Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Kollegen informiert hatte. Aber was hätte er Rosenblüt denn erzählen sollen? Nein, auch die Polizei konnte die Polizei nur rufen, wenn es einen guten Grund gab.
    Gute Gründe gab es jetzt ausreichend. Steinbeck merkte eine Bewegung im vorgelagerten Raum. Draußen bei der Saiga-Antilope und einer Vitrine, in der die Nachbildung eines kleinwüchsigen Vormenschen ausgestellt war. Beim Vorbeigehen war Steinbecks Blick an dieser affenartigen, aufrecht dastehenden, kräftig behaarten kleinen Frau hängengeblieben, die unter dem Namen »Lucy« weltberühmt geworden war.* [* Hier irrte Lilli Steinbeck. Bei der ausgestellten Hominidenart handelte es sich zwar um einen Australopithecus afarensis, eine Entwicklungsstufe, die tatsächlich unter dem Name »Lucy« bekannt geworden war, doch im konkreten Fall wurde das Modell eines männlichen Exemplars präsentiert. Lilli Steinbeck übersah ganz einfach die Männlichkeit, die eingeschattet und dunkelhäutig zwischen den Beinen hing. Sie sah nur den hübschen Kopf, den kompakten Körper und die edle Haltung eines frühen aufrechten Ganges. Bei soviel Würde mußte Lilli Steinbeck ganz einfach an ein Weibchen namens Lucy denken. Verständlich.] Ein hübscher Name für ein hübsches Wesen. Steinbeck sehnte sich plötzlich danach, keine Lilli mehr, sondern eine Lucy zu sein, nicht angespannt in den Hochanden zu stehen und eine Waffe im Anschlag halten zu müssen, sondern durch die Savanne zu ziehen, Ausschau nach Nahrung zu halten, Ausschau nach einem Partner, und frei von Gott zu sein. Beziehungsweise frei von Göttern. >
    Aber das spielte es nicht. Hier war das einundzwanzigste Jahrhundert. Und hier waren die Angreifer, die vorsichtig um die Ecke schielten, hinein in den Eckraum, welcher drei Regenwäldern und einer Bergwelt Obdach gewährte.
    »Frau Steinbeck?!« Es war Desprez’ Stimme. Aber er konnte Lilli unmöglich gesehen haben, auch sonst niemanden. Zu perfekt waren Hübner hinter seinem Okapi und Stransky in den oberen Gefilden einer Blätter- und Vogelwand verborgen.
    »Merde!«
    Zwei von Desprez’ Fallschirmjägern betraten rechts und links den Raum, sehr vorsichtig, ihre Schritte wie über dünnes Eis setzend. Die Gestalt des einen spiegelte sich in der offenen
    Vitrinenscheibe, die von Steinbecks Versteck wegstand. Doch offensichtlich hatte auch der Angreifer einen Teil von Lilli in der Spiegelung entdeckt. Er feuerte augenblicklich. Nicht, daß er um die Ecke schießen konnte. Was er traf, war das Glas.
    Jedenfalls ging es los. Kreuzfeuer! Lilli drückte ab, wobei sie aber nicht auf den Mann auf ihrer eigenen Seite zielte, sondern auf den, der vor dem afrikanischen Regenwald stand. So brauchte sie ihre Deckung nicht aufzugeben, während wiederum Hübner von seinem Okapi aus, über dessen Rücken er jetzt seine Pistole gehoben hatte, auf Steinbecks Flanke hinüberfeuerte. Auch die Angreifer schossen, die, die schon im Raum waren, und auch die, die bei der winterfesten Antilope standen. Es ergab sich ein heftiger Schußwechsel, der an jenen erinnerte, der auf Saint Paul stattgefunden hatte, nur, daß es nun keine lebenden Dronten waren, die im Kugelhagel sterbend den Kollateralschaden bildeten, sondern Tiere, die ja schon tot waren und nun ein zweites Mal erledigt wurden. Dazu kam natürlich jede Menge splitterndes Glas. Es platzte geradezu, das Glas. Als schieße man in einen Strauß von Ballons.
    Und durch dieses Geplatze war er hindurchgetreten: Desprez.
    Lilli hatte ihn nicht kommen sehen. Und offensichtlich hatte auch Hübner ihn nicht bemerkt, wobei daran erinnert werden muß, daß der Raum von mehreren künstlichen Bäumen sowie einem neuguineischen Instantdschungel und dem daran anschließenden Gerüst verstellt wurde und somit auch die Angreifer einiges an Deckung vorfanden. Jedenfalls war da mit einem Mal der kleine Franzose vor Lilli aufgetaucht, tatsächlich wie durch eine Wasseroberfläche brechend, hatte den Lauf ihrer Waffe gepackt, ihn nach oben gezogen und Lilli damit einen Schlag ins Gesicht versetzt. Einen Schlag, der sie zurückwarf und gegen den Kondor prallen ließ. Wo sie benommen liegenblieb.
    Wie so oft bei einer Benommenheit, wechselte die Qualität der Sinne. Lilli meinte, das Aas zu riechen. Na, vielleicht war es schon das eigene Aas. Desprez hätte sie jetzt leicht töten können. Doch er tat es nicht. Nein, er lächelte, ganz kurz, ein Zwinkern von einem Lächeln. Dann sprang er mit einem Satz auf die Stufen des Gerüsts und verschwand

Weitere Kostenlose Bücher