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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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und kapitulieren. Eine Maschine übernahm das Kommando über sein Denken und seine Motorik, deren ganzer Ehrgeiz sich darin erschöpfte, zu funktionieren. Er bückte sich, nestelte die Waffe aus den erschlafften Fingern, richtete die Mündung auf den gestrauchelten Killer und drückte ab.
    Leer.
    Mit einem Aufschrei schleuderte der Blonde das tote Mädchen von sich, tastete nach seiner Pistole und entlud sein Magazin in die Luft, geblendet von Ziyis Blut. Jericho wirbelte aus der Schusslinie und zog ihm die Waffe über den Schädel. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, setzte er mit großen Sprüngen über die dahingestreckten Körper und hastete ins Freie.
     
    Kurz haderte Xin damit, wie einfach alles hätte gewesen sein können. Das Mädchen aufgespürt, mitsamt ihrem Computer. Zu wissen, welcher es war. Ihr zu entlocken, um wen er sich noch zu kümmern hatte, eine Sache weniger Minuten. Xin war sicher, dass Yoyo für Schmerzen äußerst empfänglich war. Sie hätte ihm schnell verraten, was er wissen musste.
    Der Job könnte erledigt sein.
    Stattdessen war wie aus dem Hut gezaubert Owen Jericho aufgetaucht. Xin hatte nicht die mindeste Ahnung, was den Detektiv hergetrieben hatte. War seine Tarnung nicht perfekt gewesen? Uninteressant für den Moment. Dunkel und massig ragte der Hochofen vor ihm auf. Zwischen Yoyo und der Stiege unten parkten zwei Airbikes. Von Verwirrung geleitet, hatte sie sich wohl einen Augenblick zu lange mit der Frage beschäftigt, welcher Weg der kürzere sei, und da war Xin auch schon hinaus auf die Empore gestürmt und hatte sie vom Treppenabsatz weggedrängt. Der Gitterturm bot damit keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Also war sie über die Brücke geflohen, die Zentrale und Hochofen miteinander verband, auf die andere Seite, mitten hinein in den Dschungel aus Laufgängen, Gerätschaften und Rohren, die den Schmelzbehälter umwucherten.
    Ohne besondere Eile kam er ihr nach. Jede der Gerüstebenen des Ofens war mit der nächsthöheren durch Stiegen verbunden, doch nach unten hin blockierte zusammengebrochenes Stützwerk den Weg. Auch Yoyo war ihr Fehler mittlerweile klar geworden. Sie schaute abwechselnd zu Xin und in die Höhe, während sie sich langsam rückwärts schob. Seine Siegesgewissheit kehrte zurück. Er blieb stehen.
    »Ich wollte das nicht«, rief er.
    Yoyos Züge verschwammen. Einen Moment lang glaubte er, sie wieder in Tränen ausbrechen zu sehen.
    »Ich hatte sowieso nie vor, dir das Ding zu geben«, schrie sie.
    »Yoyo, es tut mir leid!«
    »Dann verpiss dich!«
    »Habe ich etwa mein Wort gebrochen?« Er legte alle Gekränktheit, derer er fähig war, in seine Worte. »Habe ich das?«
    »Leck mich!«
    »Warum vertraust du mir nicht?«
    »Wer dir vertraut, ist tot!«
    »Deine Leute haben angefangen, Yoyo. Sei doch vernünftig, ich will nur mit dir reden.«
    Yoyo schaute hinter sich, nach oben, heftete ihren Blick wieder auf Xin. Fast hatte sie die Stiege erreicht, die ins nächsthöhere Level führte. Er legte die Pistole vor sich hin und zeigte ihr beide Handflächen.
    »Keine Gewalt mehr, Yoyo. Kein Blutvergießen. Ich schwöre es.«
    Sie zögerte.
    Komm schon, dachte er. Du kannst nicht nach unten. Du sitzt in der Falle, kleine Maus. Dumme, kleine Maus.
    Doch die Maus erschien ihm plötzlich alles andere als hilflos. Irritiert fragte er sich, wer hier eigentlich wem Theater vorspielte. Das Mädchen stand unter Schock, sicher, doch wie sie sich der Stiege näherte, erinnerte sie in nichts mehr an die tränenüberströmte Yoyo, die noch vor einer Minute bereit gewesen war, ihm ihren Computer zu überlassen. In ihrer katzenhaften Art, sich zu bewegen, erkannte er seine eigene über Jahre geschulte Wachsamkeit, deren Erwerb auf Zähigkeit, Misstrauen, Überlebenswillen und Verschlagenheit gründete.
    Yoyo war stärker, als er angenommen hatte.
    Im Moment, da sie auf die Stiege sprang, wusste er, dass jede weitere Diplomatie Zeitvergeudung wäre. Falls es überhaupt je eine Chance gegeben hatte, das Mädchen zu beschwatzen, war sie vertan.
    Er nahm seine Waffe auf.
    Hinter ihm schwoll das Heulen einer Turbine an. Xin fuhr herum und sah Jericho im Sattel eines der Airbikes sitzen, im Bemühen, das Gefährt zu starten. Blitzschnell erwog er seine Optionen, doch Yoyo hatte Vorrang. Er ignorierte den Detektiv und hastete der Fliehenden hinterher, deren Schritte den Laufgang über ihm erzittern ließen, sah ihre Silhouette durch die Gitterstreben davonschnellen. Mit

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