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Lily und der Major

Lily und der Major

Titel: Lily und der Major Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Petroleumlampen vertrieben die Dunkelheit
aus dem kargen Raum.
    Lily lächelte und schenkte Kaffee
für sie beide ein. Es war nett, Besuch zu haben, obwohl sie zum Umfallen müde
war.
    Sandra schob ihr den Teller zu, als
sie sich setzte. »Tantchen hat gesagt, du müßtest alles aufessen.« Lily
entfernte dankbar die blaukarierte Serviette und stellte fest, daß Mrs. Tibbet
ihr ein herzhaftes Abendessen aus gebackenem Huhn, Maiskolben und gekochten
Kartoffeln geschickt hatte. Lily holte eine Gabel, breitete eine Serviette über
ihren Schoß und beschäftigte sich mit der ersten Mahlzeit, die sie an diesem
Tag zu sich nahm.
    Sandra schaute sich neugierig um.
»Ich sehe, daß du schon eine Menge Kunden hattest«, stellte sie mit einem Blick
auf die Wäsche fest, die aufs Bügeln wartete.
    Lily nickte. »Ich habe soviel
Arbeit, daß ich gar nicht weiß, ob ich das alles schaffen kann.«
    Sandra warf einen unbehaglichen
Blick auf Lilys Bett. »Du läßt sie doch hoffentlich nicht ins Haus? Dann kämen
sie nämlich mit Sicherheit auf komische Ideen.«
    Lily verneinte entschieden. »Ich
hatte heute Besuch aus Suds Row«, berichtete sie dann. »Sie hieß Velvet, aber
der Name Roßhaar hätte besser zu ihr gepaßt.«
    Sandra maß Lily mit einem besorgten
Blick. »Sei vorsichtig mit diesen Frauen, Lily! Einige von ihnen sind so hart
wie Männer.«
    Lily zuckte mit den Schultern.
»Velvet kam mir trotz ihrer Manieren und ihrer Erscheinung gar nicht so schlimm
vor. Ich glaube nicht, daß sie das Leben liebt, das zu führen sie gezwungen
ist.«
    »Warum macht sie dann nichts
anderes?« entgegnete Sandra spitz. »Wie naiv du bist, Lily!«
    Lily ließ ihre Gabel sinken. »Nicht
jeder hat das gleiche Glück wie du, Sandra. Zum Leben braucht man Geld.«
    Sandra seufzte. »Du bist also noch
immer auf deinem Kreuzzug. Du kannst Suds Row nicht ändern, Lily – oder diese
Frauen. Wenn ich eins gelernt habe in meinem kurzen Leben, dann, daß Menschen
sich ändern können. Sie brauchen es nur zu wollen.«
    »Ich werde mit den Frauen reden und
ihnen meine Freundschaft anbieten.«
    »Deine Freundschaft!« Sandra lachte,
als hätte Lily einen Scherz gemacht. »Du kannst froh sein, Lily, wenn sie dich
nicht teeren und federn und dich von der Palisade werfen! Du stellst eine
Bedrohung für sie dar – du nimmst ihnen zwei Dinge, die am wichtigsten für sie
sind: ihren Verdienst und ihre Männer!«
    Lily empfand ein leises
Schuldbewußtsein, was den Verdienst betraf, aber die Männer waren ihr egal.
»Lange werde ich nicht hier sein.«
    Sandra winkte ab. »Ich weiß, Lily.
Du wirst nur so lange Wäsche waschen, bis du genug Geld zusammen hast, um einen
Pinkertonmann zu engagieren und deine alberne Hütte zu bauen. Manchmal kommst
du mir wirklich sehr verschroben vor.«
    Lily schob ihren Teller fort und
schwieg.
    Sandra betrachtete prüfend ihre
gepflegten Fingernägel. »Morgen verlasse ich das Fort. Ich glaube, daß ich dir
fehlen werde, Lily, denn ich bin deine Freundin, ob du es glaubst oder nicht.«
    »Du gehst fort?«
    Sandra nickte. »Ja«, sagte sie mit
dramatischem Gesichtsausdruck. »Es bricht mir das Herz, Caleb in eine andere
Frau verliebt zu sehen. Ich ertrage es einfach nicht, und deshalb kehre ich
morgen nach Fox Chapel zurück.«
    Lily zweifelte sehr an Calebs
Fähigkeit, sich zu verlieben, doch sie gestand sich ein, daß sie Sandra
tatsächlich vermissen würde. »Ja, du wirst mir fehlen«, gab sie leise zu.
    »Ich schreibe dir«, sagte Sandra
lächelnd.
    »Das wäre schön.«
    Plötzlich beugte Sandra sich vor. »Caleb
hat versprochen, mich nach Tylerville zu bringen. Er sagte, er hätte dort etwas
zu erledigen.«
    Lily sah Sandras neugierigen Blick
und beschloß, sich nichts anmerken zu lassen von der Eifersucht, die sie
verspürte. »Das ist nett von ihm«, antwortete sie und stand auf, um nach den
Eisen zu sehen, die sich auf dem Herd erwärmten.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt«, meinte
Sandra, und als sie fort war, begann Lily zu bügeln, obwohl sie zum Umfallen
müde war.
    Am nächsten Tag erwachte sie lange vor Sonnenaufgang. Im
Laufe des Morgens holten die Soldaten ihre Wäsche ab, bezahlten Lily großzügig
und brachten ihr noch mehr schmutzige Sachen zum Waschen.
    Gegen Mittag, als Lily gerade lange
Unterhosen wusch, ihr Haar feucht vom Wasserdampf, ihr Kleid naß von Schweiß
und Seifenwasser, erschien Caleb. Er wirkte frisch und kühl in seiner
makellosen Uniform und grinste, als er Lily sah. Unter einem Arm trug er

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