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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Donner. Hübscher Name, hübscher Versuch.
    Er wählte eine Nummer auf seinem Handy.
    »Hydra«, sagte er.
    »Haben Sie das Problem gelöst?«
    Wie immer ging ihre Unterhaltung codiert übers Netz. Xin berichtete in knappen Worten, was geschehen war. Sein Gesprächspartner schwieg eine Weile. Dann sagte er:
    »Das ist Mist, Kenny. Nichts, worauf Sie stolz sein können.«
    »Ich schlage vor, Sie fassen sich an Ihre eigene Nase«, erwiderte Xin übellaunig. »Hätten Sie einen Algorithmus implementiert, der sicher ist, wären wir gar nicht erst in die Situation gekommen.«
    »Er ist sicher. Außerdem steht das hier nicht zur Debatte.«
    »Zur Debatte steht, was ich für debattierenswert halte.«
    »Sie nehmen sich viel heraus.«
    »Ach ja?« Xin lachte schallend. »Sie sind mein Kontaktmann, schon vergessen? Ein besseres Diktafon. Wenn ich Vorträge hören will, rufe ich ihn an.«
    Der andere räusperte sich indigniert. »Was also schlagen Sie vor?«
    »Was ich bereits vorgeschlagen habe. Unser Freund in Berlin muss weg. Alles andere wäre unverantwortlich. Immerhin stand die Adresse des Restaurants in der verdammten E-Mail. Wenn Jericho auf die Idee kommt, sich mit ihm in Verbindung zu setzen, haben wir wirklich ein Problem!«
    »Sie wollen nach Berlin?«
    »So bald wie möglich. Das werde ich keinem anderen überlassen.«
    »Warten Sie.« Die Leitung war vorübergehend tot. Dann meldete sich die Stimme wieder. »Wir buchen Sie für den Nachtflug ein.«
    »Was ist mit Verstärkung vor Ort?«
    »Schon unterwegs. Der Spezialist, Ihrem Wunsche vorauseilend. Gehen Sie diesmal schonender mit Personal und Equipment um.«
    Xin kräuselte verächtlich die Lippen. »Machen Sie sich bloß keine Gedanken.«
    »Nein, ich bin ja nur das Diktafon«, sagte die Stimme eisig. »Aber er macht sich welche. Also erledigen Sie diesen Job.«
     

CALGARY, ALBERTA, KANADA
     
    Am 21. April waren Sid Bruford und zwei Freunde zu der Veranstaltung in Calgary gepilgert, auf welcher EMCO eine Zukunft zu skizzieren gedachte, die keine mehr war. Niemand gab sich noch Illusionen darüber hin, Gerald Palstein werde etwas anderes verkünden als das Aus der Ölsandförderung in Alberta, sodass sich nun alle Hoffnungen auf Strategien zur Sanierung, Konsolidierung oder wenigstens ein Konzept zur sozialen Absicherung richteten. Im Vertrauen darauf standen sie hier, und auch, weil es sich irgendwie gehörte, seiner eigenen Beerdigung beizuwohnen.
    Der Platz, ein quadratischer Park vor dem Firmensitz des Unternehmens, füllte sich langsam aber stetig mit Menschen. Wie zur Verhöhnung ihrer Misere schien eine strohgelbe Sonne aus stahlblauem Himmel auf die Menge herab und erzeugte Temperaturen des Aufbruchs und der Zuversicht. Bruford, unwillig, sich der allgemeinen Verbitterung zu überlassen, hatte beschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. Zum Totentanz gehörte, Fatalismus in Selbstvertrauen umzumünzen, sich mit den erforderlichen Kontingenten Bier einzudecken und Handgreiflichkeiten möglichst zu vermeiden. Sie sprachen eine Weile über Baseball und hielten sich im Hintergrund, wo die Luft weniger schweißgesättigt war. Bruford schwenkte sein Handy und filmte, um etwas von der Stimmung ringsum einzufangen, als zwei erfreulich leicht bekleidete Mädchen ins Objektiv gerieten, die ihn bemerkten und kichernd zu posieren begannen. Hinter ihnen erstreckte sich ein Komplex aus leer stehenden Gebäuden, Sitz einer pleitegegangenen Firma für Bohrtechnologie, wie er sich zu erinnern glaubte. Die Mädchen mochten ihn, das war so sicher wie die Schließung von Imperial Oil, seine hübschen, fast italienisch anmutenden Gesichtszüge, die Skulptur seines Körpers, die ihm Ansporn war, auch bei frostigen Temperaturen wenig mehr als Shorts und Muscle Shirt zu tragen. Er hielt drauf und lachte. Die beiden flachsten. Nach wenigen Minuten widmete er sich wieder seinen Freunden, doch als er sich ein weiteres Mal umdrehte, stellte er fest, dass die Mädchen nun ihrerseits ihn filmten. Geschmeichelt machte er sich für die beiden zum Affen, zog Grimassen, stolzierte umher, auch seine Freunde fühlten sich animiert. Keiner benahm sich sonderlich erwachsen oder wie jemand, dem gerade die Existenzgrundlage entzogen wurde. Die Mädchen begannen, unterbrochen von Lachanfällen, eine Szene aus einem Hollywood-Streifen nachzuspielen, die Jungs bemühten ihr pantomimisches Repertoire, ausgelassen riefen sie einander die Lösungen zu. Der Tag versprach lustiger zu

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