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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Washington die Gelegenheit beim Schopf, sich nicht nur aus dem Klammergriff des Nahen Ostens, sondern gleich auch aus der Abhängigkeit der Ölkonzerne zu lösen.«
    »Tod dem Königsmacher«, spottete Keowa.
    »Aber natürlich«, sagte Palstein beinahe heiter. »Öl hat Präsidenten gemacht, aber kein Präsident ist gerne der Hampelmann der Privatwirtschaft, es sei denn, er ist deren größter Player. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich der König als Erstes des Königsmachers entledigt, wenn er kann, denken Sie an die russischen Verhältnisse in den Neunzigern, an Wladimir Putin – ach nein, dafür sind Sie zu jung –«
    »Ich habe die russischen Verhältnisse studiert«, lächelte Keowa. »Putin hätte der Hampelmann der Oligarchen sein sollen, aber sie hatten sich in ihm verschätzt. Typen wie der mit dem unaussprechlichen Namen –«
    »Chodorkowski.«
    »Richtig, einer der Raubritter aus der Jelzin-Ära. Putin kam, wenig später fand sich Chodorkowski in einem sibirischen Strafgefangenenlager wieder. Vielen ging es so.«
    »In unserem Fall erledigt sich das Problem von selbst«, grinste Palstein.
    »Dennoch«, insistierte Keowa. »In der großen Krise vor 16 Jahren haben Regierungen überall auf der Welt Milliardenpakete in die Hand genommen, um leckgeschlagene Banken zu retten. Von Not leidenden Geldinstituten war die Rede, als hätten die Institute und ihre Vorstände Not gelitten und nicht das Heer der Anleger, denen niemand ihre Verluste mit staatlichen Garantien ausglich. Aber die Regierungen haben den Banken geholfen. Und jetzt tun sie gar nichts. Sie lassen die Ölmultis vor die Hunde gehen. Bei allem Bemühen, sich freizuschwimmen, das kann nicht im Interesse Washingtons sein.«
    Palstein betrachtete sie wie einen interessanten Fisch, den er unverhofft aus dem See gezogen hatte.
    »Sie wollen um jeden Preis eine Story, was?«
    »Wenn es eine gibt.«
    »Und dafür werfen Sie Äpfel und Birnen durcheinander. Das mit den Banken war etwas ganz anderes. Banken sind die ureigenen Stützen eines Systems, das sich Kapitalismus nennt. Glauben Sie im Ernst, damals sei es um einzelne Institute oder die Protektion irgendwelcher unsympathischen Manager und Spekulanten gegangen, die sich für Leistungen belohnten, die sie nicht erbracht hatten? Es ging um den Erhalt des Systems, das die Politik überhaupt erst trug, um die Statik des kapitalistischen Tempels, letztlich um den Einfluss der Regierenden auf das Kapital, der über die Zeit verloren gegangen war. Machen wir uns nichts vor, Loreena, eine vergleichbare Rolle haben die Ölkonzerne nie gespielt. Sie waren immer nur Symptome des Systems, nie dessen Eckpfeiler. Man kann großartig auf uns verzichten. Die von uns, denen nicht beizeiten der Sprung ins alternative Fach gelungen ist, wälzen sich in Agonie. Warum sollte der Staat uns retten? Wir haben ihm nichts anzubieten. Früher wurde er von uns bezahlt, eine komfortable Situation, jetzt soll er uns stützen ? Daran ist niemand interessiert! Der Staat schürft Helium-3, weil er die Chance sieht, selbst wieder Unternehmer zu werden. Für Amerika ergibt sich die einzigartige Gelegenheit, seine Energieversorgung staatlicherseits in die Hand zu nehmen und neue Königsmacher gar nicht erst entstehen zu lassen.«
    »Was ja wohl den Tatbestand der Augenwischerei erfüllt«, sagte Keowa geringschätzig. »Nennen Sie mir ein einziges kapitalistisch fundiertes System, in dem die Machthabenden nicht automatisch das Produkt des Kapitals und damit der Privatwirtschaft sind. Die USA tauschen EMCO gegen Orley Enterprises, das ist alles. Er bringt sie zum Mond, baut Reaktoren, damit das Zeug, das sie von dort zur Erde schaffen, tut, was es soll. Ohne die Unterstützung der Privatwirtschaft wäre das ganze Unterfangen längst nicht so weit gediehen. Und der neue Königsmacher sitzt auf seinen Patenten und diktiert seinen Partnern die Tagesordnung. Ohne ihn können sie keine weiteren Weltraumfahrstühle bauen, keine Reaktoren –«
    »Julian Orley ist kein Königsmacher im klassischen Sinne. Er ist ein Alien, wenn sie so wollen. Eine außerirdische Macht. ExxonMobil, später EMCO, das waren Amerikaner, die Einfluss auf amerikanische Wahlen nahmen und im Ausland Putschisten mit Geld und Waffen belieferten. Orley hingegen versteht sich als Staat, als autonome Weltmacht. Etwas, womit die großen Konzerne immer schon geliebäugelt haben. Niemandem verpflichtet als sich selbst. Julian Orley würde niemals versuchen, einen

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