Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck

Titel: Lilli Steinbeck Bd. 1 - Die feine Nase der Lilli Steinbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
Barbesucher herangetreten, verbeugte sich, als tunke er seine Nase in ein schmales Sektglas, und übermittelte die Nachricht.
    »Man lädt uns ein«, übersetzte Kallimachos. »Dr. Antigonis würde sich freuen, wenn wir an seinem Tisch Platz nehmen würden.«
    »Aber oui!« sagte Steinbeck.
    Der Kellner gab ein Zeichen. Sofort wurden zwei Stühle herbeigeschafft.
    Es war jetzt durchaus von Vorteil, daß sich Kallimachos im Schneckentempo fortbewegte, eine Hand am Stock, mit der anderen sich bei Steinbeck festhaltend. So hatte man noch genügend Zeit, um über den Mann zu sprechen, der einen nun erwartete.
    Wer war Dr. Antigonis?
    Nun, so genau konnte man das gar nicht sagen. Der Mann war zwar bekannt, aber in einer rätselhaften Weise. Keiner von denen, die ständig in den Gazetten auftauchten. Im Gegenteil. Der breiten Masse war sein Gesicht unvertraut. Die Journalisten schienen ihm geradezu auszuweichen. Man pflegte Zurückhaltung, sparte also auch mit Huldigungen. Erst recht mit kritischen Berichten über das weitverzweigte und bis zur Unkenntlichkeit diversifizierte Firmenimperium, dem Antigonis vorstand. Das einzige, was eine breitere Öffentlichkeit von diesem Mann wußte, war der Umstand, daß er, obgleich lupenreiner Grieche, eine französische Fußballmannschaft besaß. Ja, er war nicht etwa Präsident dieses sogenannten Millionenensembles, sondern eben sein Besitzer, wie man Rennpferde besitzt oder eine Sammlung modernster Handfeuerwaffen.
    Und da gab es auch noch eine Frau, eine Ehefrau, die aber keiner kannte. Es hieß, sie lebe zurückgezogen hinter den Mauern ihres Anwesens. Dazu muß gesagt werden, daß Dr. Antigonis noch nie mit einer anderen Frau gesehen worden war als mit jener, mit der man ihn auch noch nie gesehen hatte.
    Obgleich also ein mächtiger Wirtschaftsführer, hielt sich Antigonis deutlich aus der griechischen Politik heraus wie auch aus der französischen. Eigentlich war er immer nur mit Leuten zu sehen, die ähnlich wie er selbst uneinschätzbare Größen darstellten. Personen, die trotz klarstem Wetter in einem dicken Nebel standen. Selbst die Frage, was für ein Doktor er genau war, blieb ein Geheimnis.
    Auch Dr. Antigonis küßte Lilli Steinbeck die Hand. Das neunzehnte Jahrhundert wehte durch diese Geschichte. Lilli bedankte sich auf französisch für die Einladung – wenn sich da schon jemand ein französisches Sportheiligtum unter den Nagel gerissen hatte. Dann stellte sie Spiridon Kallimachos vor. Die beiden Männer gaben sich die Hand. Dabei schenkten sie einander Blicke wie guterzogene Raubsaurier, die einem Gegner nicht gleich bei erstbester Gelegenheit den Schädel abbeißen. Raubsaurier mit Geduld.
    Die restlichen Herren nickten herüber, lächelten, die eine Dame hingegen verzog keine Miene. Sie gehörte nicht zu den Tussis, die üblicherweise im Blue Lion herumkicherten. Eher war sie auch ein Raubsaurier, jedoch mehr tückisch als guterzogen. Wahrscheinlich Sekretärin seit hundert Jahren.
    »Bitte, Frau Steinbeck«, sagte Antigonis und lud Lilli ein, rechts neben ihm Platz zu nehmen. Währenddessen sank Kallimachos unter einigem Geschnaufe auf den Stuhl zur Linken, zündete sich eine Zigarette an und verfiel wie auf Knopfdruck in eine kleine Bewußtlosigkeit, eine Art inoffizielles Koma. Die Zigarette brannte in der Folge bis zum Filter ab. Die Asche bildete einen sich gefährlich neigenden Bogen, der aber hielt. Ein Bogenwunder.
    Lilli Steinbeck ließ sich indessen ihr Weinglas mit irgendeinem saualten Franzosen auffüllen. Sie dankte, verzichtete aber auf weitere förmliche Verzögerungen und fragte: »Wo ist Georg Stransky?«
    »Mon dieu! Beste Dame! Geht das nicht ein wenig sehr schnell?«
    »Haben Sie sich denn Zeit gelassen? Ich war noch keine paar Stunden in Athen, da wurde ich bereits mit einer Fledermaus bekannt.«
    Die anderen Männer am Tisch waren wieder zu ihren halbernsten und halbalbernen, recht lautstark geführten Geschäftsgesprächen zurückgekehrt. Die eine Raubsaurierdame wandte sich ihrem Nachbarn zu. Kallimachos verblieb in seinem Koma. Steinbeck und Dr. Antigonis sprachen miteinander, ohne daß die anderen etwas vom Inhalt mitbekamen. Es war wie so oft. Nirgends war die Intimität und Sicherheit so gewährleistet wie inmitten von Lärm und Geschäftigkeit, von Sesselrücken und Gelächter und dem Klingklang der Bestecke und Gläser.
    »Also«, wiederholte Steinbeck, »wo ist Stransky? Lebt er noch?«
    »Das will ich doch hoffen«, antwortete

Weitere Kostenlose Bücher