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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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weiterhelfen.«
    Der Junge zuckte die Achseln. Jericho projizierte das A mit dem verwaschenen Ring auf die Rückwand der Werkstatt. Die Augen des Jungen verrieten, dass er es kannte.
    »Da wollen Sie hin?«
    »Ist es weit?«
    »Nicht wirklich. Sie müssen nur –«
    »Halt die Klappe«, sagte jemand hinter ihnen.
    Jericho drehte sich um und starrte auf eine Brust, die irgendwo im Südosten begann und weiter im Nordosten endete. Hoch oberhalb der Brust musste etwas sein, womit das Ding dachte. Er legte den Kopf in den Nacken und gewahrte eine rasierte Kugel mit derart stark geschlitzten Augen, dass selbst einem Chinesen Zweifel kommen mussten, ob man damit sehen konnte. Eine bläuliche Kinnapplikation erinnerte an einen Pharaonenbart. Die offene Lederjacke gab den Blick frei auf den Schriftzug City Demons.
    »Schon gut.« Der Junge schickte einen unsicheren Blick nach oben. »Er hat ja nur gefragt, wo –«
    »Was?«
    »Alles okay.« Jericho lächelte. »Ich wollte wissen, ob –«
    »Was? Was wollen Sie wissen?«
    Das Gebirge machte keine Anstalten, sich zu ihm herunterzuneigen, was die Konversation erheblich vereinfacht hätte. Jericho trat einen Schritt zurück und richtete den Beamer wieder auf die Wand.
    »Tut mir leid, wenn ich ungelegen komme. Ich suche eine Adresse.«
    »Eine Adresse?« Sein Gegenüber drehte den massigen Schädel und richtete seine Sehschlitze auf die Projektion.
    »Ich meine, ist es überhaupt eine Adresse?«, fragte Jericho. »Ich besitze lediglich –«
    »Von wem haben Sie das?«
    »Von jemandem, der wenig Zeit hatte, mir den Weg zu erklären. Jemand aus Quyu. Ich will ihm helfen.«
    »Wobei?«
    »Soziale Probleme.«
    »Gibt es irgendjemanden in Quyu, der die nicht hat?«
    »Eben.« Jericho beschloss, sich die Behandlung nicht länger bieten zu lassen. »Was ist nun? Ich möchte die Person ungern warten lassen.«
    »Außerdem interessiert er sich für den Chopper!«, fügte der Junge in einem Tonfall hinzu, als habe er die Maschine bereits für eine horrende Summe an Jericho verhökert.
    Das Gebirge schürzte die Lippen.
    Dann lächelte es.
    Die Abweisung schmolz förmlich aus den Gesichtszügen heraus und machte breitester Freundlichkeit Platz. Eine riesige Pranke durcheilte das Universum und landete klatschend auf Jerichos Schulter.
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
    Das Eis war gebrochen. Die plötzliche Herzlichkeit fand ihren Niederschlag allerdings nicht in Auskünften, sondern einer detaillierten Beschreibung sämtlicher Vorzüge, die der Chopper angeblich hatte, um in der Nennung einer exorbitanten Summe zu gipfeln. Dabei brachte der Unhold das Kunststück fertig, das fehlende Hinterrad extra zu berechnen.
    Jericho nickte und nickte. Am Ende schüttelte er den Kopf.
    »Nicht?«, wunderte sich der Riese.
    »Nicht für den Preis.«
    »Gut. Nennen Sie Ihren.«
    »Ich schlage was anderes vor. Ein A mit Fransengürtel und vier ominösen Buchstaben darunter. Sie erinnern sich? Ich fahre hin, ich komme zurück. Danach handeln wir.«
    Der Riese produzierte Falten auf seiner Stirn. Denkfalten, wie Jericho vermutete. Dann beschrieb er ihm eine Route, die einmal quer durch Quyu zu führen schien.
    Wie hatte sich der Junge eben noch ausgedrückt? Nicht wirklich weit?
    »Und was bedeuten die Buchstaben?«
    »NDRO?« Der Riese lachte. »Ihr Bekannter muss wirklich sehr in Eile gewesen sein. Es heißt Andromeda.«
    »Ah!«
    »Und ist ein Veranstaltungsort für Live-Konzerte.«
    »Danke.«
    »Ihr Verhältnis zu Quyu scheint ungetrübt von jeder Sachkenntnis zu sein, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    Jericho hob unwillkürlich die Brauen. So viel Raffinesse im Satzbau hätte er dem Gebirge mit der Denkbeule gar nicht zugetraut.
    »Ich weiß tatsächlich wenig darüber.«
    »Dann passen Sie auf sich auf.«
    »Geht klar. Wir sehen uns später, um – Wie heißen Sie eigentlich?«
    Ein Grinsen spaltete den rasierten Schädel.
    »Daxiong. Ganz einfach Daxiong.«
    Aha. Sechs Koreaner, die Prügel bezogen hatten. Allmählich klärte sich die Sachlage.
     
    Jericho war nie zuvor in Quyu gewesen. Er hatte keine Vorstellung davon, was ihn erwartete, als er unter der Autobahn hindurchfuhr. Doch eigentlich geschah gar nichts. Quyu wies keinen definierten Anfang auf, jedenfalls nicht dieser Teil. Es begann einfach irgendwie. Mit Reihen flacher Häuschen ähnlich denen, die er gerade verlassen hatte. Kaum Geschäfte, dafür Straßenhändler dicht an dicht, die auf Laken und Teppichen

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