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Limit

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Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Julian hatte für die Dauer des Aufenthalts einen hochdekorierten deutschen Sternekoch einfliegen lassen, einen Schwaben namens Johannes King, der die Küche umgehend einer dreihundertprozentigen Effizienzsteigerung unterworfen hatte und Erstaunlichkeiten wie getrüffeltes Rahmgemüse herbeizauberte, mit echten Perigord-Trüffeln natürlich, das in etlichen Versuchen auf die Tücken der Schwerelosigkeit hatte abgestimmt werden müssen.
    »Weil sich nämlich Sauce, also Flüssiges oder Rahmiges, im freien Fall verselbstständigt.« Der Koch absolvierte seinen Rundflug. Er war ein quirliger Charakter von lebhafter Motorik, der sich in der Schwerelosigkeit wohlzufühlen schien wie ein Fisch im Wasser. »Es sei denn, ihre Konsistenz ist derart beschaffen, dass sie am Fleisch oder Gemüse hängen bleibt. Zu sehr eingedickt schmeckt sie nämlich auch nicht, eine Gratwanderung.«
    Tautou regte an, der Guide Michelin müsse um das Kapitel ›Erdnahe Peripherie‹ erweitert werden. Was könne sinniger sein als die Vergabe von Sternen hier oben? Im Folgenden entblödete er sich nicht, die wasserdünne Analogie mit ermüdender Begeisterung jedem ins Ohr zu schütten, während nacheinander Wildpastete mit Cranberries, Filetsteaks, Kartoffelgratin und eine geschmeidige Tiramisu gereicht wurden.
    »Dafür keine Zwiebeln, keine Bohnen, nichts, was bläht! Entweichende Körpergase stellen unter derart beengten Verhältnissen ein echtes Problem dar, Menschen sind schon wegen weniger handgreiflich geworden. Übrigens würde Ihnen, was Sie hier essen, auf der Erde stark überwürzt vorkommen, aber im Weltraum arbeiten die Geschmacksnerven auf Sparflamme. Ach ja, und weiterhin schön langsam essen. Jeden Bissen vorsichtig aufnehmen, mit Bedacht zum Munde führen, rasch und entschlossen einschieben, sorgfältig kauen.«
    »Die Steaks waren jedenfalls das Werk Gottes!«, befand Donoghue.
    »Danke.« King absolvierte eine Verbeugung, was zur Folge hatte, dass er vornüberkippte und einen Salto schlug. »Tatsächlich waren es keimfreie Synthetikprodukte aus der Molekularküche. Wir sind mächtig stolz darauf, wenn ich das sagen darf.«
    Für die Dauer der nächsten zehn Minuten schwieg Donoghue, im Zustand tiefer Nachdenklichkeit.
    O'Keefe nuckelte am Champagner.
    Er gab sich Mühe, seine Verschnupftheit aufrechtzuerhalten. Wohl hatte er registriert, dass Heidrun neben ihm saß, besser gesagt, ihre Beine in die dafür vorgesehenen Streben verkeilt hatte. So sehr ihm das gefiel, strafte er sie mit Missachtung und plauderte ostentativ mit dem Überraschungsgast. Ihrerseits machte sie keine Anstalten, ihn anzusprechen. Erst als sämtliche Erlebnisse des Tages ausgetauscht waren und die Konversation in Fraktale ihrer selbst zerfiel, würdigte er sie einer gezischten Bemerkung:
    »Was zum Teufel hast du dir heute Morgen dabei gedacht?«
    Sie stutzte. »Wovon redest du?«
    »Mich aus der Schleuse zu stoßen.«
    »Oh.« Heidrun schwieg eine Weile. »Verstehe. Du bist sauer.«
    »Nein, aber ich zweifle an deinem Verstand. Das war ziemlich gefährlich.«
    »Blödsinn, Finn. Ich bin vielleicht ein Kindskopf, aber keine Irre. Nina hat mir schon gestern erzählt, dass die Anzüge ferngesteuert sind. Glaubst du im Ernst, sie überlassen Pauschalreisende, deren höchste sportliche Leistung der Freischwimmer ist, da draußen sich selbst?«
    »Du wolltest mich nicht umbringen? Das beruhigt mich.«
    Heidrun lächelte rätselhaft in sich hinein. »Schätze, ich wollte einfach mal sehen, wo Perry Rhodan aufhört und Finn O'Keefe anfängt.«
    »Und?«
    »Passenderweise spielst du ihn ja als Trottel.«
    »Moment mal!«, protestierte O'Keefe. »Als heldenhaften Trottel.«
    »Ja, sicher. Und du hast schnell genug die Kurve gekriegt, dass du künftig bei der Vergabe paarungswilliger Weibchen nicht aus dem Rennen bist. Zufrieden?«
    Er grinste. In die entstehende Pause hinein hörte er Eva Borelius sagen: »Das ist doch keine theologische Frage, Mimi, sondern eine nach den Ursprüngen unserer Zivilisation. Warum wollen Menschen Grenzen überschreiten, was suchen sie im Weltraum? Mir ist auch manchmal danach, in den Chor der Entrüstung einzustimmen, dass Abermillionen hungern, keinen Zugang zu frischem Wasser haben –«
    »Inzwischen schon«, grätschte Tautou dazwischen, nur um von einem pistolenschussartigen »Haben Sie nicht!« seitens Karla Kramp wieder auf die Plätze verwiesen zu werden.
    »– während der ganze Spaß hier Unsummen verschlingt. Aber wir

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