Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Verpackungen, an denen Reste von Lebensmitteln klebten. Jericho strich sie glatt. Mehrere trugen den Aufdruck Wongs World, ein unbeholfen gestaltetes Logo nebst Schriftzug. Eine Weltkugel schwamm in einer Schale mit Sauce und etwas, das wohl Gemüse darstellen sollte. Sie hatte ein Gesicht und wirkte sichtlich deprimiert.
    Jericho schoss Fotos und verließ den Raum.
    Als er die stählerne Treppe herunterstieg, schaute Zhao kurz zu ihm herüber und wandte sich wieder dem Mischpult zu. Jericho ging wortlos an ihm vorbei nach draußen. Im Foyer fiel sein Blick auf ein Plakat der Pink Asses. Nicht zu fassen. Sie warben tatsächlich mit dem Begriff Ass Metal und versprachen, dieser Sound gehe direkt in den Arsch.
    Er war einigermaßen sicher, dass er das nicht hören wollte.
    Während er sein COD entriegelte, sondierte er die Umgebung. Immer noch parkte das zweite Fahrzeug ein Stück entfernt. Jemand hatte sich an seine Fersen geheftet, anderes anzunehmen wäre naiv gewesen. Wahrscheinlich wurde er in diesen Sekunden beobachtet.
    Ein Student, der versprach, Informationen über Yoyos Verbleib zu liefern, in den Tod gestürzt, nachdem ihn seine eigene Achterbahn über den Haufen gefahren hatte. Ein COD, das auftauchte, unmittelbar nachdem er im ANDROMEDA eingetroffen war. Yoyos erneute Selbstauflösung. Wie viele Zufälle musste man bemühen, bevor sich die pelzige Trockenheit der Angst auf die Zunge legte? Yoyo war keinen Hirngespinsten aufgesessen. Sie hatte allen Grund, sich zu verstecken, und es war keineswegs ausgemacht, wer sie jagte. Die Regierung, vertreten durch Polizei und Geheimdienste, würde vor Mord nicht zurückschrecken, wenn es die Umstände erforderten. Doch welche Umstände konnten die Partei zwingen, so weit zu gehen? Yoyo mochte sich den Rang einer Staatsfeindin erschrieben haben, sie dafür umzubringen hätte nicht dem Stil eines Regimes entsprochen, das Dissidenten inzwischen wegschloss, statt sie wie zu Maos Zeiten totzuschlagen.
    Oder hatte Yoyo ein ganz anderes Ungeheuer geweckt, das sich an keine Spielregeln hielt?
    Fest stand, wer immer sie jagte, nahm nun auch Jericho ins Visier. Zu spät, den Fall niederzulegen. Er startete das COD und wählte eine Nummer. Nach dreimaligem Klingeln meldete sich Zhaos Stimme.
    »Ich verschwinde von hier«, sagte Jericho. »Sie könnten sich derweil schon mal um unsere neue Partnerschaft verdient machen.«
    »Was soll ich tun?«, fragte Zhao.
    »Haben Sie ein Auge auf das zweite COD.«
    »In Ordnung. Ich melde mich.«
     
    Kenny Xin sah ihn losfahren.
    Das Schicksal war eine treulose Geliebte. Von der erhabenen Warte des World Financial Centers hatte sie ihn hierher geführt, mitten ins Schwarze unter dem Fingernagel der Weltwirtschaftsmacht Nummer eins. Immer wieder passierte ihm das. Kaum wähnte er sich den Armen der syphilitischen Hure namens Menschheit entronnen, glaubte ihr nichts mehr zu schulden, ihren fauligen Atem nie wieder ertragen zu müssen, zwang sie ihn zurück auf ihr schäbiges Lager. Schon in Afrika hatte er ihren widerwärtigen Anblick ertragen, sich von ihr berühren lassen müssen, bis er fürchtete, an allen Stellen seines Körpers infiziert zu sein und sich in schwärenden, eitrigen Brei zu verwandeln. Nun war er in Quyu gelandet, und wieder grinste ihn dieselbe entstellte Fratze an, ohne dass er den Blick abwenden konnte. Schwindel überkam ihn, wie jedes Mal, wenn der Ekel sich seiner bemächtigte. Die Welt schien in Schieflage zu geraten, sodass es ihn wunderte, die Häuser nicht rutschen und die Menschen durcheinanderpurzeln zu sehen.
    Er presste Daumen und Zeigefinger gegen sein Nasenbein, bis er wieder klar denken konnte.
    Der Detektiv war verschwunden. Sein COD zu verwanzen, wäre ein Leichtes gewesen, doch Xin hegte keinen Zweifel, dass Jericho Quyu fürs Erste verlassen und das Fahrzeug bald wieder abgeben würde. Er brauchte ihm nicht länger zu folgen. Jericho konnte ihm nicht entgehen. Sein Blick wanderte über den Platz, und er entledigte sich seines Abscheus, indem er ihn nach allen Seiten verströmte. Wie er die Menschen in Quyu hasste! Wie er die miserabel ernährten, ewig kranken, mutlosen Kreaturen in Afrika gehasst hatte! Nicht, weil er persönlich etwas gegen sie hatte. Sie waren Unbekannte, die Statistiken bevölkerten. Er hasste sie, weil sie arm waren. So sehr hasste Xin ihre Armut, dass es schmerzte, sie leben zu sehen.
    Höchste Zeit, von hier wegzukommen.
     

JERICHO
     
    Er steuerte eben den Zubringer zur

Weitere Kostenlose Bücher