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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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müssen forschen. Unsere ganze Kultur gründet auf Austausch und Ausbreitung. Letztlich suchen wir im Fremden uns selbst, unsere Bedeutung, unsere Zukunft, so wie Alexander von Humboldt, wie Stephen Hawking –«
    »Ich wäre nicht hier, wenn ich etwas gegen die Ausbreitung der menschlichen Rasse hätte«, sagte Mimi Parker spitz.
    »Es klang aber eben so.«
    »Überhaupt nicht! Ich wehre mich nur gegen diesen bornierten Ansatz, etwas ergründen zu wollen, was offensichtlich ist. Ich für meinen Teil bin hier, um zu staunen, sein Werk zu bestaunen.«
    »Das Ihrer Meinung nach 6000 Jahre alt ist.«
    »10.000 könnten es auch sein. Wir lassen bis zu 10.000 Jahre gelten, wir sind ja keine Dogmatiker.«
    »Aber nicht mehr? Nicht wenigstens ein paar Milliönchen?«
    »Keinesfalls. Was ich hier draußen zu finden erwarte –«
    Aha, dachte O'Keefe. Wusste ich's doch. Die Schöpfung nach dem Ebenbild, wie wir's vor 6000 Jahren vom Chef gelernt haben. Parker vertrat die Kreationisten an Bord.
    »Und was erwartest du hier zu finden?«, fragte er Heidrun, die gerade über etwas lachte, das Carl Hanna gesagt hatte.
    »Ich?« Sie drehte den Kopf. Ihr langer, weißer Zopf schwang sacht hinter ihr her. »Ich bin nicht hier, um irgendwas zu erwarten.«
    »Warum dann?«
    »Weil mein Mann eingeladen wurde. Mich bekommt man in solchen Fällen dazu, ob man will oder nicht.«
    »Gut, aber jetzt bist du da.«
    »Hm. Trotzdem. Ich halte nicht viel von Erwartungen. Erwartungen sind Scheuklappen. Ich lass mich lieber überraschen. Bis jetzt ist es jedenfalls klasse.« Sie zögerte und rückte eine Winzigkeit näher. »Und du?«
    »Nichts. Ich mache meinen Job.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Was gibt's da groß zu verstehen? Ich bin hier, um meinen Job zu machen, und aus.«
    »Deinen – Job ?«
    »Ja.«
    »Weil du dich vor Julians Karren spannen lässt?«
    »Darum bin ich hier.«
    »Herrgott, Finn.« Heidrun schüttelte langsam und ungläubig den Kopf. Plötzlich beschlich ihn das peinliche Gefühl, auf die verkehrten Knöpfe gedrückt zu haben. »Du bist so ein blöder Arsch! Immer wenn ich gerade anfange, dich zu mögen –«
    »Wieso? Was hab ich denn jetzt schon wieder –?«
    »Dieses distanzierte Getue! Immer schön unbeeindruckt von allem, was? Schlägerkappe ins Gesicht gezogen, abseits der Wege wandelnd. Genau das meinte ich vorhin: Wer ist dieser O'Keefe?«
    »Er sitzt vor dir.«
    »Bullshit! Du bist einer, der eine vage Idee davon hat, wie O'Keefe sein sollte, damit ihn alle obercool finden. Ein Rebell, dessen Problem es ist, dass es eigentlich nichts gibt, wogegen er rebellieren könnte, außer vielleicht gegen Langeweile.«
    »Hey!« Er beugte sich vor. »Was, verdammt noch mal, bringt dich auf die Idee, ich sei so?«
    »Deine dämliche Attitüde.«
    »Du hast selber gesagt –«
    »Ich habe gesagt, ich hätte keine Erwartungen, was so viel heißt wie, ich bin offen für alles. Das ist eine ganze Menge. Du hingegen behauptest, für dich sei das nicht mehr als ein Job. Nach dem Motto, Julian ist lieb und der Mond ist rund, und jetzt halten wir uns alle an den Händen, bis die Kamera aus ist und ich endlich einen saufen gehen kann. Das ist lausig, Finn, unendlich wenig! Wie übersättigt bist du eigentlich? Willst du mir allen Ernstes erzählen, du bist auf die paar Kröten angewiesen, die Julian sich den Spaß kosten lässt?«
    »Quatsch. Ich nehme kein Geld dafür.«
    »Dann los, letzte Chance: Was treibst du hier oben? Was empfindest du beim – na, zum Beispiel beim Anblick der Erde?«
    O'Keefe ließ eine Weile verstreichen, während derer er darüber nachdachte. Angestrengt starrte er durch den Glasboden nach unten. Das Problem war, dass ihm keine Antwort einfiel, die ihn überzeugt hätte. Die Erde war die Erde.
    »Distanz«, sagte er schließlich.
    »Distanz.« Sie schien das Wort abzuschmecken. »Und? Prima Distanz? Scheißdistanz?«
    »Ach, Heidrun. Nenn es meinetwegen Attitüde, aber ich will wirklich nur meine Ruhe. Du denkst, ich bin ein gelangweilter, überheblicher Typ, dem der Spaß daran abhandengekommen ist, Streit zu suchen. Vielleicht hast du recht. Heute bin ich flauschig und kompatibel, der nette Finn. Was erwartest du?«
    »Weiß nicht. Was erwartest du?«
    »Warum interessiert dich das so sehr? Wir kennen uns doch kaum.«
    »Weil du mich interessierst. – Noch.«
    »Ich weiß es auch nicht. Ich weiß nur, dass es Regisseure gibt, die mit winzigen Budgets wunderbare Filme realisieren, gegen alle Widerstände.

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