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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Untergrund durchzog. Aus Thorns Plänen und Beschreibungen kannte sie die Peary-Basis bis ins Detail, und so wusste sie, ohne je hier gewesen zu sein, was sie erwartete und wohin sie sich zu wenden hatte, als die Türen des Fahrstuhls auseinanderglitten.
    Sie betrat den Grund des Meeres.
    Zumindest schien es so. Viele Meter hoch erstreckten sich die gläsernen Wände von Fischzuchten. Reflexe irrlichterten über den Boden und umspielten einander, hervorgerufen durch die veränderliche Natur des Wassers, das Huschen der Lachse, Forellen und Barsche, das gemächliche Patrouillieren der Schwärme. Nach einer Weile verzweigte sich die Höhle, mäanderte größtenteils ins Dunkel, nur aus einigen Gängen schimmerte blaugrünes oder weißes Licht, Plantagen dahinter, Genlabors und Produktionsanlagen zur Veredelung lunaren Obstes und Gemüses. Sie kreuzte einen Gang, durchschritt einen kurzen Korridor und fand sich in einem annähernd kreisförmigen, steinernen Saal gewaltigen Ausmaßes wieder. Ein Fahrstuhl führte von hier direkt in Iglu 1, den sie vorhin hätte nehmen können, doch Wachowski sollte glauben, sie sei nebenan im Fitnessstudio. Ihr Blick suchte die Umgebung nach Kameras ab. Zu Thorns Zeiten hatte es im Saal keine gegeben, und auch jetzt konnte sie nirgendwo welche erblicken. Doch selbst wenn hier inzwischen etwas Derartiges installiert war, würde Wachowski – unterbesetzt, wie die Station war – mehr als genug mit der äußeren Umgebung zu tun haben. Das Letzte, was im Brennpunkt seines Interesses liegen durfte, waren die Fischzuchten und der Gemüseanbau.
    Mehrere Gänge zweigten vom Saal ab, führten zu Laboratorien, Vorratsräumen und Unterkünften. Nur einer war mit einer Luftschleuse versehen, jenseits derer sich Hunderte Kilometer Höhle ins Ungewisse fortsetzten, ungenutzt, endlos verzweigt und luftleer. Die meisten der Lavakanäle verloren sich in den Hängen des Peary, andere wanden sich talwärts, verschiedene mündeten in die schluchtartige Verwerfung, welche das Gelände durchzog. Sie setzte ihren Helm auf, betrat die Schleuse und pumpte die Luft ab. Nach einer Minute öffnete sich die rückwärtige Tür. Mit eingeschalteten Helmlampen betrat sie einen unbehauenen, felsigen Gang, dem sie in nachtschwarze Dunkelheit folgte. Nervös zuckten die Lichtkegel über glasierten Basalt. Nach etwa einhundert Metern sah sie zur Linken den Spalt klaffen, von dem Hanna ihr erzählt hatte. Eng, beunruhigend eng. Sie zwängte sich hinein, zog die Schultern ein, ließ sich auf alle viere nieder, da die Decke plötzlich zu ihr abfiel, kroch das letzte Stück auf dem Bauch, und als die Enge kaum noch zu ertragen war, wichen die Wände auseinander, und sie erblickte einen künstlich aufgeschichteten Haufen Geröll, streckte beide Hände aus und räumte die Steine beiseite.
    Etwas Flaches, Schimmerndes kam zum Vorschein. Etwas mit einem blinkenden Display und einer Armaturentafel.
    Geschickt platziert, das musste man Hanna lassen.
    Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie Glück im Unglück gehabt hatten. Plangemäß hätte das Paket aus eigener Kraft den Grund der Verwerfung erreichen sollen, um dort bis zum letzten Tag der Reise zu ruhen. Erst im Zuge der offiziellen Besichtigung der Basis, unmittelbar vor der Rückkehr zur OSS, war geplant gewesen, dass Hanna sich von der Gruppe absetzte, den Inhalt barg und die Bombe in die Höhle schaffte. Noch am selben Abend hätte die Charon den Mond verlassen, 24 Stunden später wäre die Sprengladung hochgegangen. Doch die Mechanik des Pakets war ausgefallen und Hanna gezwungen gewesen, den Inhalt vorzeitig zur Basis zu schaffen und die Mini-Nuke in diesem Teil des Höhlengedärms unterzubringen. Rückblickend, nachdem seine Enttarnung alles durcheinandergeworfen hatte, war es ein Segen, dass die Umstände ihn dazu gezwungen hatten.
    Sie öffnete die Sicherungsblende des Tastenfelds und zögerte.
    Auf welchen Zeitpunkt sollte sie den Zünder einstellen? Mittlerweile wusste jeder, dass ein Anschlag geplant war. Noch ging man davon aus, er gälte dem Gaia, ein Glaube, den sie nach Kräften genährt hatte. Doch vielleicht fanden die Suchtrupps am Aristarchus ja zu neuer Einsicht. Was, wenn sie in der Überzeugung zurückkehrten, die Basis selbst sei gefährdet, und eine Suchaktion am Pol in die Wege leiteten?
    Sie durfte ihnen keine Zeit geben, die Bombe zu finden.
    Also den Zünder knapp einstellen.
    Lawrence fröstelte. Tunlichst so, dass sie nicht selbst im nuklearen

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