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Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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dastehenden Croupier, der einen äußerst akkurat gestutzten Schnurrbart trug und mit ebenso akkuraten Handgriffen die Jetons in ein Kästchen einordnete. Lilli bemerkte die müden Gesichter der Spieler. Auf der elektronischen Anzeige, die wie ein illuminierter Gesetzestext hinter dem Croupier aufragte, erschien die Fünf. Steinbeck überlegte, ob es eine Zahl gab, die ihr sympathischer war als eine andere. Fragte sich dann aber, ob nicht schon eine solche Überlegung lächerlich war. Eine Zahl zu mögen oder nicht zu mögen.
    Sie schüttelte den Kopf, sah auf die Uhr. Es war Zeit. Sie mußte zurückfahren, wollte sie mit Viola Stransky sprechen. Hier jedenfalls war nichts zu gewinnen. Dies war ein schlecht gemaltes Bild mit Fledermäusen. Ein Bild, das jemand anders würde zu Ende restaurieren müssen.
    Ebenfalls zur gleichen Zeit, drüben in Paris – eine Stadt, die ihren Charme wie eine übergroße Leoparden-Unterwäsche spazierenführt –, betrat eine Frau namens Palanka jenes Chinarestaurant, in welchem Esha Ness zu residieren pflegte. Man aß zu Abend, Ness und ihre komische Familie. Der kleine Floyd schlief an Esha Ness’ halbnacktem Busen. Die Königin hob mit ihren Stäbchen ein Stück Fleisch in die Höhe. Es glänzte vom Saft. Esha Ness legte sich das Fleisch auf die Zunge, als wollte sie es noch ein bißchen quälen. Dann kaute sie kurz, schluckte, sah hinüber zur wartenden Palanka und fragte: »Und?«
    Palanka legte einen Schlüsselanhänger mit einer Batmanfigur vor Esha Ness auf den Tisch. Es war schwer zu sagen, ob der Schwarzkäfer, der sich in dem kleinen Kunststoffkostüm befand, noch lebte. Wenn aber, dann nicht mehr lange. Brauchte er auch nicht. Er war jetzt ohne Wirt. Man könnte auch sagen, ohne Herrchen. Sein Leben zwecklos.
    Esha Ness hätte etwas wie »Sehr gut!« oder »Ausgezeichnet!« sagen können, denn immerhin war die Sache diesmal ausgesprochen knapp gewesen. Doch sie begnügte sich damit, den Schlüsselanhänger ein Stück näher an sich heranzuschieben. Dann fragte sie: »Und Desprez?«
    »Welcher Desprez?«
    Immerhin meinte Esha Ness jetzt: »Dann hat ja alles seine Ordnung. Wollen Sie was essen, Palanka?«
    »Danke nein.«
    »Wie Sie möchten. Sie können gehen. Aber halten Sie sich zur Verfügung. Sie übernehmen ab sofort das Kommando. Zwei Fledermäuse noch. Danach werden wir endlich ein wenig Ruhe haben. Diese Götter gehen mir schrecklich auf die Nerven. Dieser ewige Spieltrieb. Wie Kinder, die die Welt nachstellen.«
    Esha Ness widmete sich wieder ihrem Essen. Palanka verließ das Lokal. Sie war nicht gerade begeistert, in die erste Position vorgerückt zu sein. Auch wenn es hieß, Esha Ness würde darauf verzichten, Frauen killen zu lassen. Zumindest wenn diese Frauen noch in einem Alter waren, wo sie Kinder bekommen konnten. Hieß es.
    Es war schon absurd, sich vorzustellen, daß eine Person wie Esha Ness die Welt vor dem Zugriff der Götter beschützte. Und daß ihr dabei ein Haufen kaltblütiger Legionäre und Legionärinnen half.
    Palanka trat auf die Straße. Es war eine warme Nacht. Der Spätsommer grüßte freundlich. Palanka zog ein verpacktes Bonbon aus der Tasche, das sie entkleidete und sich in den Mund schob. Der Geschmack von etwas Grünem legte sich auf ihre Zunge. Für einen Moment war sie gerne auf der Welt.
    »Noch was gefunden?« fragte Lilli Steinbeck den vorbeilaufenden Polizeiarzt, als sie in die Wohnung Almgrens zurückkehrte.
    »Nein«, sagte der Mediziner. »Aber wenn Sie mir sagen, was ich finden soll, werde ich mir Mühe geben.«
    »Mal sehen. Sobald mir was einfällt, rufe ich Sie an.«
    Der Mediziner nickte mit vorgeschobener Lippe. Er hatte seine Frage sehr viel ernster gemeint, als Lilli Steinbeck ihre Antwort.
    Als die Polizistin das Schlafzimmer betrat, in dem noch immer der Tote auf dem Bett lag, sah sie Hübner und Viola Stransky am offenen Fenster stehen. Frau Stransky rauchte, Hübner sah ihr dabei zu. Steinbeck warf Hübner einen Blick zu. Hübner verließ das Zimmer.
    »Mein Beileid, Frau Stransky«, sagte Lilli Steinbeck.
    Viola Stransky hob den Kopf an, betrachtete scharf ihr Gegenüber und fragte: »Beileid wofür? Für Georg oder für Roy?«
    »Prinzipiell. Für alles, was verloren geht.«
    »Ich habe mich darauf verlassen, daß Sie mir meinen Mann zurückbringen. Statt dessen ist jetzt auch mein Liebhaber tot.«
    Beinahe hätte Steinbeck geantwortet, Georg Stransky immerhin lebend bis nach Stuttgart geführt zu haben, sehr

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