieder sein wie zuvor. Verstehst du das?«
Sie verstand nicht. Wie auch? Er sprach in Rätseln. Ihr Unverständnis darüber schien sich allmählich in Panik verwandeln zu wollen.
»Alles ist gut, habe keine Angst. Wir haben sechs Stunden. Hast du verstanden?«, wiederholte er nachdrücklich. Diesmal nickte sie. Luc lief weiter bis zur Kasse.
»Deux fois?«, fragte die Dame im Kassenhäuschen höflich.
Liliths Blick huschte leicht verdutzt und ungläubig zwischen der kleinen Französin und Luc hin und her. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, damit ihre Lippen bis an sein Ohr reichten. »Kann sie dich sehen?«
Luc lächelte ihr verschwörerisch zu und erinnerte sie noch einmal: »Sechs Stunden.« Er spürte, wie es in ihrem hübschen Köpfchen zu rattern begann. Langsam begriff sie, was er ihr heute schenken wollte. Sechs Stunden, in denen sie niemand für durchgeknallt hielt, weil sie sich mit einem imaginären Etwas unterhielt. Sechs Stunden, in denen jeder sehen konnte, dass sie nicht allein unterwegs war. Sechs Stunden, in denen sie so normal wirkten, wie alle anderen um sie herum. Sechs Stunden Normalität – ab jetzt!
Sie begann zaghaft zu lächeln und sah zu, wie er zwei Scheine und etwas Kleingeld aus seiner Hosentasche kramte und der Kassiererin entgegenhielt. »Oui.« Er tauschte sein manifestiertes Geld gegen die Eintrittskarten und begab sich mit Lilith zu den Aufzügen.
Ihre Hand lag fest in seiner und er sah zu, wie sie gebannt die Menschenmenge um sich herum durchsuchte. Er ahnte, worauf sie aus war. Sie suchte in den Gesichtern der Fremden nach Ungereimtheiten, Unglauben oder Skepsis ihnen gegenüber. Aber keiner schien sich über die Maßen für sie zu interessieren. Sie erschienen so normal wie alle Menschen. Zwei junge Touristen. Verliebte Teenager, die ihr kostbares Wochenende in der Stadt der Liebe verbrachten, mehr nicht.
Er legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie dicht an sich heran, während sie immer höher fuhren. Schützend hielt er sie an sich gepresst, als sie am höchsten Punkt der Plattform die Aussicht genossen.
»Es ist so wunderschön, Luc. Du weißt, wie sehr mir die Höhe gefällt, und die Aussicht ist einfach gigantisch, aber das Schönste ist … ist … sind wir«, säuselte sie ihm entgegen und hob ihre ineinander verschlungenen Hände in die Höhe. Dann blitzte etwas in ihren Augen auf, und sie suchte hektisch ihre Jackentaschen ab. »Warte bitte kurz«, bat sie ihn und stürmte auf den nächstbesten Touristen zu. Sie gestikulierte mit Händen und Füßen und der Fremde nickte freundlich.
Als sie mit ihm zu Luc zurückkam, erkannte er, was ihr so wichtig war.
Der Fremde hatte Liliths Handy in Händen und wartete darauf, bis sie wieder neben ihm stand und sie einander umarmten. Wange an Wange lächelten sie um die Wette. Der fremde, junge Mann drückte den Auslöser, sah auf den Bildschirm, fokussierte erneut und machte noch eine weitere Aufnahme. Dann kam er
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