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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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beschäftigt waren. Tim hoffte inständig, seine Schwester werde in der Zentrale nicht durchdrehen, doch Nair war bei ihr geblieben, was ihn einigermaßen beruhigte. Sie erreichten die Garage und sahen die Sparren des Rolldachs in ihren Kästen verschwinden. Über ihnen funkelte der Sternenhimmel. Ein Dutzend Buggys wartete auf eine Party, die nicht mehr stattfinden würde. Ihnen gegenüber, in klobiger Selbstbehauptung, als könne man mit ihr zum Mars fliegen, ruhte die Ungestalt der Kallisto. Hässlich, aber verlässlich, wie der arme Chuck noch am Vortag gescherzt hatte. Neben dem Shuttle nahm sich der Flohzirkus der Grasshoppers wie Spielzeug aus.
    »Wer fliegt eigentlich voraus?«, fragte Heidrun.
    »Tim«, beschied Ögi, während er die Box mit Rogaschowas Anzug auf der kleinen Ladefläche verstaute. »Dann du, dann ich, um aufzupassen, dass du mir nicht verloren gehst.«
    »Lynn«, sagte Tim über den Helmfunk. »Wir starten.«
    Immer noch konnte er sich nicht an das Fehlen jeglicher Antriebsgeräusche gewöhnen. Lautlos stieg der Hopper empor, hob sich aus der Garage heraus und gewann an Höhe. Von hinten sah das Gaia aus wie immer, erhaben und durch nichts zu erschüttern. Seine Helmkamera schickte Bilder in die Zentrale. Er flog eine Kurve, wie mit Lynn vereinbart, sodass sie einen Eindruck von der Vorderfront gewinnen konnte, verstärkte den Schub, ließ sich vom Rückstoß zur Schulterpartie der riesigen Figur tragen und hielt den Atem an.
    »Meine Güte«, stieß Walo in seinem Helm hervor.
    Schon von der Seite war offensichtlich geworden, dass einiges nicht stimmte. Teile der Fassade fehlten oder lagen in Trümmern, stellenweise erblickte man den nackten Stahl der Trägerkonstruktion. Jetzt, im direkten Heranflug, offenbarte sich das ganze Ausmaß der Zerstörung. Das konturlose Antlitz fokussierte nicht länger die Erde, sondern schaute knapp darunter hindurch. Wo zuvor der Hals gewesen war, klaffte eine schwärzliche, in sich zusammengesackte Höhle. Die komplette Vorderfront war weggebrochen, Gaias Kinn so weit abgesunken, dass nur die unteren Hälften der Fahrstuhltüren herauslugten.
    Tim steuerte den Hopper näher heran. Überhaupt schien der ganze, gewaltige Schädel nur noch am Genick zu hängen. E2 stand offen, das Innere ein von Flammen zerfressener Schlund. Stahlträger, grotesk deformiert, wanden sich ihm entgegen. Mit Hornissen im Bauch wagte er einen Blick nach unten. Über Gaias Oberschenkel verteilten sich Trümmer, wenngleich merkwürdig wenige. Gaia schien ihm zuzunicken. O'Keefe hatte recht. Sie kamen keine Sekunde zu früh.
    Im Aufsteigen erblickte er das abgeriegelte Chang'e, bildete sich ein, Rauch und Ruß darin auszumachen, verbranntes Mobiliar, doch die dunklen, goldbedampften Scheiben ließen Details allenfalls ahnen. Unvermutet plagte ihn ein Anflug von Höhenangst. Gegen die geländerlose Plattform des Hoppers avancierte jeder fliegende Teppich zu einer veritablen Tanzfläche. Rasch vergewisserte er sich, dass Heidrun und Walo hinter ihm waren, passierte das Selene und die Luna Bar und folgte der Stirnwölbung zur Aussichtsterrasse. Unter ihm gerieten Silhouetten in Bewegung, O'Keefe, Rogaschowa und Winter, strebten der Schleuse zu. Er schwenkte die Düsen, drosselte die Geschwindigkeit, schoss ein Stück über die Terrasse hinaus, wendete und kam dicht am Geländer auf. Keine sonderlich elegante Landung. Der Hopper federte nach. Neben ihm, in gebührendem Abstand, setzte Heidrun auf, als habe sie nie etwas anderes getan. Ögi flog unter Flüchen eine Ehrenrunde, rumpelte mit einem der Teleskopbeine am Geländer entlang und zwang den Hopper herab.
    »Eigentlich bin ich ja passionierter Segelflieger und Ballonfahrer«, sagte er entschuldigend, lud seine Box ab und trug sie zur Schleuse, einem doppelten, mehrere Meter durchmessenden Schott im Boden. »Aber die Schweiz ist irgendwie größer.«
    Tim sprang von seinem Hopper.
    »Finn, wir sind über euch«, sagte er. Lynn hatte den Helmfunk mit dem internen Netz des Gaia verbunden, sodass jeder mit allen gleichzeitig kommunizierte. Einige Sekunden verstrichen, dann meldete sich O'Keefe.
    »Alles klar, Tim. Was sollen wir tun?«
    »Nichts, fürs Erste. Wir holen den Schleusenlift nach oben, schicken euch die Boxen mit den Raumanzügen runter und –«
    Er hielt inne.
    Täuschte er sich, oder hatte der Boden unter seinen Füßen zu zittern begonnen?
    »Beeil dich!«, rief O'Keefe. »Es geht wieder los!«
    Wo war die Steuerkonsole

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