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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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zu kippen begonnen, und fatalerweise kippte er in die falsche Richtung.
    In ihre.
    Julian änderte den Kurs, versuchte aus dem Rover herauszuholen, was nicht drinsteckte. Auf ihrem Weg vom Aristarchus waren ihnen achtzig Stundenkilometer oft unzumutbar schnell vorgekommen, nachdem das Fahrzeug, bedingt durch mangelnde Bodenhaftung und Leichtgewichtigkeit, die abenteuerlichsten Sprünge und Sätze vollführte. Nun schien es Chambers, als kröchen sie schneckengleich dahin. Sie schaute hinter sich und sah die Fördermaschine ums Gleichgewicht ringen. Einen gesegneten Augenblick lang schien der Gigant zurück in eine stabile Position zu finden, doch alle Toleranzen waren überschritten. Obschon das hintere Bein der Belastung vorerst standhielt, schwankte er weiter hin und her.
    Dann brach er ein.
    In einer Springflut aus Staub krachte die Brust des Monstrums in den Regolith, und der gewaltige Leib neigte sich ihnen zu.
    »Was ist das denn?«, schrie Amber im selben Moment.
    Chambers brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass ihre Aufregung nicht der Fördermaschine galt, sondern etwas anderem, das aus entgegengesetzter Richtung herbeigeeilt kam.
    »Ausweichen! Ausweichen!«
    »Ich kann nicht ausweichen!«
    Immer schneller stürzte der Käfer, während sie sich mit einer aus dem Nichts erschienenen Spinne konfrontiert sahen, deren Innenwelt offenbar nicht nur keine Menschen, sondern auch keine kippenden Fördermaschinen kannte. Der Laderoboter eilte dem zusammenbrechenden Giganten zielstrebig entgegen und schien dabei wild entschlossen, ihnen den Weg abzuschneiden. Julian verriss das Steuer nach links, und auch der Roboter änderte seinen Kurs.
    »Rechts! Rechts!«
    Der Boden erbebte. Eine Druckwelle erfasste den Rover und tauchte die Welt in kaltes Grau. Das Fahrzeug schleuderte, begann sich um seine eigene Achse zu drehen, schlug mit dem Heck eines der filigranen Beine weg, und die Spinne geriet ins Taumeln. Rückwärtsfahrend sah Chambers die Fördermaschine niedergehen, ein kollabierendes Gebirge in einem Orkan aus aufgewirbeltem Regolith. Der Rover erhielt einen Schlag, stoppte abrupt und kippte um. Hoch über ihnen verfiel die Spinne dem Wahnsinn, ziellos auf ihren langen Beinen umherstaksend.
    »Raus«, schrie Rogaschow.
    Sie sprangen von den Sitzen, fielen und stolperten, liefen um ihr Leben. Neue Wolken schossen heran, hüllten sie ein, trugen sie mit sich fort. Ein riesiger Parabolspiegel schoss auf Chambers zu, rotierend wie das Blatt einer überdimensionalen Kreissäge, zerhackte keine Armeslänge von ihr entfernt den Grund und verschwand schlingernd im pyroklastischen Grau. Der Käfer war vollständig zu Boden gegangen, hatte sie um Haaresbreite verfehlt und dafür die beschädigte Spinne erwischt. Mit wedelnden Greifern begab sie sich in eine Arabesque, verlor den Halt und klappte kraftlos in sich zusammen, direkt über dem Rover. Ihr Torso zerschlug Lenkung und Sitze, federte noch einmal hoch, drehte sich und entließ Helium-3-Tanks in alle Richtungen, aggressive Kugelwesen, die hopsend Jagd auf die Fliehenden machten.
    Chambers rannte.
     
    Auch Hanna rannte.
    Im Moment, als das Bein des Käfers auf Omura niedergefahren war, hatte er um die Katastrophe gewusst. Der Laufapparat der Fördermaschine sah äußerst stabil aus, doch zehn gleichzeitig hochgehende Sprengkapseln waren geeignet, noch die stabilste Struktur in Fetzen zu reißen. Hanna gedachte nicht abzuwarten, ob die verbliebenen Beine den Verlust kompensieren würden. Er war noch nicht weit gekommen, als ein Aufprall den Grund erschütterte und die Antwort lieferte. Um ihn herum stob eine Schicht feinsten Pulvers auf. Ohne innezuhalten, lief er weiter. Erst nach einer geraumen Weile zwang er sich, stehen zu bleiben, keuchend, mit schmerzendem Kopf und pochender Schulter, schüttelte sich und drehte sich zum Schauplatz des Desasters um. Graue Wolken bauschten sich in beträchtlicher Ferne. Von hier hätte er die hochaufragende Silhouette der Maschine noch erkennen müssen. Ihr Verschwinden konnte als Indiz dafür gelten, dass sie tatsächlich umgestürzt war. Mit etwas Glück hatte sie dabei unter seinen Verfolgern gewütet, eine vage Perspektive, wie er sich eingestehen musste.
    Was sollte noch alles schiefgehen? Was zum Henker machte er falsch?
    Gar nichts machte er falsch. Die Umstände waren, wie sie waren. Als hätte er nicht beizeiten gelernt, wie es sich anfühlte im Flipperkasten der Randbedingungen. Darin umhergeschossen zu werden, für

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