Liliths Kinder
und kräftig; sie nicht älter, jedoch zeigten sich in ihren Zügen noch Spuren jener Erschöpfung, die von der Geburt des Kindes herrührten.
Das Kind .
Atitla lächelte abseitig und erhob sich. Dann trat sie zu dem Bett-chen hin, unter dessen dünner Decke jenes noch winzige Herzchen schlug.
Als könne das Mädchen die Anwesenheit der Vampirin spüren, langten seine kleinen Hände ungeschickt nach der Decke, wie um sie höherzuziehen. Was dem Kind ob seiner noch nicht ausgeprägten Motorik freilich nicht gelang.
Atitla zog sie ihm vollends fort, langte dann mit beiden Händen hinein und hob das Mädchen aus dem Bett. Nicht einen Augenblick lang erinnerte das Bild an eine Mutter, die ihr Kind aufnahm ...
»Siehst du, mein Kleines?« Die Stimme der Vampirin war kaum zu vernehmen, nur ein eisiger Hauch, der über die weiche Haut des Kindes fuhr. »Ich bekomme immer, was ich will, früher oder später - auch dich.«
Sie wußte, daß das Mädchen nach Lilith benannt worden war. Wie passend, dachte sie, das erhöht den Reiz noch ...
Ihre schlanken Finger tasteten nach dem Hälschen, spitze Nägel zogen den Stoff der Kleidung weg und legten die Haut frei. Darunter zuckte es so heftig, als schlage dort das hektische Herz eines Vogels.
Atitlas Lippen hatten den Hals der kleinen Lilith noch nicht berührt, als sie die kleinen, im Sehen noch ungeübten Augen aufschlug.
Und es mochte nicht einmal Angst sein, die das Mädchen noch in derselben Sekunde schreien ließ, sondern nur Hunger und Durst oder schlicht das Bedürfnis nach der wärmenden Umarmung seiner Mutter.
Hinter Atitla raschelte es leise, als Vater und Mutter des Kindes müde von ihrem Lager krochen, um nach ihrer Tochter zu sehen - - ihre Schreie jedoch mußten weithin zu hören sein, und sie kamen wie aus einem Munde!
»Laß das Kind!« flehte die Frau.
»Finger weg von ihr!« knurrte der Mann drohend.
Tatsächlich schien es, als folge Atitla seiner Warnung. Sie legte das Kind zurück in sein Bett. Dann wandte sie sich um.
Derweil hatte der Mann sich mit einem brennenden Holzscheit bewaffnet, das er aus der Feuerstelle gezerrt hatte und nun wie eine Klinge gegen die Vampirin gerichtet hielt. Im flackernden Schein der kleinen Flammen wirkten seine Augen wie von roten Schatten erfüllt.
Doch schon im nächsten Moment verblaßte der fiebrige Glanz darin.
Lächelnd und ohne sich zu rühren tat Atitla etwas in seinem Blick, suggerierte ihm Bilder, die er für echt halten mußte, bis der Bann, den die Vampirin um seinen Geist wob, irgendwann einmal brechen würde.
»Du?« keuchte er schließlich und ließ seine behelfsmäßige Waffe sinken.
Atitla nickte stumm, und für Bonampak mußte es aussehen, als nicke eine andere - jemand, den er gut kannte und in den er soviel Hoffnung gesetzt hatte.
Hoffnung, die Atitla in den nächsten Minuten zerstörte - und durch Haß und Verzweiflung ersetzte!
Denn sie tat Dinge, von denen Bonampak geglaubt hatte, daß Lilith sie niemals tun würde!
Der Tod hielt Einzug in der Hütte Bonampaks, und er tat es auf furchtbare Weise.
Nur Bonampak selbst verschonte er. Obschon er am Ende fast darum bettelte, gleichfalls sterben zu dürfen, um wieder vereint zu sein mit seinen Lieben .
Aber die falsche Lilith ging, ohne seinen Wunsch zu erfüllen. Und Bonampaks Entsetzen und Trauer schlugen um - in Haß.
Auf Lilith Eden.
Die Mutter der Tyrannen.
Die ihn so lange getäuscht und sich nun vor seinen Augen als hun-dertfach grausamer denn ihre Kinder offenbart hatte!
*
Mit angewidert verzogenem Gesicht stellte Chiquel den Tonbecher ab. Dunkle Schlieren rannen zäh an der Innenseite herab, und der Anblick vermittelte dem Vampir das Gefühl, eine steinerne Faust würde in seiner Kehle hochfahren, um ihn alles erbrechen zu lassen, was er eben getrunken hatte.
Der schale Geschmack des längst kalten Blutes tat ein Übriges dazu.
Krampfhaft zwang Chiquel sich zum Schlucken. So behielt er das Blut zwar bei sich, zu kräftigen jedoch vermochte es ihn nicht.
Aber vielleicht würde ohnehin nichts ihn je wieder richtig zu Kräften kommen lassen .
Ächzend erhob Chiquel sich von der Lagerstatt seines Gemachs, das er seit Tagen kaum verlassen hatte. Und wenn, dann nur an Mutters Seite, mit der er lange Gespräche geführt hatte. Über das Leben in Mayab - und das Leben draußen.
Lilith wußte über beides so wenig.
Nicht nur einmal war Chiquel der Versuchung beinahe erlegen, ihr die Wahrheit zu erzählen - daß sie nicht die
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