Limit
technische, beiseitegelegt und sich dem Drängen der Natur gewidmet. Der Sanitärbereich lag eingebettet im Wohnraum wie ein Zimmer im Zimmer, mit zwei gegenüberliegenden Zugängen. Man konnte ihn vom Bett wie von der Diele her betreten. Tu schob die bettseitig liegende Glastür auf und sah als Erstes auf der Toilette nach, und da lag es auf dem Spülkasten.
Kleiner Scheißer, dachte er. Jetzt nichts wie weg.
Xin betrat den offen stehenden Raum und schaute sich um. Eine Art Diele, die weiter hinten in lichtdurchflutete Räumlichkeiten mündete, offenbar ein Wohnschlafzimmer. Gleich zu seiner Rechten lag eine matt geschliffene, geschlossene Glastür. Dahinter erklangen Schritte und unmelodisches Pfeifen. Jemand war im Bad.
Seine Hand wanderte unter den smaragdgrünen Mantel.
Der Gyrokopter setzte auf.
Yoyo drückte sich in ihren Sitz, als wolle sie eins werden mit der Polsterung. Jericho riskierte einen Blick nach draußen. Zwei Uniformierte entstiegen dem ultraleichten Flieger, gingen zu dem Hotelbediensteten am Terminal und sprachen ihn an.
»Was wollen die denn schon wieder?«, brummte der Pilot in deutsch klingendem Englisch und reckte neugierig den Hals. »Nicht mal in der Luft hat man Ruhe vor denen.«
»Ist doch gut, wenn sie aufpassen«, trällerte Yoyo.
Jericho warf ihr einen schiefen Blick zu. Jeden Moment rechnete er damit, dass der Hotelbedienstete zu ihnen herüberzeigte. Falls die Patrouille mit Fotos angerückt war, wären sie geliefert. Der Mann gestikulierte, wies ins Innere des Terminals, wo die Fahrstühle lagen.
Jericho hielt den Atem an.
Er sah die Polizisten einige Worte miteinander wechseln, dann fixierte einer von ihnen das Skycab. Einen Moment lang sah es so aus, als schaue er Jericho geradewegs ins Gesicht. Dann wandte er den Blick ab, und beide verschwanden unter der Terminalüberdachung.
»Bleibt zu hoffen, dass Tu ihnen nicht über den Weg läuft«, zischte Yoyo.
Die Schritte kamen näher. Etwas klapperte vernehmlich. Eine Silhouette wurde im geschliffenen Glas der Badezimmertür sichtbar und verharrte unmittelbar davor.
Xin brachte seine Waffe in Anschlag.
Mit einer schwungvollen Bewegung riss er die Tür auf, packte zu, stieß den Asiaten gegen die rückwärtige Wand, zog hinter sich zu und setzte ihm die Mündung der Waffe an die Stirn.
»Keinen Laut«, sagte er.
»Wie bitte?«, flüsterte einer der Polizisten.
Der andere deutete nach vorne. »Ich glaube, die 727 steht offen.«
»Tatsächlich.«
»Ich denke, das nimmt uns die Entscheidung ab, wo wir zuerst nachsehen, oder?«
Sie waren vom Flugdeck aus in den siebten Stock gefahren und hatten sich auf die Suche nach den Zimmern begeben, die der Chinese angemietet hatte. Sein Foto war in den Datenbanken des Flughafens gespeichert und auch auf ihren Handys verfügbar, sodass sie ziemlich genau wussten, wie er aussah. Demgegenüber verfügten sie über keinerlei Angaben, welches der drei Zimmer er bewohnte.
»Wir hätten dem Typ auf dem Dach das Bild von Tu zeigen sollen.«
»Wie kommst du jetzt darauf?«, flüsterte sein Kollege zurück.
»Nur so.«
Der andere nagte an seiner Unterlippe. Sie hatten den Mann lediglich gefragt, wo die besagten Zimmer lagen.
»Ich weiß nicht. Was kann der Dachportier schon sagen?«
Durch die offene Türe von Zimmer 727 konnte man ein Stück in die Diele hineinsehen.
»Egal«, wisperte der andere. »Ist eh zu spät.«
Xin lauschte.
Seine Linke lag auf dem Mund des dicken, schwitzenden Mannes, die Waffe zeigte unverändert auf seine Stirn. Er hätte dem Kerl gern ein paar Fragen gestellt, doch soeben hatte sich eine neue Situation ergeben. Männer gleich vor der Zimmertür, mindestens zwei, die versuchten, sehr leise zu sprechen. Ein zum Scheitern verdammtes Unterfangen, da Xins Gehör radioteleskopische Qualitäten aufwies. Für sein Empfinden flüsterten die beiden nicht, sondern gebärdeten sich wie Betrunkene auf einer Grillparty.
Soeben bekundeten sie großes Interesse an Zimmer 727.
Aus dem Brustkorb des Mannes vor ihm drang ein erstickter Laut. Xin schüttelte warnend den Kopf, und
Tu hielt den Atem an. Er stand wie erstarrt, die Augen geweitet. Der kleinste Fehler, so viel war ihm klar, und es wäre aus. Aus und vorbei.
Die Polizisten schauten einander an. Sie brachten ihre Waffen in Anschlag, dann wies einer zur Zimmertür und nickte. Gehen wir rein, sagte er wortlos.
Xin spielte die Alternativen durch.
Er konnte sein Opfer warnen:
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