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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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monarchistischen Kräften letztlich zum Flächenbrand und zur offenen Auseinandersetzung zwischen China und Amerika geführt, hätte das heraufdämmernde Potenzial von Helium-3 Washingtons Interessen nicht in eine andere Richtung gelenkt.«
    Palstein tupfte Schweiß von seiner Stirn. Es war heiß in dem Hörsaal. Er wünschte sich an Bord eines Schiffes, auf seinen See oder besser noch hinaus aufs Meer, wo belebende Winde bliesen.
    »Man kann Folgendes annehmen: Hätten Öl und Gas weiterhin die dominante Rolle gespielt, sähe die Welt heute ein bisschen anders aus. China hätte die USA möglicherweise überholt, anstatt gleichzuziehen. Chinesen, Russen und Golfstaaten würden in der Energiepolitik paktieren. Der Iran, seit wenigen Jahren im Besitz von Atombomben, hätte mehr Macht inne als es heute trotz seiner nuklearen Bewaffnung der Fall ist, und wahrscheinlich hätte er stärkeren Druck auf Neu-Delhi ausgeübt, das schon 2006 gemeinsam mit Teheran eine Pipeline ins Auge gefasst hatte, durch die kaspisches Öl nach Indien fließen sollte. Diese Pipeline sollte am Roten Meer enden, wodurch das Öl nicht nach Israel hätte fließen können, weshalb die Vereinigten Staaten dagegen waren. Für Indien keine einfache Lage. Eine Zusammenarbeit mit dem Iran drohte Amerika zu erzürnen, Konzessionen an Washington den Iran zu verärgern. Um dieser Zwickmühle zu entgehen, haben die Inder damals erwogen, eine dritte Kraft mit einzubeziehen, die als integratives Element hätte wirken können, da sie gute Kontakte sowohl zu China als auch zum Iran unterhielten. So kamen die Russen in Gestalt von Gazprom wieder ins Spiel, die ihrerseits jede Chance zur Stärkung ihres Staats wahrnahmen, etwa indem sie Nachbarstaaten den Gashahn zudrehten und sie damit erpressten. Erkennen Sie die Blockbildung, die sich da ankündigte? Russland, China, Indien, OPEC – das konnte nicht im Interesse Washingtons sein. In dieser Situation setzte George W. Bushs Nachfolger, Barack Obama, auf Diplomatie. Er versuchte, die Beziehungen zu Russland zu verbessern und dem Iran den Wind aus den Segeln zu nehmen, eine kluge Strategie, die in Ansätzen aufging. Aber natürlich wäre auch Obama notfalls gezwungen gewesen, die Energieversorgung der USA mit aggressiven Mitteln zu sichern, hätte der technologische Vorsprung, den Washington durch seine Zusammenarbeit mit Orley Enterprises erzielte, den Amerikanern nicht völlig neue Möglichkeiten eröffnet, wie beispielsweise –«
    Eine Mitarbeiterin des UTD-Sekretariats betrat den Hörsaal, kam mit schnellen Schritten zu ihm herüber und drückte ihm einen Zettel in die Hand. Palstein lächelte ins Auditorium.
    »Entschuldigen Sie mich eine Sekunde. – Was gibt's?«, fragte er leise.
    »Jemand will Sie am Telefon sprechen, eine Miss –«
    »Kann das nicht zwanzig Minuten warten? Ich bin mitten im Vortrag.«
    »Sie sagt, es sei dringend. Sehr dringend!«
    »Wie war noch der Name?«
    »Keowa. Loreena Keowa, eine Journalistin. Ich wollte sie ja auf später vertrösten, aber –«
    Palstein überlegte. »Nein, ist schon gut. Danke.«
    Er entschuldigte sich ein weiteres Mal, verließ das Auditorium, trat auf den Gang hinaus und wählte Keowas Nummer.
    »Shax' saani Keck'«, sagte er, als ihr Gesicht auf dem Bildschirm seines Handys erschien. »Wie geht es Ihnen?«
    »Ich weiß, ich störe.«
    »Offen gesagt, ja. Eine Minute, dann muss ich wieder meiner Fürsorgepflicht nachkommen, was die Herausbildung künftiger Eliten betrifft. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich hoffe, ich kann etwas für Sie tun, Gerald. Dazu brauche ich allerdings ein paar Minuten mehr Ihrer Zeit.«
    »Ungünstig gerade.«
    »In Ihrem Interesse.«
    »Hm.« Er sah durch die Fenster hinaus auf den sonnenbeschienenen Campus. »Na schön. Geben Sie mir eine Viertelstunde, um meinen Vortrag zu Ende zu halten. Ich melde mich gleich im Anschluss.«
    »Stellen Sie sicher, dass keiner mithört.«
    Zwanzig Minuten später rief er sie von einer abseits gelegenen Bank im Schatten einer Kastanie an, mit Blick auf das Universitätsgelände. Zwei seiner Sicherheitsleute patrouillierten in Sichtweite. Überall eilten Studenten einer ungewissen Zukunft entgegen.
    »Sie machen es ja ganz schön spannend«, sagte er.
    »Haben wir eine Abmachung auf Gegenseitigkeit?«
    »Was meinen Sie?«
    »Wir helfen einander«, sagte Keowa. »Ich bekomme Informationen, Sie bekommen den Schützen.«
    »Wie bitte? Haben Sie denn was?«
    »Unsere Abmachung steht?«
    »Hm.«

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