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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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viel näher ans Ziel, als eins der sieben Opfer davor. Aber das war natürlich nicht wirklich ein Trost.
    »Ihr Mann«, sagte Steinbeck, »war Teil eines Spiels.«
    »Was für ein Spiel?«
    »Sagen Sie mir, was für ein Spiel«, forderte Steinbeck.
    »Wie? Fangen Sie jetzt auch noch damit an, mich zu verdächtigen?«
    »Wir haben einen toten Gatten, einen toten Liebhaber und eine Frau, die lebt. An wem, meinen Sie, sollten wir uns schadlos halten?«
    »Ist das Polizeiphilosophie? Den Nächstbesten verdächtigen?«
    »Na, meistens liegen wir damit richtig. Sie wissen schon: nicht der Gärtner, nicht der Butler, sondern der Bruder, der Onkel, die Mutter …«
    »Sie können mich mal«, sagte Viola Stransky, stieß sich vom Fensterbrett ab und verließ das Zimmer. Nicht, daß sie rannte, aber Steinbeck sah ihr an, daß sie gerne gerannt wäre.
    Hübner kam wieder herein, plazierte sich an die freigewordene Stelle am Fenster und fragte: »Und? Haben Sie hineinschauen können in die kalte Dame?«
    »Ich denke, Sie haben recht, Hübner. Die Frau hat Dreck am Stecken. Irgendwie. Wir werden wohl an ihr dranbleiben müssen.«
    »Ohne Grund? Wie denn? Die Stransky ist ja nicht nur kalt, sondern auch ausgekocht.«
    »Geduld. Einmal im Ziel, stolpern auch die Raffinierten«, meinte Steinbeck. »Ich muß jetzt jedenfalls endlich ins Bett. Und morgen dann nach Athen. Mein Urlaub, Sie erinnern sich.«
    »Kann ich Sie irgendwie hindern?« fragte Baby Hübner.
    »Nein, nicht in diesem Leben.«
    Sapperlot, was meinte Steinbeck damit wieder. Hübner verdrehte die Augen und begab sich zu den Leuten von der Spurensicherung. So wenig dieses Einsammeln etwas brachte, so beruhigend war es, dabei zuzusehen. Spurensicherung war echte Arbeit, nicht Psychologie, nicht Politik, schon gar nicht Kunst, und auch nicht übersinnlich. Spurensicherung war wie Löcher graben, die man nachher wieder zuschaufelte.

21
    Suez
    Als Lilli Steinbeck in Athen landete, fiel ein Regen auf die Stadt, der an Heerscharen kleiner Spielzeugroboter erinnerte, die gleichzeitig auf eine Fläche stampfen. Nicht etwa, um einen hübschen Klang zu erzeugen, sondern um die Fläche zum Einsturz zu bringen. Jemand, der um diese ganze Geschichte wußte, konnte meinen, daß hier die Götter wüteten. Götter, die wahrscheinlich viel lieber über Paris hergefallen wären, denen aber aus historischen Gründen bloß Athen zur Verfügung stand.
    »Schön, Sie lebend zu sehen«, meinte Stavros Stirling und reichte Steinbeck die Hand.
    Was für ein hübscher Junge, mußte Steinbeck erneut denken. Trotz der müden Augen. Wahrscheinlich sogar wirkten diese Porzellanaugen gerade darum so anziehend, der Müdigkeit wegen. Man stelle sich aufgewecktes, munteres Porzellan vor. Nein danke. Wieviel schöner war da eine alte Vase mit feinen Haarrissen und einem Glanz, der Jahrhunderte und eine wüste Weltgeschichte überdauert hatte.
    »Sie sehen erschöpft aus«, meinte Steinbeck, ohne zu sagen, wir gut ihr das gefiel.
    »Leon!« stöhnte Stirling begründend. »Er hatte eine harte Nacht. Wir hatten eine harte Nacht. Aber jetzt sind Sie ja da und werden uns helfen. Sie werden uns doch helfen?«
    »Wenn ich fertig bin, ja.«
    »Ich dachte, Sie seien bereits fertig.«
    »Nicht ganz. Bringen Sie mich zu Kallimachos’ Wohnung.«
    »Waren Sie denn nicht mit ihm zusammen?« fragte Stirling.
    »Nicht bis zum Schluß. Kallimachos ist mir auf einer Insel eingeschlafen. – Also los!«
    »Wie Sie wünschen, gnädige Frau.«
    Das »gnädige Frau« schuf eine beträchtliche Distanz. Dennoch mochte es Lilli Steinbeck, auf diese Weise angesprochen zu werden. Denn gerade Distanzen eigneten sich, überbrückt zu werden. Und Brücken gehörten nun mal zu den schönsten Bauwerken, die es gab.
    Durch den ungemein dichten Regen gelangte man zu Stirlings maßgeschneidertem Sportwagen. Maßgeschneidert in bezug auf Lillis Beine. Sie fühlte sich auch sofort ausgesprochen wohl, als sie Platz nahm. Sie mochte kleine Autos, während sie Limousinen nicht ausstehen konnte. Dicke Karossen, die einen Menschenkörper auf die unvorteilhafteste Weise umgaben. Als niste ein Floh im Gehäuse einer Riesenmuschel. Nicht so bei Stirlings zehn Jahre altem, schwarzem Fiat Barchetta, der eine Hülle bildete, die auch paßte. Daß Menschen sich so gerne in voluminöse Autos setzten, war Lilli ein Rätsel, weil dieselben Menschen ja auch nie auf die Idee gekommen wären, in eine Hose zu schlüpfen, die drei Größen über der ihren

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