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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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richtig.« Der andere lachte leise. »Also meinetwegen – Kenny.«
    »Kenny wer? Kenny Zhao Bide?«
    »Kenny ist okay.«
    »Gut, Kenny.« Jericho atmete tief durch. »Dann wasch dir mal die Ohren. Yoyo ist dir durch die Lappen gegangen. Ich bin dir entwischt. Du wirst keinen Schritt weiterkommen, solange einer von uns Grund hat, sich von dir bedroht zu fühlen.«
    Im Kopfhörer war ein Seufzen der Resignation zu vernehmen.
    »Ich bedrohe niemanden.«
    »Doch. Du erschießt Leute und jagst Häuser in die Luft.«
    »Man muss den Tatsachen ins Auge sehen, Owen. Ihr habt einen respektablen Kampf geliefert, du und das Mädchen. Bewundernswert, nur leider nicht besonders schlau. Hätte Yoyo kooperiert, könnten alle noch leben.«
    »Lächerlich.«
    »Es waren ihre Leute, die mit der Ballerei angefangen haben.«
    »Keineswegs. Sie haben geballert, weil du Xiao Meiqi und Jin Jia Wei umgebracht hattest.«
    »Das war unumgänglich.«
    »Ach ja?«
    »Yoyo hätte sonst wohl kaum mit mir geredet. Später habe ich alles darangesetzt, weiteres Blutvergießen zu vermeiden.«
    »Was willst du, Kenny?«
    »Was werde ich schon wollen? Yoyo natürlich.«
    »Um was zu tun?«
    »Um sie zu fragen, was sie weiß und wem sie davon erzählt hat.«
    »Du –«
    »Ganz ruhig!«, kam ihm Kenny zuvor. »Mir ist nicht daran gelegen, noch mehr Menschen umzubringen. Bloß, ich stehe unter einem gewissen Druck, verstehst du? Erfolgsdruck. Das ist die Zeit, in der wir leben, alle wollen ständig Resultate sehen, also was würdest du an meiner Stelle tun? Unverrichteter Dinge abziehen?«
    »Du hast genügend Dinge verrichtet. Du hast Yoyos Computer zerstört, die komplette Infrastruktur der Wächter. Glaubst du im Ernst, von denen will sich noch einer mit dir anlegen?«
    »Owen«, sagte Kenny im Tonfall des Lehrers, der sich genötigt sieht, alles dreimal zu erklären. »Ich weiß gar nichts. Nicht, ob ich Yoyos Infrastruktur vernichtet habe, auf wie viele Maschinen sie die Daten überspielt hat, ob alle in der Zentrale verbrannt sind, wem sie sich anvertraut hat. Was ist mit diesem Motorrad fahrenden Riesenbaby? Was ist mit dir? Hat sie dir nichts verraten?«
    »So kommen wir nicht weiter. Wo bist du überhaupt?«
    Kenny ließ einen Augenblick verstreichen.
    »Schöne Wohnung. Wie ich sehe, hast du aufgeräumt.«
    Jericho lächelte säuerlich. Eine krude Befriedigung erfasste ihn, recht behalten und sich beizeiten vom Acker gemacht zu haben.
    »Im Kühlschrank findest du ein kaltes Bier«, sagte er. »Nimm es und verschwinde.«
    »Das kann ich nicht, Owen.«
    »Warum nicht?«
    »Hast du nicht ebenso wie ich Aufträge zu erledigen? Bist du nicht gewohnt, die Dinge zu Ende zu bringen?«
    »Ich sag's dir noch mal –«
    »Stell dir das Inferno vor, wenn die Flammen auf andere Teile des Gebäudes übergreifen sollten.«
    Jerichos Mund trocknete schlagartig ein.
    »Welche Flammen?«
    »Die aus deiner Wohnung.« Kennys Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken, und plötzlich erinnerte er Jericho an eine Schlange. Eine riesige, sprechende Schlange, in den Körper eines Menschen gestopft. »Ich denke an die Leute, und natürlich auch an dich. Ich meine, alles hier sieht neu und teuer aus, wahrscheinlich steckt dein ganzes Erspartes darin. Wäre es nicht furchtbar, das alles auf einen Schlag zu verlieren, nur eines Anflugs von Korrektheit halber, aus Solidarität zu einem aufsässigen Mädchen?«
    Jericho schwieg.
    »Kannst du dich jetzt besser in meine Lage hineinversetzen?«
    Tausend Kränkungen sammelten sich auf Jerichos Zungenspitze. Stattdessen sagte er so ruhig wie möglich:
    »Ja. Ich schätze schon.«
    »Da fällt mir ein Stein vom Herzen. Wirklich! Ich meine, wir waren kein schlechtes Team, Owen. Unsere Interessen differieren marginal, aber im Grunde wollen wir doch beide dasselbe.«
    »Und nun?«
    »Sag mir einfach, wo Yoyo ist.«
    »Ich weiß es nicht.«
    Kenny schien darüber nachzudenken.
    »Gut. Ich glaube dir. Also wirst du sie für mich ausfindig machen müssen.«
    Ausfindig machen –
    Großer Gott! Was war er doch für ein verdammter Idiot! Er wusste nicht, über welche Möglichkeiten der Killer verfügte, doch ohne Zweifel diente alles, was er sagte, dazu, das Gespräch in die Länge zu ziehen. Kenny versuchte, ihn ausfindig zu machen. Ihn zu orten.
    Ohne zu zögern kappte Jericho die Verbindung.
    Keine Minute später empfing er eine Sprachaufzeichnung.
    »Ich gebe dir zwei Stunden Zeit«, zischte Kenny. »Keine Minute mehr. Dann will

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