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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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paar uniformierte Gesetzeshüter, die mal vorbeisahen und sich im besten Fall entwaffnen ließen. Genau das erklärte er Rosenblüt, echte Hilfe zu benötigen.
    Rosenblüt machte keine Umstände und sagte: »Ich komme.«
    Baby Hübner klappte sein Handy zu. Man war im Dschungel angekommen. Genauer gesagt in einem Raum, in dem eine meterlange Vitrine den afrikanischen Regenwald beherbergte. In zwei kleineren Glaskuben befanden sich die Regenwälder Neuguineas und Amazoniens. In einem vierten Objekt, einer Art Schaubühne, sah man ein Stück der Anden, welche ebenfalls zu den inneren Tropen zählen. Die Szenerien wirkten ausgesprochen echt, und vieles war ja auch echt, wenngleich tot, ausgestopft, präpariert, anderes jedoch nachgestellt, darunter Glühwürmchen aus kleinen Lämpchen und eine dank Fototapete vorgetäuschte Tiefe. Dazu Wasserflächen aus dunklem Glas, Blätter aus Seide und gemalter Vogelschiß.
    Auch in diesem Raum standen mehrere der raumhohen Schaufenster offen. Vier künstliche Bäume wuchsen aus dem Boden und spannten ein Blätterdach unter den Plafond. Hinter dem Dickicht Neuguineas erhob sich ein begehbares Gerüst, welches dazu diente, die ausgestellten Paradiesvögel auch in der oberen Baumregion zu betrachten. Aus Lautsprechern drangen die typischen Dschungelgeräusche, ein Gezwitscher und Gezirpe, ein Sägen und Raspeln, Töne, die von weit oben ins knackende Unterholz drangen und umgekehrt. Eine Endlosschleife brütender Klänge. Die Fenster, die hinaus auf die Parklandschaft wiesen, hatte man leicht abgedunkelt. Hier drinnen war Stuttgart ein ferner Ort. Man spürte geradezu, wie es kochte und dampfte und wucherte und ein andauerndes schleimiges Gebären und Absterben den üblichen Kreislauf garantierte. Dies alles jedoch bei angenehm kühler Luft, einem glatten, trockenen Steinboden sowie zwei Bildschirmen, auf die man tippen konnte, um sich erklären zu lassen, was man da alles an Viechern und Pflanzen zu sehen bekam.
    »Gut, Herr Stransky«, meinte Hübner, »Sie haben sich für den Dschungel entschieden. So soll es sein. Steigen Sie das Gerüst hinauf und gehen Sie dort in Deckung. Machen Sie sich unsichtbar.«
    Stransky folgte der Anweisung, kletterte die wenigen Treppen auf eine kleine Plattform, die nach drei Seiten von einer Plane abgedeckt wurde und auf der vierten Seite den Blick auf Neuguineas Dickicht eröffnete. Stransky ging neben der Glaswand in die Knie. Erschöpft lehnte er sich an die Scheibe und blickte auf die ausgestellten Vögel. Er dachte: »Ein guter Platz, um zu sterben.«
    Viele Menschen sind es nicht, die so einen Gedanken denken dürfen.
    »Kreuzfeuer«, sagte Hübner zu Steinbeck. »Falls die Schweine uns finden.«
    Steinbeck nickte. Sie wechselte hinüber zu den Anden, zu den offen stehenden Anden, und stieg in die Kabine, in welcher ein Kondor sowie weitere Tiere um ein Stück Aas gruppiert waren. Einen Moment kam ihr der absurde Gedanke, daß nicht nur die Vögel und das hasenartige Wesen und die kleinen Echsen, sondern auch das Aas ausgestopft sein könnte. Radikaler Naturalismus.
    Lilli preßte sich gegen die beleuchtete Innenseite des Dioramas, einen Plastikfelsen, und führte den Lauf ihrer Waffe auf Wangenhöhe, sodaß das Korn auf ihren geschlossenen Lippen auflag, gleich einem Finger, der zur Ruhe mahnt. Und Ruhe war auch angesagt. Lilli spähte um die Ecke, um die beiden türlosen Zugänge im Auge behalten zu können. Hübner hatte indessen auf der gegenüberliegenden Seite durch eine ebenfalls offene Sichtscheibe das Innere des Afrikanischen Regenwalds betreten und war hinter einem Okapi in Deckung gegangen. Nicht, daß er wußte, daß dieser gestreifte Esel ein Okapi war. Die Kenntnis der Natur war nicht seine Sache, nie gewesen. Auch in dieser Hinsicht dachte er ungern über seinen Schrebergarten hinaus. Die schöne Ordnung der Blumen- und Gemüsebeete war ihm lieb und teuer, der Wildwuchs unheimlich. Es hätte ihn sehr erstaunt, von Stransky zu erfahren, daß das Okapi eine Giraffenart darstellte, eine Giraffe, die ohne langen Hals auskommen mußte, dazu scheu, nachtaktiv und ein Außenseiter. Hübner hätte sich gefragt: Warum wird jemand ein Okapi?
    Aber das war jetzt nicht die Frage, die sich stellte. Sondern die, ob Desprez und seine Leute im Bereich der inneren Tropen auftauchen würden, noch bevor Rosenblüt und die Stuttgarter Polizei im Museum eintrafen. Natürlich fragte sich auch, wieso Hübner nicht von Anfang an die Stuttgarter

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