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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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werden als erwartet, außerdem fand Bruford, wann immer er sich mit seinem Spiegelbild ins Vernehmen setzte, dass er im Filmgeschäft ohnehin besser aufgehoben wäre als im Tagebau von Cold Lake. Vielleicht würde er EMCO eines Tages noch dankbar sein. Auf Ikarusflügeln schwang sich seine Laune zur Aprilsonne hinauf, sodass er beinahe verpasste, wie der kleine, glatzköpfige Ölmanager das Podium erstieg.
    Jemand tippte ihm auf die Schulter. Es gehe los. Bruford wandte den Kopf, eben rechtzeitig, um Palstein stolpern zu sehen. Der Mann fing sich, wankte und brach zusammen. Sicherheitsleute stürzten herbei, bildeten einen Wall zur skandierenden Menge. Bruford reckte den Hals. Herzattacke, Kreislaufkollaps, Gehirnschlag? Er schob sich nach vorne, während er das Handy mit der Rechten über die Köpfe der aufgeregten Menschenmenge hielt. Das war ein Anschlag gewesen, ganz klar! Hatte man so was nicht zur Genüge in Filmen gesehen? Das Stolpern, ein Missgeschick. Dann aber hatte etwas den Manager herumgerissen, bevor er zu Boden gegangen war. Ein Schuss, was sonst! Jemand musste auf Palstein geschossen haben, nur so konnte es sein!
    Was Bruford nicht wusste, war, dass ihn beim Filmen der Mädchen, zwanzig Minuten zuvor, eine der Fernsehkameras erfasst hatte, verwischt und unscharf, für die Dauer weniger Sekunden. Die Polizisten hatten ihn bei der Analyse des Sendematerials schlicht übersehen.
    Nicht so die Leute von Greenwatch.
    Immer noch konnte er kaum glauben, dass sie ihn anhand des Ausschnitts aufgespürt hatten, mit Hilfe der Schneeballtaktik, wie Loreena Keowa, die wangenknochige, nicht sonderlich hübsche und dennoch irgendwie schweißtreibend aufregende Indianerin ihm erklärt hatte. Schnell waren sie bei Greenwatch zu dem Schluss gelangt, die Männer neben ihm müssten seine Kumpels sein, besser zu erkennen als er, und dann hatte einer der beiden etwas zu einem alten Mann in der Reihe vor ihnen gesagt, zu Jack Alles-im-Arsch-Becker natürlich, das wusste er noch genau, weil der ihm anschließend mit seiner Larmoyanz auf den Sack gegangen war. Im Gegensatz zu den anderen war Becker, der an jenem Tag seinen Imperial-Oil-Overall getragen hatte, scharf abgelichtet gewesen, und Keowa verfügte offenbar über Kontakte ins Personalwesen der Firma. Sie hatte ihn identifiziert, angerufen und ihm die Aufnahme gezeigt, woraufhin Was-krieg-ich-dafür-Becker zuerst Brufords Kumpel und diese dann Bruford beim Namen genannt hatten.
    Und da saß er nun. Unheimlich, die Welt! Jeder konnte zurückverfolgt werden. Andererseits hätte es Schlimmeres geben können, als neben Keowa in ihrem geliehenen Dodge zu sitzen, um 50 kanadische Dollar reicher, und ihr dabei zuzusehen, wie sie seine verwackelten Videos auf ihren Computer lud. Keowa in ihren schicken Klamotten, die so gar nicht zu einer Ökotante passen wollten. Etliches ging ihm durch den Kopf. Ob er nicht mehr hätte verlangen sollen. Was Greenwatch mit den Filmen vorhatte. Warum Indianerhaar so sehr glänzte, und was er mit seinem anstellen musste, damit es ebenso glänzte, wegen der Karriere in Hollywood.
    »Sollten wir nich' besser zur Polizei gehen?«, hörte er sich vorschlagen. Eine Frage mit Potenzial, wie er fand. Keowa starrte ihr Display an, auf den Überspielvorgang konzentriert.
    »Seien Sie versichert, das werden wir«, murmelte sie.
    »Ja, aber wann?«
    »Ist doch egal, wann«, nölte Keowas Begleiter vom Rücksitz.
    »Ich weiß nich'.« Er schüttelte den Kopf, erzeugte einen Ausdruck aufrichtiger Sorge, schauspielerisches Talent halt, er hatte es immer gewusst, dazu war er geschaffen. »Ich will in nichts reingezogen werden. Wär' eigentlich unsere Pflicht, oder?«
    »Warum haben Sie's dann nicht getan?«
    »Bin nich' drauf gekommen. Aber jetzt, wo wir drüber reden –«
    »Ja, Sie haben natürlich recht, wir sollten den Handel überdenken.« Keowa wandte ihm den Kopf zu. »Wissen wir denn überhaupt, ob das Material 50 Dollar wert ist? Vielleicht ist ja gar nichts darauf zu sehen.«
    Bruford zögerte. »Das wär dann aber euer Problem.«
    »Vielleicht ist es aber auch 100 Dollar wert, oder?« Sie hob eine Augenbraue. »Könnte das sein, Sid? Vorausgesetzt, jemand hört auf, Fragen zu stellen und sich Gedanken über die Polizei zu machen.«
    Bruford verkniff sich ein Grinsen. Genauso hatte es laufen sollen.
    »Doch«, sagte er nachdenklich. »Könnte schon sein.«
    Sie griff in ihr Jackett und förderte so behände einen zweiten Fünfziger daraus zutage,

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