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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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zu erwarten gewesen war: eine achte Fledermaus, größer als die anderen, weil perspektivisch näher am Betrachter. Die Oberfläche war ein wenig beschädigt, Kratzspuren waren zu erkennen, doch die Ausbesserung würde geringe Schwierigkeiten bereiten. Es war nichts anderes zu erwarten als eine schlichte Restaurierung.
    Die Mittagspause ließ Roy an diesem Tag aus. Also den Sex. Er arbeitete durch und konnte spätabends feststellen, daß die Fledermaus picobello gelungen war. Der Fluch schien gebannt.
    Roy fand, er habe sich einen Drink verdient. Als er aber von der Leiter kletterte und ihn der Blick der gutaussehenden Croupiere einfing, dachte er, daß er vor allem eine neue Freundin verdiente. Er fühlte sich wie ausgewechselt. Er ging hinüber zum Roulettetisch, sah in den Kessel hinein, dann auf die Frau und fragte: »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Wie möchten Sie denn, daß ich heiße?« erkundigte sich die Meisterin der Zahlen.
    »Cool«, sagte Roy, dachte nach und entschied sich: »Rita. Ich würde Sie gerne Rita nennen.«
    »Warum nicht«, meinte die Frau, die jetzt Rita war. Sie sah auf die Uhr und erklärte, in einer Stunde frei zu haben. Man könne dann ja …
    »Ich warte so lange«, sagte Roy in einem so festen wie süßen Ton. Schon wieder lächelte er in seinen Kehlkopf hinein. Solcherart würde er bald ein Doppelkinn haben.
    Er wechselte hinüber zur Selbstbedienungstheke und nahm sich eine Bouteille Rotwein. Ein Bouteillechen. Wie im Flugzeug. Er zog noch ein Glas aus dem Regal und wählte einen Platz, von dem aus er den Roulettetisch beobachten konnte. Darüber das Wandbild, das nun keine Schwierigkeiten mehr machen würde. Davon war er überzeugt.
    Nun, wenn hier jemand keine Schwierigkeiten mehr machen würde, dann war er selbst das.
    »Junge, Junge!« sagte Baby Hübner und blickte hinunter auf den nackten Körper, welcher in der Haltung eines Gekreuzigten auf dem Bett lag.
    Lilli Steinbeck betrat soeben den Raum. Sie war gerade unter der Dusche gestanden, voller Vorfreude auf ihr Bett, als Hübner angerufen hatte. Diese ganze Reise, die wie ein gewaltiger Schlenker, ein Südpolschlenker gewesen war, hatte ihren Schlafrhythmus und ihr Prinzip, spätestens um neun Uhr im Bett sein zu wollen, kräftig durcheinandergebracht. Und auch an diesem Tag, da man von Stuttgart zurückgekehrt war, gewissermaßen mit einer Leiche im Gepäck, sollte ihr ein geregelter Schlaf nicht vergönnt sein. Die Uhr hatte Viertel nach neun gezeigt, als das kleine Handy – Lillis eigenes, nicht die Puderdose des Dr. Antigonis – wie eine reanimierte Wanderheuschrecke sich gemeldet hatte. Lilli Steinbeck war sich gleich sicher gewesen, daß das nichts Gutes bedeuten konnte. Sie fühlte sich erinnert an das Remake von Fritz Langs Das Testament des Dr. Mabuse , wenn Gert Fröbe als Kommissar Lohmann einfach nicht dazu kommt, den eingeschenkten Kaffee zu trinken, weil da ständig ein Verbrechen dazwischenkommt. Man nennt das wohl Topos. Solche Topoi geben einer Geschichte Halt. Nichts gegen einen solchen Halt, doch es deprimierte Lilli Steinbeck, daß sie selbst mit ihrem Schlaf dafür geradezustehen hatte. Und dabei in typischer Bullenmanier das Bild eines Menschen lieferte, der ohne Nachtruhe auszukommen schien. Ein saublödes Bild.
    Aber was sollte sie tun, wenn Hübner sie rief und meinte, es sei wichtig? Dann war es wohl auch wichtig.
    »Wer ist das?« fragte Lilli, als sie neben Hübner zu stehen kam und ebenfalls hinunter auf das Bett sah.
    »Der Mann heißt Almgren, Roy Almgren.«
    »Ruhe in Frieden, Roy Almgren. – Aber was habe ich damit zu tun? Warum muß ich schon wieder meine Schlafenszeit hinausschieben?«
    »Weil das heute bereits der zweite schwere Schlag für die verwitwete Frau Stransky sein wird, zumindest, wenn ich ihr abnehme, daß der erste Schlag auch ein schwerer war. Roy Almgren war der Liebhaber von Frau Stransky.«
    »Herrje! Was ist ihm passiert?«
    »Er wurde erwürgt, wie Sie sehen.«
    Gar nichts konnte Steinbeck sehen, da zwei Leute von der Spurensicherung über den Kopf des Toten gebeugt waren und in der üblichen Weise nach Kleinkram suchten, damit sie ihre Plastiktütchen vollbekamen. Außerdem war Lilli Steinbeck nicht der Typ, der sich gerne Wunden ansah. Nicht, daß ihr davor ekelte, sie fand es nur ein wenig unwürdig, jemand, bloß weil er tot war, in den Rachen zu gucken, als wäre man sein HNO-Arzt.
    »Sieht professionell aus«, kommentierte Hübner, »Drahtschlinge. Aber was

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