Lily und der Major
Lilys
Brust. »Ich werde ihm telegrafieren, daß er zum Teufel gehen soll«, erwiderte
er, schloß die Tür hinter sich und ging.
Lily hätte ihn in diesem Augenblick
am liebsten ermordet. Ganz bewußt hatte er sie in sinnliche Erregung versetzt,
um sie dann allein zurückzulassen, damit sie litt, bis es ihm beliebte, zu ihr
zurückzukommen! Es war eine Strafe, die Lily ihm sehr übel nahm.
In ihrer Empörung packte sie rasch
ihre Tasche, verließ das Zimmer, das Caleb zu ihrem Gefängnis ausersehen hatte,
und machte sich auf den Weg zum Mietstall. Dort wählte sie einen schnellen
kleinen Wagen aus, der von zwei Pferden gezogen wurde, und ließ die Kosten
dafür auf Calebs Rechnung schreiben.
Nach einem kurzen Besuch bei ihrem
Bruder, der verzweifelt, aber ergebnislos versuchte, sie zurückzuhalten, lenkte
Lily ihren Wagen durch die belebten Straßen zu einer kleinen Pension. Als es
dunkel wurde, saß sie bei einer Miss Hermione Cartworth am Tisch, aß ein
köstliches Lammgulasch und war froh, daß Pferde und Wagen sicher in Miss
Cartworth' Stall untergebracht waren.
Mehrmals im Laufe der Nacht begann
Lily ihre Entscheidung zu bereuen, aber sie war zu stolz, um zu Caleb ins Hotel
zurückzukehren. Außerdem sollte er endlich begreifen, daß er sie nicht straflos
wie eine Konkubine behandeln konnte.
Schon früh am nächsten Morgen ließ
Lily ihren Wagen anspannen und machte sich auf den Weg nach Hause. Es war ein
schöner, sonniger Junimorgen, und während die Pferde dahintrabten, dachte sie
an all die schönen Kleider, die sie sich schneidern wollte, wenn sie zu Hause
war.
Sie war ein bißchen überrascht, daß
Caleb schon vor ihr zu Hause eingetroffen war, bemühte sich jedoch, ein
sorgloses Gesicht zu machen, als sie die Pferde zügelte.
Caleb näherte sich ihr drohend. »Wo
zum Teufel hast du gesteckt?« herrschte er sie an.
»Ich habe die Nacht in einer Pension
verbracht«, antwortete sie, während sie vom Wagen
kletterte. »Hattest du einen netten Abend mit Rupert und Winola?«
Caleb funkelte sie nur wütend an.
»Geh ins Haus!«
»Und was soll ich dort?« versetzte
Lily. »Soll ich hundertmal schreiben: > Ich muß meinem Mann gehorchen < ?«
»Geh!« brüllte er.
Lilys Mut sank, und sie beeilte
sich, ins Haus zu kommen, aber nicht, ohne Caleb vorher zuzurufen: »Denk daran,
daß wir jetzt eine Familie sind.« Sie hatte noch nicht vergessen, daß Caleb ihr
an jenem Tag, als Velvet Gott sei Dank noch rechtzeitig erschienen war, fast
den Po versohlt hätte.
Im Haus drückte Caleb Lily auf einen
Stuhl und hielt ihr eine Predigt, was in gewisser Weise noch viel schlimmer
war, als übers Knie gelegt zu werden. Er schrie sie an, zählte ihr wütend die
Gefahren des Alleinreisens auf und schwor bei allem, was ihm heilig war, ihr
den Hals umzudrehen, falls sie so etwas noch einmal wagte.
Lily schaute ihn mit großen Augen
an, und als er sie schließlich ärgerlich in ihr Zimmer schickte, gehorchte
sie widerspruchslos.
Kurz darauf kam er zu ihr, aber aus
einer völlig anderen Richtung, als erwartet. Ein schreckliches Krachen ertönte
an der Schlafzimmerwand, und in stummem Entsetzen schaute Lily zu, wie eine Axt
sich durch die Holzwand fraß.
Wütend hackte Caleb eine grobe
Türöffnung zurecht. »Jetzt ist es nur noch ein Haus«, knurrte er. »Willkommen
in unserem Schlafzimmer, Mrs. Halliday.«
Lily war plötzlich überzeugt, einen Wahnsinnigen
geheiratet zu haben. »Komm mir nicht zu nahe!« rief sie erschrocken und
versuchte vom Bett zu klettern.
Aber sie war nicht schnell genug.
Caleb hatte bereits ihre Beine gepackt, sie hochgehoben und begann ihr die
Stiefeletten auszuziehen. »Keine Chance, Mrs. Halliday«, sagte er und streifte
Lilys Strümpfe ab. Als seine Hand ihr warmes Fleisch berührte, erschauerte sie
ganz unwillkürlich. »Nicht die geringste.«
Erst nachdem sie sich geliebt hatten und Caleb
wieder aufgestanden war, kehrte Lilys Stolz zurück. Kaum war Caleb durch die
Öffnung gestiegen, die in sein Haus führte, schob Lily eine Kommode davor.
»Du bleibst auf deiner Seite«, rief
sie Caleb zu, »und ich auf meiner.«
Er hatte wie üblich damit gerechnet,
daß seine sinnlichen Liebkosungen Lily versöhnen würden. »Verdammt!« knurrte er
und steckte verärgert den Kopf ins Zimmer. »Wir sind verheiratet, Lily, hast
du das vergessen?«
»Ich bin gern bereit, diese
unglückselige Tatsache wieder zu vergessen.«
»Na schön, mir soll's auch recht
sein«, antwortete er wütend und
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