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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Sein Blick wanderte zu dem Mann mit den verschiedenfarbenen Augen.
    »'69, ich war gerade drei Jahre alt, hat er im Kino A Space Odyssey gesehen, meinen späteren Lieblingsfilm, und seinem Macher umgehend Tribut gezollt. Fast ein Vierteljahrhundert später hatte ich meinerseits Gelegenheit, Kubrick Ehre zu erweisen, indem ich mein erstes Restaurant nach den Entwürfen seiner Raumstation gestaltete und es in Anlehnung an seinen musikalischen Epigonen hier Oddity nannte. Kubrick lebte zu dieser Zeit in Childwickbury Manor, seinem Anwesen in der Nähe von London, das er so gut wie nie verließ. Außerdem hasste er Flugzeuge. Ich schätze, nach seinem Umzug von New York ins Vereinigte Königreich hat er nie wieder mehr Distanz zwischen sich und englischen Boden gelegt, als man springen kann. Und er galt als extrem scheu, also erwartete ich nicht, ihn jemals im Oddity zu sehen. Doch zu meiner Überraschung tauchte er eines Abends dort auf, als auch David an der Bar saß. Wir unterhielten uns, und irgendwann platzte es aus mir heraus, beide mit zum Mond nehmen zu wollen, sie müssten nur Ja sagen, und wir flögen hin. Kubrick lachte, meinte, alleine der Mangel an Komfort würde ihn schrecken. Natürlich hielt er das alles für einen Witz. Ich verstieg mich zu der Behauptung, bis zur Jahrtausendwende ein Raumschiff gebaut zu haben, mit allen Annehmlichkeiten, ohne die leiseste Vorstellung natürlich, wie mir das gelingen sollte. Ich war gerade 26 geworden, produzierte Filme, führte mehr schlecht als recht Regie, versuchte mich als Schauspieler. Mit David in der Hauptrolle hatte ich eine Neuverfilmung von Fritz Langs Frau im Mond in die Kinos gebracht, bei Kritik und Publikum Punkte gesammelt, nun tastete ich mich ins Gastronomiefach vor. Orley Enterprises lag in weiter, nebulöser Ferne. Allerdings war ich ein leidenschaftlicher Flieger und träumte von Weltraumreisen, die auch Kubrick faszinierten. So gelang es mir schließlich, ihm und David eine Wette aufzuschwatzen: Wenn es mir gelänge, bis 2000 das versprochene Raumschiff zu bauen, dann müssten beide mitfliegen. Falls nicht, würde ich zu einhundert Prozent Kubricks nächsten Film und Davids kommendes Album finanzieren.«
    Julian kraulte seinen Bart, in die Vergangenheit entrückt.
    »Leider ist Stanley vorher gestorben, und mein Leben hatte sich seit jenem Abend grundlegend geändert. Filme produzierte ich nur noch nebenbei. Aus einem kleinen Reisebüro in Soho, das ich Anfang der Neunziger übernommen hatte, war Orley Travel entstanden. Ich besaß zwei Airlines und hatte einen aufgelassenen Studiokomplex gekauft, um die Entwicklung von Weltraumfahrzeugen und Raumstationen zu betreiben. Mit der Gründung von Orley Space stießen wir in den Technologiemarkt vor. Einige der besten Köpfe der NASA und ESA arbeiteten für uns, Experten aus Russland, Asien und Indien, deutsche Ingenieure, weil wir höhere Gehälter zahlten, bessere Forschungsbedingungen schufen, enthusiastischer, schneller und leistungsfähiger waren als ihre alten Arbeitgeber. Niemand bezweifelte mehr, dass die staatliche Raumfahrt dringend einer Frischzellenkur aus der Privatwirtschaft bedurfte, doch ich hatte mir zum Ziel gesetzt, sie abzulösen! Ich wollte den Anbruch des wahren Weltraumzeitalters einleiten, ohne das Zaudern der Bürokraten, den chronischen Geldmangel und die Abhängigkeit vom politischen Wechsel. Wir schrieben Preisgelder für junge Konstrukteure aus, ließen sie Raketenflugzeuge entwickeln, erweiterten unser touristisches Angebot um Suborbitalflüge. Mehrmals habe ich selber solche Maschinen geflogen. Vielleicht war das noch keine wirkliche Raumfahrt, aber ein fulminanter Beginn. Jeder wollte mit! Der Weltraumtourismus versprach astronomische Renditen, wenn es gelänge, die Startkosten zu reduzieren.« Er lachte leise. »Nun, ungeachtet dessen hatte ich meine Wette erst einmal verloren. 2000 war ich nicht so weit. Also bot ich David an, meine Schuld zu begleichen. Er wollte nicht. Alles, was er sagte, war: Behalte dein Geld und schenk mir ein Ticket, wenn du so weit bist. – Alles, was ich heute sagen kann, ist, dass sein Hiersein die OSS adelt und mich zutiefst glücklich macht. Und was immer man noch hinzufügen könnte über seine Größe, seine Bedeutung für unsere Kultur, für das Lebensgefühl von Generationen, drückt seine Musik besser aus, als es mir möglich wäre. Also halte ich jetzt meine Klappe und überlasse das Wort – Major Tom.«
    Inzwischen hatte die Stille

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