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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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nach ihnen raus. Außerdem sehen die Typen von der Security alle gleich aus. Angenommen also, der Chinese ist unser Killer.«
    »Wieso Chinese?«
    »Asiate. Egal.« Sie beugte sich vor. »Überleg doch mal, Mensch, drei Sicherheitsleute! Einer steht unweit des Eingangs. Zwei andere quatschen mit einem Polizisten, nur wenige Meter entfernt. Und keiner will die massiv übergewichtige Erscheinung wahrgenommen haben, die ein Haus betritt, das sie bewachen sollen?«
    »Vielleicht war der Chine – der Asiate ja auch ein Sicherheitsmann. Hat Palstein dir nicht erzählt, er nehme den Sicherheitsdienst erst seit Calgary in Anspruch? Das wundert mich viel mehr.«
    »Nein, hat er nicht.« Sie schwenkte ihre Tasse, mischte Espresso mit Schaum. »Nur, dass sie seit Calgary sein Haus bewachen.«
    »Tja. Hätte sich besser mal jemand anderen genommen.«
    Keowa starrte in ihr Schaum-Espresso-Gemisch.
    Hätte sich besser –
    »Verdammt, du hast recht.«
    »Logisch«, sagte der Praktikant, Reste von Porridge zusammenkratzend. »Mit was denn?«
    »Er kann ihnen nicht trauen.«
    »Weil sie Flaschen sind. Zu doof, um –«
    »Nein, sind sie nicht.« Unglaublich! Warum kam sie erst jetzt darauf? Die Sicherheitsleute hatten den Killer passieren lassen! Im Wissen darum, wer er war! Mehr noch, sie hatten den Polizisten abgelenkt und die Umgebung im Auge behalten, um sicherzustellen, dass niemand ihn daran hinderte, das Haus zu betreten.
    »Du lieber Himmel«, flüsterte sie.
     

DALLAS, TEXAS, USA
     
    »Es ist noch nicht lange her, da galt als entscheidend für die geopolitische Rolle einer Nation, wie gut sie in der Lage wäre, ihren Bedarf an den fossilen Ressourcen zu sichern. Auch unter dieser Prämisse sah man China mittelfristig die Wirtschaftsnationen anführen, die USA weit abgeschlagen auf Platz 2, gefolgt von Indien.«
    Gerald Palsteins Gastdozentur an der UT Dallas, einer staatlichen Universität im Vorort Richardson, hatte rund 600 Studenten auf den Plan gerufen, die meisten angehende Manager, Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker. Das Interesse war groß, was sich Palsteins Medienwirksamkeit ebenso verdankte wie dem Umstand, dass er ein cinemaskopes Panorama des Scheiterns entwarf, in dem eine Titanic der Energiewirtschaft einen Eisberg namens Helium-3 rammte.
    »Russlands Rolle zu dieser Zeit war die einer Großmacht, was Öl und Gas betraf. Man sprach auch von Gazprom als Waffe. Keiner hat diese Waffe im Kampf um die geostrategische Rolle Russlands so gekonnt eingesetzt wie der damalige Präsident des Landes Wladimir Putin. Kennt einer von Ihnen noch seinen Spitznamen?«
    »Gasputin«, rief eine junge Frau aus der vorderen Reihe. Allgemeines Gelächter. Palstein hob anerkennend die Brauen.
    »Sehr gut. Die Amerikaner haben damals mit Sorge gesehen, dass China in Sachen Energiebedarf offen mit Russland flirtete und außerdem seine Kontakte zur OPEC ausbaute. Der gefiel das natürlich. Sie war schon lange nicht mehr so hofiert worden und erhoffte sich nun eine Renaissance ihres einstigen Status. Also gingen die Ölnationen am Golf dazu über, ihr Geld auf Konten der Industrial and Commercial Bank of China, in der Türkei und sogar in Indien anzulegen statt in amerikanischen Instituten, und China begann, seine Öllieferungen aus dem Iran anstelle von Dollars in Euro zu begleichen. Das Kräftegleichgewicht verlagerte sich, mithin der Grund für Amerikas Bestreben, sich aus der Abhängigkeit östlicher Öllieferanten zu lösen. 2006 waren Vertreter Saudi-Arabiens nach Peking gereist, um diverse Abkommen zu unterzeichnen. Auch Kuwait buhlte um China, weil man dort befürchtete, Boden an Russland zu verlieren. All das wusste China zu instrumentalisieren. Wir wollen keine Hassbilder bemühen, dennoch kann man sich das energiehungrige China im ersten Jahrzehnt unseres Jahrtausends wie einen Kraken vorstellen, dessen Arme sich lautlos und weitgehend unbemerkt in die angestammten Förderregionen der westlichen Ölmultis entrollten. Im Weißen Haus entwickelte man Szenarien für den Fall, radikale Kräfte könnten die saudische Herrscherdynastie stürzen, und alle fußten auf der Überlegung, dass China darin verwickelt wäre und am Ende chinesische Atomraketen in der saudischen Wüste stationiert würden. Diese Angst war, wie wir heute wissen, nicht ganz unbegründet. Definitiv hat der Sturz des Hauses Saud mit verdeckter chinesischer Beteiligung stattgefunden. Und ganz sicher hätte der Konflikt zwischen islamistischen und

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