Lily und der Major
Ausbruch vor.
Und tatsächlich sprang Lily wütend
auf. »Ist es das, was du dir für deine Töchter wünschst? Hausarbeit und Kinder
und Sklavenarbeit für einen Mann?«
Rupert wirkte einigermaßen verwirrt.
Winolas fortschrittliche Ideen schienen keinen Einfluß auf ihn gehabt zu
haben. »Das ist es doch, was die Frauen wollen ...«
Lily drehte sich abrupt zu Caleb um.
»Wenn du diesem Mann auch nur einen Penny für seine Schule gibst, kannst du in
Zukunft bei den Hühnern schlafen!« zeterte sie wütend.
»Setz dich«, erwiderte Caleb ruhig.
Lily gehorchte widerstrebend.
»Ich gebe dir gern alles, was du
brauchst«, sagte er zu Rupert.
Lily maß ihn mit einem entsetzten
Blick, »Du meinst, du bist bereit, ein solches Vorurteil zu unterstützen?« Wieder
hielt es sie nicht auf ihrem Stuhl. »Sag mir nur eins, Caleb – willst du unwissende
Töchter haben? Ich kann dir versichern, daß ich das zu verhindern wissen
werde!«
»Das genügt«, sagte Caleb scharf.
»Wir besprechen das später, wenn wir allein sind.«
Lilys Wangen waren flammenrot vor
Zorn, aber sie wußte, daß es im Augenblick klüger war nachzugeben. Als Caleb
sich erhob, stand sie erleichtert auf. »Wir speisen im Hotel«, sagte er zu
Rupert, »und es wäre uns eine Ehre, wenn du uns mit Winola Gesellschaft leisten
würdest.«
Ohne ihren Bruder anzuschauen, sagte
Lily spitz: »Ich hoffe, Winola kann eine Speisekarte lesen, obwohl sie
eine Frau ist.«
Caleb versetzte ihr einen leichten
Stoß mit dem Ellbogen. »Hör nicht auf deine Schwester, Rupert«, sagte er. »Wenn
sie sich nicht benehmen kann, wird sie allein auf ihrem Zimmer essen.«
»Ich lasse mich nicht wie ein
ungehorsames Kind auf mein Zimmer verbannen!« fuhr Lily ihn an, als sie mit
Caleb auf der Straße stand.
Er lächelte sie an. »Wenn du nicht
wie ein Kind behandelt werden willst, dann benimm dich auch nicht wie eins.«
Lily schnappte nach Luft. »Du willst
doch wohl nicht abstreiten, daß meine Einwände zu Ruperts Projekt
gerechtfertigt sind?«
»Wenn wir einmal Töchter haben«,
gestand Caleb ihr großzügig zu, »dürfen sie zur Schule gehen. Bist du jetzt
zufrieden?«
Im Hotel packte Lily den Hut aus,
den sie nachmittags gekauft hatte, und probierte ihn vor dem Spiegel an. Es war
eine bezaubernde Kreation aus hellem Stroh mit einer scharlachroten
Straußenfeder und schmalen Seidenbändern, die unter dem Kinn befestigt wurden.
»Du siehst entzückend aus«, sagte
Caleb sanft und legte Lily beide Hände um die Taille.
Sie lächelte ihn im Spiegel an.
»Versuch nicht, mir zu schmeicheln, Caleb«, warnte sie. »Ich glaube, du bist
ein richtiger Grobian mit einer verachtenswerten Einstellung Frauen gegenüber.«
Von hinten schloß er die Hände um
ihre Brüste. »Ich liebe Frauen«, sagte er, bevor er die empfindsame Stelle
hinter Lilys Ohr küßte.
»Natürlich nur, wenn sie dir
gehorchen.«
»Natürlich«, erwiderte Caleb, löste
die Seidenbänder unter Lilys Kinn und nahm ihr den Hut ab.
»Du brauchst nicht zu denken, ich
ginge mit dir ins Bett«, sagte Lily hochnäsig. »Jedenfalls nicht, bevor du mich
nicht um Verzeihung gebeten und mir versprochen hast, Rupert kein Geld zu
geben, bis er nicht bereit ist, auch Mädchen in seiner Schule aufzunehmen.«
Caleb drehte Lily sanft zu sich
herum. »Du kannst gern anderer Meinung sein als ich – aber du wirst dich mir
nicht verweigern!«
Lily errötete vor Entrüstung. »Ich
weiß, daß meine Ansichten dir gleichgültig sind, aber du wirst schon noch
begreifen, daß sie sehr vernünftig sind.«
»Manchmal habe ich das Gefühl, daß
du mich absichtlich reizt. Dann ist es noch schöner für dich, wenn ich dich
aufs Bett lege und dich nehme, was?«
Lily hob die Hand, um ihn zu schlagen,
aber dann zog sie sie wieder zurück. »Du bist unmöglich, Caleb.«
Er zog sie an sich und küßte sie.
Lily wehrte sich, aber nur kurz, dann verrieten ihre Instinkte sie, und sie
erwiderte seinen Kuß mit unverhohlener Leidenschaft. Als sie ganz weich und
nachgiebig in seinen Armen wurde, schob Caleb sie zurück.
»Ich habe etwas zu erledigen«, sagte
er. »Wir sehen uns beim Abendessen.«
Lily konnte es nicht fassen, daß er
sie nach diesem Kuß so einfach stehenlassen wollte. »Was hast du vor?« fragte
sie, während sie ihm zur Tür folgte.
»Wenn du es unbedingt wissen willst
– ich will ein Telegramm an meinen Bruder aufgeben«, antwortete er.
»Und was willst du ihm mitteilen?«
Caleb strich wie zufällig über
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