Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck
heißt das schon? Offensichtlich erwischte es Almgren, während er …«
Hübner verwendete ungern Wörter wie ficken oder vögeln. Es waren, wie er fand, Wörter für junge, respektlose Leute. Doch schönere, demütigere Begriffe schienen kaum hierherzupassen. Also sagte er gar nichts. Der Unterleib des Toten zeitigte Spuren, die für sich sprachen.
»Können Sie mir sagen«, fragte Steinbeck, »wieso der Mann sterben mußte?«
Hübner berichtete von dem Wandbild im Bahngebäude, an dem Roy Almgren gearbeitet hatte, berichtete von der Merkwürdigkeit einer angeblichen Verschmutzung, welche eindeutig das Profil Georg Stranskys wiedergab. Was eigentlich nur bedeuten konnte, daß Almgren selbst dieses »Porträt« angefertigt hatte.
»Ich dachte mir das als eine Art Geständnis«, sagte Hübner.
»Geständnis wofür?«
»Georg Stransky entführt zu haben. Ich war überzeugt … und bin es mehr denn je, daß Almgren mit der Sache zu tun hatte. Er und Viola Stransky. Der Frau ist nicht zu trauen. Ich lasse sie gerade hierherbringen. Ich will mir anschauen, wie sie reagiert, wenn sie ihren Geliebten da liegen sieht.«
»Was erwarten Sie?«
»Ich weiß es nicht. Die Frau ist eiskalt.«
»Ist das in Ihren Augen nicht jede Frau?« fragte Steinbeck. »Ich meine, jede Frau, die Stöckelschuhe trägt.«
»Verschonen Sie mich, Kollegin Steinbeck. Gnade.«
»Sie dürfen sich nicht wundern. Sie haben mich praktisch aus dem Bett geholt. Aber lassen wir das. Sie sagten, Almgren hätte ein Bild restauriert. Im Bahnhof?«
»Ja. Im großen Café. Über dem Roulettetisch.«
»Das will ich mir ansehen. Ich fahre schnell einmal hinüber.«
»Ich hätte Sie aber gerne hier«, meinte Hübner, »wenn Frau Stransky eintrifft.«
»Fürchten Sie sich vor der Dame?« fragte Lilli. »Nur Mut. Sie schaffen das schon.«
»Eine Frau kann besser in eine Frau hineinschauen«, offenbarte Hübner.
»Woher haben Sie denn diesen Quatsch?« wunderte sich Steinbeck, wartete aber eine Antwort nicht ab, sondern erkundigte sich, wer die Leiche gefunden habe.
»Wir bekamen einen anonymen Anruf.«
»Und wie lange ist Almgren tot?«
»Man könnte sagen, er ist noch warm. Ein Mord nach Feierabend.«
»Man sollte das verbieten lassen, nach Feierabend zu morden«, äußerte Steinbeck, wandte sich um und ging, wobei sie versicherte, sich zu beeilen, um Viola Stransky noch zu sprechen. Auf daß eine Frau in eine andere hineinschaue.
Eine viertel Stunde nachdem Lilli Steinbeck den Tatort verlassen hatte, um per Streifenwagen zum Bahnhof gefahren zu werden, brachte ein anderer Streifenwagen Viola Stransky an den Ort des Verbrechens. Sie war wütend, daß man sie, wo sie doch erst am Vormittag den Tod ihres Mannes hatte verkraften müssen, ohne Angabe näherer Gründe gezwungen hatte, in einen Polizeiwagen zu steigen. Natürlich tat sie dies nur, weil sie überzeugt war, es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Verbrechen an Georg.
Nun, ein Zusammenhang bestand durchaus. Wenn auch nicht unmittelbar.
Viola Stransky wurde von Baby Hübner mit dem üblichen Natterlächeln empfangen und ohne Vorwarnung an das Bett herangeführt, auf dem der nackte und tote Roy Almgren lag. Wohlweislich fehlten diesmal Leute von der Spurensicherung, die den Blick auf die markante Würgespur hätten verdecken können.
Keine Frage, Viola Stransky wankte. Sie faßte nach Hübner, packte seinen Ärmel und stützte sich einen Moment. Nur so lange, wie sie brauchte, durchzuatmen und mit der eingeatmeten, ein wenig dünnen Zimmerluft die nötige Festigkeit in den Beinen zurückzugewinnen. Das war eindeutig nicht der Anblick, den sie erwartet hatte.
Hübner war enttäuscht. Natürlich hatte er sich nicht unbedingt ein Geständnis erhofft, aber wenigstens eine offensichtliche Schauspielerei. Doch wenn hier geschauspielert wurde, dann perfekt. Oder Viola Stransky hatte mit dem Tod ihres Geliebten einfach nichts zu tun. Mist!
Als sei das nun die entscheidende Frage (und das mochte sie ja tatsächlich sein), erkundigte sich Viola mit einem kleinen Zittern in ihrer Stimme, mit wem Roy in diesem Bett gelegen habe.
»Ich dachte, vielleicht mit Ihnen«, sagte Hübner und sah Frau Stransky studierend von der Seite an.
»Macht Ihnen das Spaß?«
»Was?«
»Mich zu quälen?«
»Was verlangen Sie?« meinte Hübner. »Der Mann hier war Ihr Liebhaber. Da darf ich doch wohl annehmen, daß …«
»Ich habe Ihnen doch erklärt, daß Roy und ich uns immer nur mittags trafen.
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