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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wies mit seiner Flasche auf Jerichos silbernes COD, das vor dem ANDROMEDA die Sonne reflektierte. »Zumal Sie für hiesige Verhältnisse etwas auffällig reisen. CODs verirren sich selten nach Quyu.«
    »Offensichtlich.«
    »Vielleicht ist Yoyo aber auch vor dem anderen abgehauen.«
    Jericho runzelte die Stirn. »Welcher andere?«
    Zhaos Hand wanderte weiter nach rechts. Jericho folgte der Bewegung und sah am Ende der Halle ein zweites COD parken. Verblüfft fragte er sich, ob es schon bei seinem Eintreffen dort gestanden hatte. Er war abgelenkt gewesen: die Überraschung, das ANDROMEDA gefunden zu haben, verbunden mit der Erkenntnis, Daxiong auf den Leim gegangen zu sein. Er stand auf und schirmte die Augen mit der Handfläche ab. Niemand saß in dem anderen Fahrzeug, soweit er sehen konnte.
    Ein Zufall?
    »Ist Ihnen jemand gefolgt?«, fragte Zhao.
    Jericho schüttelte den Kopf.
    »Ich bin durch halb Quyu geirrt, bevor ich herkam. Da war kein COD hinter mir.«
    »Sind Sie sicher?«
    Jericho schwieg. Er wusste nur zu gut, wie man jemandem unentdeckt folgte. Wer immer das Fahrzeug dort abgestellt hatte, konnte sich schon in Xintiandi an seine Fersen geheftet haben.
    Auch Zhao erhob sich.
    »Ich werde Sie überprüfen, Jericho«, sagte er. »Aber mein Glaube an das Gute und Edle sagt mir, Sie sind sauber. Offenbar teilen wir die Sorge um Yoyos Wohlbefinden, also schlage ich eine befristete Zusammenarbeit vor.« Er zog einen Stift hervor, kritzelte etwas auf einen Fetzen Papier und reichte ihn Jericho herüber. »Meine Handynummer. Sie geben mir dafür Ihre. Wir versuchen gemeinsam, sie zu finden.«
    Jericho nickte. Er programmierte die Nummer ein und revanchierte sich mit einer Karte. Zhao blieb undurchsichtig, aber im Augenblick war sein Vorschlag das Beste, was er hatte.
    »Wir sollten uns einen Plan überlegen«, sagte er.
    »Der Plan ist unsere gegenseitige Verpflichtung zur Offenheit. Sobald wir etwas hören oder sehen, werden wir einander informieren.«
    Jericho zögerte. »Darf ich Sie noch was Persönliches fragen?«
    »Sofern Sie nicht erwarten, dass ich antworte.«
    »Wie stehen Sie zu Yoyo?«
    »Sie hat hier Freunde. Ich bin einer davon.«
    »Mir ist bewusst, dass sie Freunde hat. Ich meine explizit, in welcher Verbindung Sie zu ihr stehen. Sie sind kein City Demon. Sie wissen, dass sie zu den Wächtern gehört, was nicht heißen muss, dass Sie dazugehören.«
    Zhao leerte seine Flasche und rülpste erneut.
    »In Quyu gehören alle irgendwie zusammen«, sagte er gleichmütig.
    »Mann, Zhao.« Jericho schüttelte den Kopf. »Antworten Sie oder lassen Sie es bleiben, aber kommen Sie mir nicht mit Slum-Romantik.«
    Zhao sah ihn an.
    »Kennen Sie Yoyo persönlich?«
    »Nur von Aufnahmen.«
    »Wer sie persönlich kennt, hat zwei Möglichkeiten. Er verliebt sich oder kühlt seine Gefühle herunter. Da sie sich nicht in mich verlieben will, arbeite ich an der zweiten Lösung, aber ich werde sie ganz bestimmt niemals hängen lassen.«
    Jericho nickte und fragte nicht weiter nach. Sein Blick wanderte wieder zu dem zweiten Fahrzeug.
    »Ich will mich noch mal im ANDROMEDA umsehen«, sagte er.
    »Wozu?«
    »Vielleicht finde ich was, das uns weiterhelfen könnte.«
    »Meinetwegen. Wenn es Ärger gibt, haben Sie die Erlaubnis dazu nicht von mir.« Er schlug Jericho auf die Schulter und ging über den Platz zu dem rostigen Lieferwagen. Jericho sah ihn mit einem der Roadies sprechen und gestikulieren. Es hatte den Anschein, als diskutierten sie die Anordnung des Bühnenlichts. Dann wuchteten sie gemeinsam einen weiteren Rollkoffer aus dem Wagen. Jericho wartete eine Minute und folgte ihnen ins Innere. Als er den Zuschauerraum betrat, wurde dort eben der Platz für den Toningenieur eingerichtet. Niemand war auf der Balustrade. Er stieg die Stahltreppe empor, schlüpfte durch die graue Tür, zog ein Paar steriler Wegwerfhandschuhe an und betrat ein zweites Mal an diesem Tag Yoyos schäbiges Reich. Als Erstes platzierte er eine Wanze unter einem der Regalböden. Dann sichtete er im Schnelldurchgang die gestapelten Ausdrucke, Zeitschriften und Bücher. Nichts lieferte Hinweise auf Yoyos Verbleib. Der überwiegende Teil drehte sich um Musik, Mode, Design und die Shanghaier Szene, Politik, virtuelle Ambiente und Robotik. Fachliteratur, die Yoyo möglicherweise las, um sich für ihre Arbeit bei Tu Technologies auf dem Laufenden zu halten. Er trat zum Arbeitstisch und durchwühlte den Papierkorb: zerrissene und zusammengeknüllte

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